Dr. Karl Semper und seine Studien auf den Palau-Inseln im Sillen Ozean. Jürgen Ruszkowski
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СКАЧАТЬ Sitz ein unter dem Titel Albro als der dritte oder vierte hinter Mad.

      Schon am Abend unserer Ankunft hatte ich Johnson ungern allein abreisen lassen, denn ich sehnte mich in die neue Umgebung hinein, überdrüssig der langweiligen Unterhaltung mit Woodin und Gonzalez; ich sah die Riffe in meilenweiter Ausdehnung vor mir, ohne dass ich auch nur eine Koralle von ihnen hätte abbrechen können, und zwischen den Palmen hindurch, die ziemlich bestimmt die Lage von Aibukit und einigen andern Dörfern be­zeichneten, stiegen Rauchwolken auf, die mich mahn­ten, dass dort ein weites Feld für meine Studien offen lag. Am 26. März endlich – die zwei Tage an Bord schienen mir eine Ewigkeit zu sein – ging ich, von John­son geleitet, mit Alejandro und Gonzalez ans Land. Es war gerade Flut. Wir fuhren in einem jener schnell se­gelnden einheimischen Boote dort „amlai“ („Amlai“ heißt ganz im allgemeinen Boot, Canoe, ohne Rücksicht auf Größe oder Bestimmung. Ihre Konstruktion ist eigentümlich; weiter unten folgt eine genauere Schilderung eines solchen Amlai. Doppelcanoes, wie sie bei den Polynesiern üblich sind, kom­men hier nicht vor; selbst die größten Kriegsamlais, in denen 60 bis 80 Personen Platz haben, besitzen nur einen Ausleger an der einen Seite des aus einem Einbaum bestehenden Boo­tes) genannt, in welchem man freilich vor dem Umschla­gen nie so recht sicher ist, auf eine lange, quer die nicht sehr tiefe Bucht von Aibukit absperrende künstlich auf­geführte Mauer zu, durch welche nur eine schmale, mit­tels einiger Planken überbrückte Öffnung hindurchführt. Hinter der Mauer wurde das schon sehr seichte Bassin mehr und mehr durch Mangrovendickichte eingeengt, bis wir uns endlich in einem kaum 30 Fuß breiten Kanale befanden, in welchen von allen Seiten die Rhizophoren ihre Luftwurzeln einsenkten. Die Mehrzahl dieser Bäu­me war offenbar jung; aber mitunter ragten aus dem etwa 40 bis 50 Fuß hohen dem Meer entsteigenden Wal­de einzelne viel höhere und dickere Bäume hervor. Von einem dieser letzteren waren bei dem oben erwähnten Angriff der Engländer durch eine Granate mehrere Äste abgerissen, und auch noch an andern Stellen wurden mir weite Löcher gezeigt, welche offenbar nur vom Kanal selbst aus abgeschossene Kugeln eingerissen haben konnten. Natürlich bildete bei dieser Fahrt jener Angriff den wichtigsten und einzigen Gegenstand der Unterhal­tung, und als wir am inneren Hafen des Dorfs landeten, trat mir in dem halb verbrannten Boothaus der Bewohner ein traurig stimmendes Zeichen des stattgefundenen Kampfes entgegen. Auch als wir dann auf ziemlich steilem, teilweise gepflastertem Wege nach etwa 10 Minuten bei den ersten Häusern des Dorfs ankamen, verfolgten mich überall die Spuren, die jene Krieger hier zurückgelassen hatten. Hier war ein Loch in dem Dach eines Hauses, durch welches eine Rakete hindurch fuhr noch nicht wieder ausgebessert. Eingeborene brachten mir gleich bei der ersten Begrüßung ausgebrannte Raketen und zersprungene Granaten herbei, und wo ich hinhörte – soweit ich mit Hilfe Johnson's und Cordo's, der mir auch mitunter als Dolmetscher diente, erfahren konnte –, wurde von nichts anderem gesprochen als vom letzten Kriege und von den Hoffnungen, die man nun auf Cabel Mul und auch auf mich setzte. Teilweise hatte ich hieran wohl selbst Schuld. Empörte mich doch in tiefster Seele das herzlose Spiel, das von Weißen mit diesen freundlichen Menschen getrieben worden war; und ich nahm mir vor, die Schuld, die jene Europäer auf sich geladen, dadurch zum Teil zu sühnen, dass ich die nächste Zeit ausschließlich zum Sammeln von Notizen benutzte, um die Geschichte des Angriffs mit allen ihren Einzelheiten der Vergessenheit entreißen und den einzig Schuldigen öffentlich bezeichnen zu können. In dieser Absicht durchstrich ich nun die nächste Umgebung von Aibukit nach allen Richtungen, begleitet von Johnson und Cordo als Dolmetscher und von zahlreichen Eingeborenen, die mein lebhaftes Interesse an dem Unglück das ihnen widerfahren, nicht anders auszulegen vermochten als durch die Annahme, ich sei ein mächtiger Rupack meines Landes, gekommen, sie zu beschützen und ihre Widersacher zu bestrafen. Das Resultat dieser während der ersten Zeit ganz mich absorbierenden Studien enthält ein Artikel, den ich später im Juli bei der ersten und einzigen Gelegenheit, Nachrichten von mir nach Manila gelangen zu lassen, an meinen Schwager Moritz Herrmann schickte, durch dessen Vermittlung derselbe im dortigen „Diario e Manila“ erschien. Ich gebe ihn auch hier unverkürzt wieder, um den Leser in den Stand zu setzen, sich selbst ein Urteil zu bilden.

      * * *

      „Die nachfolgende Erzählung bedarf keines Kommen­tars. Sie enthält die Schilderung der wichtigsten Mo­mente des Angriffs eines englischen Kriegsschiffs auf ein friedliches Dorf im Norden der Insel Babelthaub, zu welchem, wie es scheint, der Kapitän R. Browne „H. M. Ship SPHINX“ lediglich veranlasst wurde durch die Aus­sagen des Kapitän Cheyne, eines Mannes, dessen lang­jährigem Treiben im Stillen Ozean hoffentlich bald und für immer ein Ende gesetzt werden wird. Ich sammelte diese Angaben während meines jetzt viermonatlichen Aufenthalts in dem angegriffenen und teilweise zerstör­ten Dorfe, doch verwahre ich mich ausdrücklich gegen die Garantie der völligen Richtigkeit aller derselben, und ich publiziere sie nur, um teils die Aufmerksamkeit der zuständigen Behörden auf das rasche und inhumane Verfahren des Befehlshabers des Kriegsschiffs zu len­ken, teils um einem etwaigen Berichte von Seiten jenes Cheyne zu begegnen, da die Erfahrung gelehrt hat dass jedes Mal nach seiner Einkehr in einem englischen Ha­fen eine gänzlich entstellte Darstellung der Ereignisse auf den von ihm besuchten Inseln in den Blättern er­schien.

      Im Monat Oktober 1861 warf das englische Schiff „SPINX“ Anker im Hafen von Coröre. Vom Admiral der Flottenstation in Hongkong auf eine friedliche Mission ausgesandt, verschollene Matrosen zu suchen – hatte es auch den Befehl erhalten, die Palauinseln zu berüh­ren. Kapitän Woodin hatte sich in Manila seines zweiten Steuermanns beraubt und ihn dem damals statt des kranken Kapitäns fungierenden ersten Lieutenant als Dolmetscher gegeben, mit der ausdrücklichen Bitte, ihn in Aibukit zu landen, wohin er – Woodin – später selbst mit seinem Schiffe zu gehen gesonnen war. Wie es scheint, genügten die Intrigen des Kapitäns Cheyne, über deren Ausdehnung natürlich nur wenig zu erfahren war, den jetzt wieder als Kommandeur fungierenden Kapitän Browne zu veranlassen, nicht allein das vom ersten Lieutenant als Kommandeur gegebene Wort zu ignorieren, sondern sogar eine Expedition gegen das Dorf Aibukit zu machen, deren Charakter ganz der eines beabsichtigten Angriffs war. Hierbei wurde, auf Anstiften des Kapitäns Cheyne jener Steuermann des Kapitän Woodin, gegen seinen ausdrücklich ausgesprochenen Wunsch, in Coröre zurückgelassen, und statt dieses Mannes, der obgleich spanischer Mestize, doch die Ehre der englischen Flagge gewahrt haben würde, fungierte als Dolmetscher ein seit nahe 30 Jahren hier lebender Engländer Namens Davis, der, lediglich ein Instrument des Kapitäns Cheyne, unter dem Schutze englischer Waffen seine und vielleicht auch fremde Rachsucht befriedigte.

      Eines Tages gegen Mittag erschienen die drei Boote des Kriegsschiffs, wie es scheint mit vier 18pfündigen Geschützen bewaffnet, vor dem Eingange der kleinen Bucht von Aibukit, denen sich von Aracalong her, einem etwa vier Meilen nördlicher liegenden Dorfe, das Boot des Kapitäns Cheyne angeschlossen hatte, mit seiner Mannschaft und Leuten aus Coröre. Er selbst hatte es für ratsamer erachtet, sich außer Schussweite zu halten. Dicht vor dem Eingange in die durch einen künstlichen Steinwall fast geschlossene Bucht, bei dem Platze Auru, fiel der erste Schuss, wie es scheint ein blinder, dem aber rasch und nicht in den üblichen Zeitintervallen die scharfen Schüsse folgten. Währenddessen landeten die Soldaten in Auru, wo sich kein einziger der Eingebore­nen sehen ließ, und gingen mit Davis als Führer an der Spitze und einem von Zeit zu Zeit feuernden Bergge­schütz versehen, nach dem Dorfe Atrarò, wo sich ihnen die Eingeborenen entgegenstellten. Diese flohen bald. Nachdem dann Davis das ganze Dorf in Brand gesteckt, kehrten die Soldaten zurück nach Auru, wo ebenfalls ein dort befindliches Haus niedergebrannt wurde, gingen über jenen obenerwähnten Steinwall nach Ungeläl auf der nördlichen Seite des Hafens und über die Hügel nach dem Dorfe Eijül, wo sie jedoch, wie es scheint, ei­nen kräftigeren Gruß erhielten als im ersten Dorfe; denn es gelang ihnen an jenem Tage nicht, das Dorf zu neh­men. Sie kehrten um, und mit einbrechender Nacht zo­gen sie sich nach Aracalong zurück.

      Am nächsten Tage etwa gegen 10 Uhr kehrten sämtli­che vier Boote zurück nach Ungeläl, von wo ein Teil der Soldaten unter Davis Führung über die Berge nach Eijül ging, nachdem sie vorher ein großes den Vornehmen des Dorfs gehörendes Haus in Brand gesteckt hatten. Diesmal gelang es ihnen, den Ort zu nehmen, welcher ebenfalls zum größten Teil eingeäschert wurde. Zu glei­cher Zeit gingen einige Boote die schmalen Kanäle zwi­schen den Mangrovebüschen, beständig feuernd, bis in die СКАЧАТЬ