Название: Lausbubengeschichten & Tante Frieda - Teil 1
Автор: Ludwig Thoma
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
Серия: Lausbubengeschichten & Tante Frieda
isbn: 9783742772671
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zorniger geworden, daß ich einem Mädel folgen soll.
Wie der Lehrer draußen war, habe ich den Leitner, der neben mir gesessen ist, ganz ruhig gefragt,
ob er heute nachmittag zum Fischen mitgehen will. Da hat die Furtner-Marie gerufen: »Ruhig!
Wenn du noch einmal schwätzest, wirst du aufgeschrieben.«
»Entschuldigen Sie, Fräulein Lehrerin«, habe ich gesagt, »ich will es nicht mehr tun.«
Dann habe ich einen Schlüssel aus der Tasche gezogen und habe probiert, ob er noch pfeift. Da
ist die Furtner-Marie zur Tafel hinaus und hat hingeschrieben: »Thoma hat gepfiffen.«
Ich bin aufgestanden und habe gesagt: »Entschuldigen Sie, Fräulein Lehrerin, was muß ich denn
machen, daß Sie mich nicht aufschreiben?«
Sie sagte, daß ich den Aufsatz »Der Abend« schreiben muß.
Da habe ich geschwind etwas geschrieben, und dann bin ich wieder aufgestanden und habe
gesagt: »Entschuldigen Sie, Fräulein Lehrerin, darf ich es nicht vorlesen, daß Sie mir sagen, ob es
recht ist?«
Da ist die dumme Gans stolz gewesen, daß sie einem Lateinschüler etwas sagen muß, und sie hat
gesagt: »Ja, du darfst es vorlesen.«
Da habe ich recht laut gelesen:
»Die Sonne geht zur Ruhe. Der Abendstern ist auf dem Himmel. Vor dem Wirtshause ist es still.
Auf einmal geht die Tür auf, und der Hausknecht wirft einen Bauersmann hinaus. Er ist
betrunken. Es ist der Furtner-Marie ihr Vater.«
Da haben alle Kinder gelacht, und die Furtner hat zu heulen angefangen. Sie ist wieder an die
Tafel hin und hat geschrieben: »Thoma war ungezogen.» Das hat sie dreimal unterstrichen. Ich
bin aus meiner Bank gegangen und habe den Schwamm genommen und habe ihre Schrift
ausgewischt.
Und dann habe ich die Furtner-Marie bei ihrem Zopf gepackt und habe sie gebeutelt, und zuletzt
habe ich ihr eine Ohrfeige hineingehauen, damit sie weiß, daß man einen Lateinschüler nicht
aufschreibt.
Jetzt ist der Lehrer gekommen, und er war zornig, wie er alles erfahren hat. Er sagte, daß er nur
wegen meiner Mutter mich nicht gleich hinauswirft, aber daß er mich zwei Stunden nach der
Schule einsperrt. Das hat er auch getan. Wie die Kinder fort waren, habe ich dableiben müssen,
und der Lehrer hat die Tür mit dem Schlüssel zugesperrt. Es war schon elf Uhr, und ich habe
furchtbar Hunger gehabt, und ich habe auch gedacht, was es für eine Schande ist, daß ich in einer
Volksschule eingesperrt bin.
Da habe ich geschaut, ob ich nicht durchbrennen kann und vielleicht beim Fenster
hinunterspringen. Aber es war im ersten Stock und zu hoch, und es waren Steine unten. Da
schaute ich auf der andem Seite, wo der Garten war. Wenn man auf die Erde springt, tut es
vielleicht nicht weh. Ich machte das Fenster auf und dachte, ob ich es probiere. Da habe ich auf
einmal gesehen, daß an der Mauer die Latten für das Spalierobst sind, und ich habe gedacht, daß
sie mich schon tragen.
Ich bin langsam hinausgestiegen und habe die Füße ganz vorsichtig auf die Latten gestellt. Sie
haben mich gut getragen, und wie ich gesehen habe, daß es nicht gefährlich ist, da ist mir
eingefallen, daß ich die Pfirsiche mitnehmen kann. Ich habe alle Taschen vollgesteckt und den
Hut auch. Dann bin ich erst heim und legte die Pfirsiche in meinen Kasten.
Am Nachmittag ist ein Brief vom Herrn Lehrer gekommen, daß ich die Schule nicht mehr
betreten darf.
Da war ich froh.
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