Vom höchsten Gut und vom größten Übel. Cicero
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Название: Vom höchsten Gut und vom größten Übel

Автор: Cicero

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783748566243

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СКАЧАТЬ glücklichen Lebens gelangen kann? Und wenn Du Epikur für wenig gelehrt hältst, so kommt es nur davon, dass ihm blos das als Gelehrsamkeit galt, was die Einrichtung des glücklichen Lebens fördert.

      § 72. Sollte er etwa seine Zeit im Lesen der Dichter verbringen, wie ich und Triarius auf Deine Ermahnung thun, in denen nichts wahrhaft Nützliches, sondern nur ein kindisches Vergnügen zu finden ist; oder sollte er sich wie Plato in der Erforschung der Musik, der Geometrie, der Zahlen und Gestirne aufreiben, die von falschen Anfängen ausgehn und deshalb nicht wahr sein können, und wenn sie es auch wären, doch zum angenehmeren, d.h. zum besseren Leben nichts beitragen würden; sollte er also diese Künste treiben und dafür jene grosse und mühsame, aber auch fruchtbringende Kunst des Lebens aufgeben? Sicherlich ist Epikur kein Ungelehrter, sondern jene sind es, welche meinen, dass sie das, was sie als Knaben schmählicher Weise zu lernen versäumt haben, bis zu ihrem Greisenalter nachzuholen haben. – Torquatus schloss hier seine Rede mit den Worten: Ich habe meine Ansichten auseinandergesetzt, und zwar, um Dein Urtheil hierüber zu erfahren. Bisher hatte sich mir die Gelegenheit, dies ganz nach meinem Ermessen zu thun, niemals geboten.

      Zweites Buch Kapitel I.

      § l. Als hier Beide mich ansahen und zum Hören sich bereit zeigten, so sagte ich: Zunächst habe ich die Bitte, dass Ihr mich nicht für einen Philosophen haltet, der Euch sein System erklären und lehren will; ich kann dies nicht einmal bei einem wirklichen Philosophen loben denn wenn hat wohl Sokrates, der mit Recht der Vater der Philosophie genannt werden kann, dergleichen gethan? Nur bei den damaligen sogenannten Sophisten war dies Sitte, von denen einer, der Leontiner Gorgias, zuerst es wagte, in Zusammenkünften eine Frage zu fordern, womit er wollte, man solle den Gegenstand angeben, über den man ihn hören wolle. Ein dreistes Treiben, was ich unverschämt nennen würde, wenn diese Sitte nicht später auch auf unsere Philosophen übergegangen wäre.

      § 2. Aber sowohl den erwähnten Sophisten wie die andern sehen wir von Sokrates verspottet, wie man aus Plato entnehmen kann. Er pflegte durch Ausforschen und Fragen von Denen, mit welchen er sich besprach, ihre Meinungen herauszulocken, um auf das, was sie zur Antwort gaben, zu entgegnen, so weit es ihm passend schien. Die Spätern hatten diese Sitte nicht beibehalten, allein Arcesilaus führte sie wieder ein, aber so, dass die über das, was sie hören wollten, ihn nicht ausfragen, sondern selbst ihre Meinung aussprechen mussten. War dies geschehen, so entgegnete er, während seine Zuhörer nach Möglichkeit ihre Meinung vertheidigten. Bei den übrigen Philosophen schwieg dagegen Der, welcher nach etwas gefragt hatte, und schon in der Akademie war dies der Fall. Wenn hier ein Zuhörer sagte: Die Lust scheint mir das höchste Gut zu sein, so wird in fortlaufender Rede dagegen gesprochen, so dass man leicht bemerkt, wie Die, welche eine solche Behauptung aufstellen, nicht selbst dieser Ansicht sind, sondern nur die Widerlegung hören wollen.

      § 3. Ich werde es zweckmässiger machen. Torquatus hat nicht blos seine Ansicht ausgesprochen, sondern auch die Gründe dafür; wenn ich nun auch mich an seinem fortgehenden Vortrag sehr ergötzt habe, so halte ich es doch für passender, bei den einzelnen Punkten anzuhalten und zu hören, was Jeder einräumt oder bestreitet; dann kann man aus dem Zugestandenen die nöthigen Folgerungen ziehen und so zu einem Ergebnisse gelangen. Wenn aber die Rede gleich einem Strome fortläuft, so reisst sie zwar Vieles und Mancherlei mit sich fort, aber man kann nichts festhalten, nichts tadeln und nirgends den Redefluss zum Stehen bringen. Jede mit einer Untersuchung befasste Rede, die festen Schrittes und vernunftgemäss vorschreiten will, muss zunächst angeben, wie es bei den Klageformeln geschieht, »diese Sache soll verhandelt werden«, damit die Theilnehmenden sich zunächst darüber vereinigen, was das sei, worüber man sprechen wolle.

      Kapitel II.

      § 4. Diese von Plato im Phädrus aufgestellte Regel hat Epikur gebilligt; er meint, dass bei jeder Erörterung dies geschehen müsse. Allein das Nächste hat er nicht gesehen; denn er mag von Distinctionen nichts wissen, obgleich doch ohnedem es oft kommen kann, dass die Streitenden selbst nicht wissen, worum es sich handelt, wie dies auch bei unserer Erörterung der Fall sein dürfte. Wir suchen das höchste Gut; aber können wir das erkennen, bevor wir unter uns, die wir vom höchsten Gut sprechen, nicht festgestellt haben, was das höchste und was ein Gut ist?

      § 5. Diese Aufdeckung eines gleichsam verdeckten Gegenstandes, wo offen gelegt wird, was eine Sache ist, macht die Definition aus, und auch Du hast, ohne es zu bemerken, einige Male davon Gebrauch gemacht; denn Du erklärst das sogenannte Beste, oder Höchste, oder Aeusserste für das, auf welches alles richtige Handeln bezogen werde, ohne dass dieses Letzte selbst auf ein Anderes bezogen werde. Dies ist vortrefflich gesprochen, und Du würdest vielleicht auch, was das Gut ist, wenn es nöthig gewesen wäre, definirt haben, sei es als das, was man von Natur begehrt, oder was nütze, oder was helfe, oder was gefalle. So bitte ich denn, wenn es Dich nicht beschwert, da das Definiren überhaupt Dir nicht missfällt und Du es benutzest, wo es Dir passt, dass Du auch definirst, was die Lust ist, um die unsere ganze Untersuchung sich dreht.

      § 6. Aber ich bitte Dich, antwortete Torquatus, wer sollte nicht wissen, was die Lust ist, oder eine Definition davon verlangen, um dies besser einzusehn? – Ich würde selbst mich als einen Solchen nennen, sagte ich, wenn ich nicht glaubte, die Lustgut zu kennen und einen festen Begriff und Vorstellung von ihr in meiner Seele zu haben. Dagegen erkläre ich jetzt, dass Epikur selbst dies nicht weiss und hier schwankt, und dass er, der so oft wiederholt, man müsse sorgfältig erklären, welchen Sinn man mit den Worten verbinde, mitunter nicht weiss, was das Wort Lust bedeutet, d.h. welcher Gegenstand darunter verstanden werden solle.

      Kapitel III.

      Darauf erwiderte Jener lächelnd: Das wäre wahrhaftig wunderbar, wenn Der, welcher die Lust für das Endziel alles Begehrens erklärt oder für das äusserste und höchste Gut, nicht gewusst hätte, was sie selbst sei und wie sie beschaffen sei! – Aber, sagte ich, entweder weiss Epikur nicht, was die Lust ist, oder alle Sterblichen auf dieser Erde wissen es nicht! – Wie meinst Du dies, bemerkte er. – Weil unter Lust Alle das verstehen, was den Sinn, wenn er es aufnimmt, erregt und mit einer gewissen Annehmlichkeit erfüllt.

      § 7. Wie, erwiderte er, Epikur sollte diese Lust nicht kennen? – Nicht immer, sagte ich, obgleich er sie mitunter nur zu sehr kennt; denn er versichert, nicht einsehen zu können, wie es irgendwo noch ein Gut geben könne, ausser den in der Speise, dem Trank, dem Ohrenschmaus und der sinnlichen Wollust enthaltenen. Sind dies nicht seine Worte? – Als ob ich, sagte er, mich derselben schämen müsste, oder als ob ich nicht zeigen könnte, in welchem Sinne dies gesagt worden! – Allerdings, sagte ich, zweifle ich nicht, dass Du dies leicht kannst; auch brauchst Du Dich nicht darüber zu schämen, dass Du einem Weisen beistimmst, der allein, so viel mir bekannt, sich selbst für einen Weisen zu erklären gewagt hat. Selbst Metrodor that das nicht, sondern lehnte, als Epikur ihn so nannte, diese Auszeichnung ab, und jene sieben Weisen haben diesen Namen nicht nach ihrem eigenen, sondern nach dem Ausspruch aller Völker erhalten.

      § 8. Aber ich will hier annehmen, dass Epikur unter diesen Worten denselben Begriff von Lust versteht, wie alle Andern; denn Jedermann nennt die angenehme Erregung, welche die Sinne ergötzt, im Griechischen hêdonê und im Lateinischen voluptas (Lust). – Was verlangst Du also weiter? sagte er. – Ich werde es sagen, erwiderte ich, und zwar mehr, um zu lernen, als um Dich und den Epikur zu tadeln. – Auch ich, sagte er, lerne lieber, wenn Du mir etwas bietest, als dass ich Dich tadle. – Weisst Du also, sagte ich, was der Rhodier Hieronymus für das höchste Gut erklärt, auf welches nach seiner Meinung Alles bezogen werden müsse? – Ich weiss es, sagte er, die Schmerzlosigkeit galt ihm für das Höchste. – Aber wie, was ist denn dessen Meinung über die Lust?

      § 9. Er bestreitet, dass sie um ihrer selbst willen zu suchen sei. – Also, sagte ich, gilt ihm die Schmerzlosigkeit nicht für dasselbe wie die Lust? – Allerdings, СКАЧАТЬ