Auf fremden Pfaden. Karl May
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Название: Auf fremden Pfaden

Автор: Karl May

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783746750170

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СКАЧАТЬ Bann war gebrochen; die Augen öffneten sich, bewegten sich einige Augenblicke staunend im Kreise, und dann erklang auch bereits, und zwar in sehr bestimmtem Tone, das erste hörbare Lebenszeichen:

      »Muaji, wattopte malep ... gebt mir Blut!«

      Mutter Snjära blickte mich fragend an. Ich nickte ihr zu, denn diesem imperativen Verlangen eines augenblicklich erst vom Tode Erwachten vermochte mein fühlendes Herz nicht zu widerstehen. Da der Inhalt des alten vielleicht nicht reichen würde, so wurde augenblicklich ein neuer Rentiermagen geöffnet und das darin aufbewahrte Blut herausgeschlagen. Dann warf sich die Mutter mit ihrem drei Assistentinnen über den Patienten, und er erhielt von vier Seiten den Mund so energisch vollgestopft, daß er fünfmal schlingen mußte, ehe er Zeit fand, einmal Atem zu holen. Die großen Stücke zu Eis gefrorenen Blutes verschwanden so schnell und massenhaft in der Speiseöffnung des armen Kranken, und er verriet eine so ausdauernde Inklination für diese Art, dem Tode zu entgehen, daß es mir angst und bange wurde und ich endlich Einhalt that. Kaum aber waren seine wiedererwachten Lebensgeister nicht mehr in dieser Richtung beschäftigt, so fuhr er sich mit der Hand an den Kopf und klagte:

      »Mon lep luokatest, mon lep hawetetowum ... ich habe Schmerz, ich bin verwundet worden!«

      Ich untersuchte die Stelle, welche seine Hand bezeichnet hatte, und entdeckte unter der dicken Pelzhaube, welche er trug, eine ziemliche Anschwellung. Er war also doch mit dem Kopfe aufgestoßen.

      »Tunji mon kalkap wekketet ... ich werde dir helfen!« tröstete ich ihn und griff zu meiner Tinktur.

      »Toteleppäsker ... du bist ein Doktor?»fragte er erstaunt.

      »Ja,« antwortete ich, um ihm Vertrauen zu machen.

      »Was hast du hier?«

      »Das ist eine Arznei, welche dir die Schmerzen stillen wird.«

      »Schmeckt sie gut?«

      »Du wirst sie nicht trinken, sondern ich werde sie dir auf den Kopf legen.«

      »Laß sie mich einmal riechen!«

      Ich hielt ihm das geöffnete Fläschchen unvorsichtigerweise bereitwillig an die Nase. Er sog den Duft des kräftigen Spiritus mit wachsendem Wohlbehagen ein und bat dann mit verklärtem Gesichte:

      »Gieb mir diese Arznei lieber zu trinken, Härra! Ich werde dann schneller gesund werden, als wenn du sie mir auf den Kopf legst.«

      Ich schlug es ihm ab und ließ mir den Fetzen von einem alten Sommerkleide geben. Diesen befeuchtete ich und band ihn auf die Anschwellung. Da ich das Befeuchten nach einiger Zeit wiederholen wollte, so gab ich das Fläschchen nicht wieder in den Reisesack zurück, sondern schob es, mir leicht zur Hand, neben mir in das Heu meines Lagersitzes.

      »Attje, wie bist du in die Spalte gekommen?« fragte jetzt der junge Neete, der mit dieser Frage der Neugierde aller zu Hilfe kam.

      Der Alte schwieg eine Weile, dann antwortete er:

      »Fragt mich nicht. Später werdet ihr es erfahren!«

      Diesem Befehle mußte Gehorsam geleistet werden, obgleich ich nicht begreifen konnte, warum er die erbetene Auskunft verweigerte, zu der wir uns durch seine Rettung doch wohl eine hinreichende Berechtigung erworben hatten. Er seinerseits begehrte nun zu wissen, wie die Bärenjagd abgelaufen sei und welcher Umstand uns zu seiner Hilfe herbeigerufen habe. Er vernahm unseren Bericht und kaum erfuhr er, daß der Aufbruch des Bären sich noch immer im heißen Wasser des Kessels befinde, so gebot er, die Nipeh herzunehmen und das leckere Mahl sogleich zu beginnen.

      Mutter Snjära stach die Eingeweidestücke aus dem Kessel und legte sie in ihren Lederschoß, dessen matter Glanz erraten ließ, was alles darin bereits ab-, auf- und ausgewischt worden sei. Dort wurden sie zerteilt, und männlich, weiblich und – hündlich hatte nun die Erlaubnis, sich wegzunehmen, was ihm beliebte.

      Was mich betraf, so hatte ich das Glück, von der schönen Marja bedient zu werden. Sie war die älteste Tochter Pents, zählte vielleicht dreiundzwanzig Jahre und schien mich während meines vierzehntägigen Aufenthaltes in ihrer Hütte bereits sehr freundlich in ihr Herz geschlossen zu haben. Sie reichte mir gerade bis unter die Arme, hatte zwei Pfund Fett in ihren Zöpfen und dreißig Quadratzoll Pechsalbe auf ihren Wangen; ihre Lippen lächelten zwölf Centimeter breit; ihr Näschen glich einer Haselnuß, und ihre Äuglein hatten sich infolge des immerwährenden Schneeblendens ein Spitzmausblinzeln angewöhnt, welches auf mein unbewachtes Herz einen durch Logarithmen nicht ganz genau zu berechnenden Eindruck machte.

      Sie zerzupfte die besten Stückchen, welche sie für mich aus den Zähnen der Hunde erwischen konnte, mit ihren dikken Teer-Rosen-Fingerchen und steckte sie mir in den sich vergeblich »nach rückwärts konzentrierenden« Mund. Die Eltern sahen dieser gastfreundlichen Schelmerei mit Wohlbehagen zu, und ich konnte mich diesem zutraulichen Ausgestopftwerden nur dadurch entziehen, daß ich mich erhob und für kurze Zeit vor die Hütte ging, um meiner Digestionsorgane wieder Herr zu werden.

      Als ich wieder eintrat, fiel mir ein himmlisches Lächeln auf, welches mit einer Wärme von siebzig Grad Réaumur auf den Gesichtern thronte. Sofort ward ich mir meiner Unvorsichtigkeit bewußt, langte nach meiner Flasche und hielt sie gegen die Flamme – sie war leer, »bom bosch« würde der Türke sagen – »ganz leer«; die braven Lappen und Lappinnen hatten sich mit meiner Tinktur die Magen von innen eingerieben!

      Ich verspürte große Lust, sie tüchtig auszuzanken, mußte aber dennoch lachen, als der alte Pent seine Entschuldigung vorbrachte:

      »Härra, du wirst doch nicht schelten? Wir haben von dem Bären gegessen und schmeckten es, daß er krank gewesen ist; darum haben wir ein wenig von deiner Medizin genommen, die alle Krankheiten heilt. Für meinen Kopf ist sie nicht mehr nötig, denn der Schmerz ist fort, und ich bin gesund!«

      Ich hielt ihm die leere Flasche hin.

      »Hast du die Medizin genommen, so nimm auch die Flasche. Ich schenke sie dir!«

      Mit diesem Geschenke richtete ich eine große Freude an, denn ein Glas oder eine Flasche ist in der Haushaltung eines Lappen eine kostbare Seltenheit. Darum meinte er sehr fröhlich:

      »Härratjam, du bist ein sehr berühmter und gütiger Doktor, und mit dir ist ein großer Segen in meine Hütte gekommen. Du hast uns, als du kamst, drei Flaschen Spanska win mitgebracht, der unser Herz erleichterte, aber deine Medizin schmeckt noch besser. Hättest du doch mehr von ihr! Nun aber bin ich müde. Willst du dich wieder mit mir schlafen legen? Wenn wir erwachen, sollst du mich auf den Fjäll begleiten, denn ich habe etwas Wichtiges mit dir zu sprechen.«

      Die letzten Stunden hatten uns alle mehr oder weniger ermüdet, und so wurde seinem Vorschlage Beifall gespendet. Man verschloß den Rauchfang, welcher wieder geöffnet worden war, von neuem und bald war die beneidenswerte Situation, aus welcher uns der Bär gerissen hatte, wieder hergestellt.

      Der Mensch, und besonders der Reisende, gewöhnt sich bald an alles, und so schlief ich ganz glücklich ein und erwachte nicht eher wieder, als bis die holde Marja beim Wiederanfachen des Feuers meine langen Pelzstiefel näher zog, um sich ihrer als Schemel zu bedienen, obgleich zufälligerweise meine beiden Beine darin steckten. Ich hielt den Druck ihrer kleinen Person geduldig aus, bis sie fertig war und mir in anerkennungswerter Aufmerksamkeit meine ausgestreckten Kniee wieder an den Leib geschoben hatte. Dann erhob ich mich behaglich in sitzende Stellung, um zuzusehen, wie die Morgensuppe zubereitet wurde.

      Als erste Ingredienz СКАЧАТЬ