Später Besuch. Thomas Hölscher
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Читать онлайн книгу Später Besuch - Thomas Hölscher страница 13

Название: Später Besuch

Автор: Thomas Hölscher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750218970

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      "Und wie erklärst du dir, dass Wels selber uns angerufen hat, um sich verhaften zu lassen?"

      Nach einer ganzen Weile hatte Bremminger vorerst nur noch eine Frage. "Mit diesem Etwas, von dem du gerade gesprochen hast, meinst du wohl einen Mann?"

      Börner zögerte einen Augenblick. "Manchmal glaube ich, es ist viel komplizierter."

      10

      Börner unternahm noch einige Versuche, Bremminger sein Männerbild näher zu erklären, aber der schien mittlerweile jegliches Interesse an derartigen Erklärungen verloren zu haben. Und schließlich verlor er auch noch die Geduld.

      Es ging um die Vernehmung von Raimund Wels. Der Kerl hatte außer den Angaben zu seiner Person und der Aussage, er habe Carl Brenner aus Eifersucht umgebracht, nichts mehr gesagt. Absolut gar nichts. Und wieder war Börner sofort auf Milewskis Verhalten zu sprechen gekommen: Breitbeinig habe sich dieser Macho vor Wels auf einen Stuhl gesetzt und es auf die freundschaftliche Art mit ihm versucht. Den good cop habe Milewski mit Wels gespielt, weil er natürlich sofort gemerkt haben musste, dass er mit dieser schwulen Wurst machen konnte, was er wollte. Dabei habe aus jedem seiner Worte nur eine unglaubliche, für Milewski aber typische Gleichgültigkeit gesprochen. Milewski habe Wels doch bestenfalls verachtet.

      Und dann hatte Bremminger endgültig genug. "Sag mal, findest du dich nicht selber ganz mies? Anscheinend musst du Milewski immer noch auf irgendeinen Sockel stellen, nur um ihn umkippen zu können. Ich weiß nicht, was du damit bezweckst. Du bist intelligenter als Milewski, und der kam sich dir gegenüber immer vor wie das fünfte Rad am Wagen. Und sein selbstsicheres Auftreten, sein Prahlen mit Weibergeschichten, das waren doch alles nur billige Versuche, seine Unsicherheit zu überspielen."

      Börner wollte Bremminger nicht zustimmen, aber der schien auch gar keinen Wert mehr darauf zu legen. "Das einzig Wichtige ist jetzt, dass ich die ganze Wahrheit über den Fall Brenner erfahre. Alles andere interessiert mich nicht mehr. Nicht im geringsten." Und bevor Börner etwas einwenden konnte, fuhr er fort: "Ich weiß noch genau, dass der Tag, an dem wir Wels festgenommen haben, dein letzter Arbeitstag war. Danach hattest du Urlaub, und was du in dieser Zeit gemacht hast, das möchte ich jetzt erfahren."

      Börner lachte kurz. "Weißt du eigentlich, weshalb ich damals Urlaub genommen habe?" Als Bremminger keine Anzeichen von Interesse an dieser Frage zeigte, fiel Börners Antwort ziemlich aggressiv aus. "Ich wusste, dass Milewski zu genau dieser Zeit Urlaub machen wollte; dummerweise hat er es mir vorher gesagt. Da habe ich kurzerhand vor ihm den Urlaub beantragt."

      Bremminger nickte ernst. "Ich sage doch, du bist intelligenter als Milewski. Intelligenter und auch viel gemeiner. Aber von jetzt an interessiert mich nur noch, was du unternommen hast. Ich nehme mal an, in deinem Urlaub ging alles erst richtig los."

      Börner schüttelte ironisch grinsend den Kopf. "Richtig los ging es eben mit Milewski."

      Einen Augenblick genoss er Bremmingers plötzliche Sprachlosigkeit; dann fuhr er fort: "Du erinnerst dich doch bestimmt noch an diesen Kegelabend?"

      An diesen einen Kegelabend erinnerte Bremminger sich zunächst einmal ganz und gar nicht mehr. Das Kegeln mit den Kollegen fand immer noch alle vier Wochen statt, er selber ging nur dann hin, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ; und Bremminger wusste auch nicht, weshalb man sich an diese Besäufnisse überhaupt noch erinnern sollte, sobald man die Kneipe an der Hauptstraße einmal verlassen hatte.

      "Ich werde diesen Abend jedenfalls nie vergessen", meinte Börner. "Es war Sonntag, der 26.August 1984, zwei Tage nach der Verhaftung von Wels. Du hast mich Abends gegen 21 Uhr angerufen und warst ganz froh, dass ich im Urlaub überhaupt zu erreichen war. Du warst nämlich gerade von Wessel angerufen worden, der damals K-Wache hatte. Wessel hatte dir alles erzählt: Dass die Kollegen vom 3.K. schon lange die Firma Brenner überwachten, dass das 7.K. eingeschaltet sei und dass du sofort ins Präsidium kommen solltest." Bremminger nickte nur.

      "Im letzten Nebensatz hast du dann übrigens auch noch erwähnt, dass Wels am Nachmittag Selbstmord begangen hatte." Börner sah Bremminger an, aber der schien keine Lust zu haben, irgendetwas dazu zu sagen. "Wessel hatte dir auch gesagt, dass man für die geplante Aktion des 7.K. noch ein oder zwei Mann aus deiner Truppe brauche."

      Wieder nickte Bremminger. "Ja ja, weiter!"

      Börner zögerte. "Weißt du, was mich interessiert?"

      "Nein."

      "Du hast doch eigentlich angerufen, um mich zu fragen, ob ich nicht meinen Urlaub abbrechen und bei der Sache mitarbeiten kann?"

      "Vielleicht."

      "Jetzt sag es doch: Ja oder nein?"

      "Hättest du es denn getan?"

      "Ja, sofort. Und warum hast du nicht gefragt?"

      "Ach, ich weiß es nicht", sagte Bremminger ärgerlich. "Vielleicht habe ich mich einfach nicht getraut. Erzähl weiter!"

      "Statt dessen hast du mich gefragt, ob ich nicht dafür sorgen könnte, dass Milewski endlich vom Kegeln nach Hause ging. Den wolltest du nämlich für den Fall abstellen. Der saß aber noch in der Kneipe, war völlig betrunken und hatte dir am Telefon gesagt, er gehe nach Hause, wann er wolle."

      Wieder nickte Bremminger langsam.

      "Und außerdem hatte Milewski eine Wette gegen Hebemann gewonnen."

      Plötzlich schien auch Bremminger sich wieder an diesen Abend zu erinnern und lachte leise. "Ach ja, diese dämliche Wette!"

      An jenem Abend hatte ein völlig betrunkener Milewski mit dem Kollegen Hebemann aus letztlich unerfindlichen Gründen gewettet, dass er es schaffen würde, ein Pferd in die Wirtschaft zu holen. Hebemann hatte die Wette und damit 100 Mark verloren; denn Milewski war zum Wildenbruchplatz gelaufen und hatte irgendwie den Schausteller auf der Kirmes überredet. Noch heute Abend hatten die Kollegen über diese Anekdote gelacht; vor allem über Hebemanns dummes Gesicht, als Milewski tatsächlich ein Pferd hinter sich in die Wirtschaft gezogen hatte. Noch immer musste Bremminger über die Erzählungen der anderen lachen. "Der Gaul hat doch dem Franz angeblich sogar mitten in die Kneipe geschissen?"

      Börner ging auf Bremmingers Frage nicht ein. Er fand die ganze Sache anscheinend auch gar nicht zum Lachen. Er behauptete noch einmal, sich ganz genau an diesen Abend erinnern zu können: Als er die Kneipe betrat, habe mitten im Raum eines dieser kleinen Kirmespferde gestanden, sagte er. Die Zügel seien am Tresen festgebunden gewesen, auf dem Tier habe Milewski gesessen und gerade ein Bierglas hochgehoben, um den Kollegen zuzuprosten, die lachend und gröhlend um ihn herum standen. Er selber sei sich in dieser Situation total blöde vorgekommen.

      Nun schien Bremminger noch lauter zu lachen. "Das kann ich mir gut vorstellen!", rief er und trank seine Flasche mit einem Schluck leer.

      "In dem Augenblick habe ich sie alle gehasst!", sagte Börner wütend. "Es war so, als wenn einer einen blöden Witz erzählt hat, und nun musst du lachen, weil du sonst der große Spielverderber bist."

      Bremminger schien mit dem Lachen gar keine Probleme zu haben. Er hielt Börner die leere Flasche hin, und in diesem Augenblick kam es Börner vor, als wäre er in einem wichtigen Vortrag unterbrochen worden. Irritiert lief er in die Küche, um ein neues Bier zu holen.

      Bremminger hatte sich völlig verändert, als Börner in das Wohnzimmer zurückkehrte. СКАЧАТЬ