Die Einführung des Fernsehens im Senegal. Johannes Hahn
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Название: Die Einführung des Fernsehens im Senegal

Автор: Johannes Hahn

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783738082630

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СКАЧАТЬ and cultural contexts; and that the notion of `development´ itself is still a somewhat unsettled concept that

      continues to have a number of less universal and more culture-bound values attached to it.”30

      Doch auch wenn die formulierten Theorien weit davon entfernt sind, tatsächlich allgemeingültige Regeln zu verkünden, so bleiben sie dennoch nicht ohne Wirkung. Zum einen beeinflussen sie die kommunikationswissenschaftliche Forschung, wo sie im besten Falle fruchtbare Anregungen geben und schlimmstenfalls den Blick auf bestimmte Faktoren versperren. Zum anderen aber wurden und werden die erwähnten Theorien von Politikern und Entwicklungshelfern aufgegriffen und haben somit praktische Auswirkungen. Gerade die sogenannten Entwicklungsländer haben ein besonderes Interesse an Möglichkeiten der Beeinflussung oder gar Steuerung gesellschaftlichen Wandels und wurden “zu einem gigantischen Experimentierfeld von Wissenschaftlern und Entwicklungspraktikern mit zum Teil verheerenden Folgen”31.

      Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, die zuvor beschriebenen Ansätze hauptsächlich nach ihrer Praktibilität bzw. ihrer entwicklungspraktischen Realisierbarkeit zu bewerten - auch wenn sich einwenden ließe, dass es sich bei diesen Theorien doch in erster Linie um wissenschaftliche Erklärungsmuster zur Untersuchung bereits abgelaufener Prozesse handelt.

      Zwar hat sich die Entwicklungskommunikationsforschung im Laufe der Jahre immer mehr von den “Handlungsanweisungen” für Entwicklungsländer entfernt - bis hin zur Formulierung komplexer und nur noch nebulös zu beschreibender Modelle, deren Grundaussage zu lauten scheint, dass es, zumindest für die Entwicklungspraxis, eben keine Modelle, sondern nur Einzelfälle geben könne. Tatsache ist aber, dass viele Wissenschaftler trotzdem immer noch dazu anregen, ihre in Theorien gegossenen Ergebnisse als Anregung für die tatsächliche Entwicklungsarbeit zu nutzen. Dass die Ergebnisse der Kommunikationsforschung auch Praktikern zur Verfügung stehen, ist begrüßenswert - aber manchmal wäre wohl auch ein Hinweis auf die Grenzen solcher Forschung oder auch nur auf die “Größe” und Vergleichbarkeit des jeweiligen Untersuchungsgegenstandes angebracht.

      Trotzdem sind die Arbeiten, die von diesen Theorien angeregt wurden oder die, aus denen diese Ansätze hervorgegangen sind, von großer Bedeutung für die Wissenschaft ebenso wie für die Entwicklungspraxis - wenn sie mit entsprechender Vorsicht genossen werden. Ihnen allen gebührt das Verdienst, bestimmte Faktoren hervorgehoben und näher untersucht zu haben.

      Damit ermöglichen sie ein besseres Verständnis der Rolle und des Potenzials von Kommunikation im Prozess gesellschaftlichen Wandels. Aber angesichts der Komplexität der Materie kann es kaum sinnvoll sein, weiterhin nach dem “Rezeptbuch” zu suchen, nach dessen Regeln Kommunikation angeblich funktioniert und gesellschaftlichen Wandel steuerbar macht.

      3 Die Einführung des Fernsehens im Senegal - eine Rekonstruktion

      Um den Prozess der Fernseheinführung im Senegal verständlich zu machen, soll in der nachfolgenden Rekonstruktion an einigen Stellen auf den historischen Zusammenhang verwiesen werden, in dem dieser Prozess stattgefunden hat. In diesem Sinne steht am Anfang der Rekonstruktion eine kurze Beschreibung der Verhältnisse, die zur Unabhängigkeit der französischen Kolonien geführt haben. Im weiteren Verlauf sollen nicht nur die letztendlich erfolgreichen Fernsehprojekte im Senegal beschrieben werden, sondern auch die gescheiterten Versuche einer Fernseheinführung.

      3.1 Der Weg zur staatlichen Souveränität - und fortbestehende Abhängigkeit

      Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beschloss Frankreichs verfassunggebende Versammlung, den Kolonien mehr Autonomie zu gönnen. Mit der französischen Verfassung vom 13. Oktober 1946 wurde die “Union Française” gegründet, die für die Beziehungen zwischen dem “französischen Mutterland” und den “Überseeterritorien” einen neuen Rahmen bilden sollte. Für den Senegal endete mit der neuen Union die administrative Trennung in ”quatre communes” und “territoire sous protectorat” - nun wählte ein “collège électoral” im Namen aller Senegalesen (und nicht nur der Bürger der “quatre communes”) Vertreter in die Institutionen der Union. Aber der Gouverneur des Senegal war weiterhin nur der französischen Regierung unterstellt, der von den Senegalesen gewählte “Conseil général” hatte nur beratende Funktion und die Gesetzgebung blieb eine französische Angelegenheit32.

      Dieser neue Mantel des Kolonialverhältnisses veränderte die Abhängigkeit der Kolonien gegenüber der französischen Republik also nicht, führte aber beispielsweise im Senegal dazu, dass eine Unabhängigkeitsbewegung entstand, sich Parteien bildeten und politische Persönlichkeiten wie Léopold Sédar Senghor, Mamadou Dia und Lamine Guèye sich profilieren konnten.

      Etwa zehn Jahre später zwangen die Ereignisse von Diên Biên Phu (1954), die Afro-asiatische Konferenz von Bandung (1955) und die sich anbahnende Unabhängigkeit Marokkos und Tunesiens (1956) das Mutterland Frankreich, seine Beziehungen zu den abhängigen Gebieten neu zu überdenken. Das daraufhin verabschiedete “Loi-Cadre” vom 23. Juni 1956 veränderte aber wiederum nur unwesentlich das Abhängigkeitsverhältnis der “Überseeterritorien”:

      Zwar konnten die Senegalesen erstmals am 13. März 1957 direkt Abgeordnete für eine “Assemblée Nationale” wählen, aber dieses Organ hatte nur Kompetenzen bezüglich des “Staatshaushaltes” und ansonsten nur eine beratende Funktion - und der Gouverneur wurde weiterhin von der französischen Regierung ernannt33.

      Erst nachdem ein Militärputsch in Algier am 13. Mai 1958 die Vierte Republik erschüttert hatte, wurde eine neue französische Verfassung ausgearbeitet, die den Kolonien anbot, quasi-autonome Mitglieder einer neuen “Communauté Française” zu werden. Die Kolonien, die sich gegen die neue Gemeinschaft entschließen würden, würden augenblicklich in die Unabhängigkeit entlassen - mit allen Konsequenzen, die solch ein sofortiger Rückzug der Franzosen, der Abbruch der Handelsbeziehungen usw. mit sich bringen würde.

      Die allein auf das Kolonialverhältnis ausgerichtete Wirtschaft zwang die Kolonien mehr oder weniger, der neuen “Communauté Française” beizutreten, lediglich Guinea-Conakry entschloss sich dagegen. In einem Referendum vom 28. September 1958 befürworteten 97,2 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen im Senegal den Beitritt. Die breite Zustimmung war im Wesentlichen den religiösen Führern im Senegal zu verdanken, die auch zuvor schon ein wesentliches Element im kolonialen Machtsystem gewesen waren und nun Senghors Kurs für die “Communauté” unterstützten und ihren Anhängern entsprechende Wahlempfehlungen gaben.

      Auch in der neuen “Communauté Française” gab das Mutterland weiterhin den Ton an: Als “Mitgliedsstaat” der “Communauté” erhielt der Senegal zwar eine “interne Autonomie”, aber beispielsweise wurde der französische Präsident, der gleichzeitig Präsident der “Communauté” war, von 82.000 Wahlmännern gewählt, von denen lediglich 600 aus den “Überseeterritorien” stammten34.

      Um eine tatsächliche staatliche Souveränität zu erhalten, ohne die unabdingbar gewordenen Vorteile der “Communauté” zu verlieren, schlossen sich Senegal und Sudan (gemäß Artikel 78, Absatz 3 der französischen Verfassung) am 20 Juni 1960 zur “Fédération du Mali” zusammen. Aufgrund unvereinbarer Vorstellungen über die Organisation des neuen Staates und den Regierungssitz und aus der Sorge, der jeweilige Partner beanspruche zu viel Macht und Einfluss für sich, brach diese Föderation bereits zwei Monate später wieder auseinander. Am 20. August 1960 erklärte der Senegal seine Unabhängigkeit und trat den Vereinten Nationen bei35.

      Doch auch unter der neuen staatlichen Souveränität führte die senegalesische Elite, die den kolonialen Verwaltungsapparat erobert hatte, die Politik der französischen Kolonialverwaltung fort36. Lediglich die СКАЧАТЬ