Weihnacht!. Karl May
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Название: Weihnacht!

Автор: Karl May

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783746747477

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СКАЧАТЬ hatte sich meiner Million ganz bedeutend genähert.

      Und wohin sollte unsere Reise gehen?

      Gewöhnlich marschierten wir auf dem Gebirge zwischen Sachsen und Böhmen hin. Wir konnten uns da einbilden, die Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien oder gar den Himalaya zwischen Tibet und Indien zu durchwandern. Wir hatten da Städte und Dörfer, Berge und Thäler, Felsen und Wiesen, Flüsse und Bäche, Sonnenschein und Regen, kurz, alles, was unser Herz begehrte. Mehr konnten wir nicht verlangen und auch in keiner andern Gegend finden. Dieser Schauplatz unserer Weltreisen war uns lieb geworden, und es gehörte schon ein ungewöhnlicher Entschluß nach einer vorhergehenden langen Konferenz dazu, wenn wir einmal einen andern wählten.

      Eigentlich hatte diese treue Anhänglichkeit auch einen weniger psychischen Grund, den ich, nachdem wir ihn so lange geheimgehalten haben, heut doch einmal verraten will. Ich kann das nun ohne größere Gefahr thun, weil wir jetzt doch nicht mehr da oben herumsteigen und also andere, ebenso würdige Menschen von den Vorteilen unseres Geheimnisses profitieren lassen können.

      Es gab eine für uns sehr wichtige Ursache, welche uns stetig oder vielmehr unstet zwischen Österreich und Sachsen hin und her pendeln ließ. Diese Ursache hieß: Kurs, der Geldkurs nämlich. Man glaube ja nicht, daß nur wirkliche, faktische Millionäre sich mit den Geldkursen zu beschäftigen haben, o nein; je weniger man besitzt, desto wichtiger wird der Kurs; das haben wir beide an uns selbst erlebt. Damit soll freilich nicht etwa gesagt sein, daß folglich der Kurs für den am allerwichtigsten sei, der gar nichts besitzt, sondern es müssen zwei tüchtige Geldleute zusammentreten, welche gewisse, sichere Fonds besitzen, z.B. der eine drei und der andere fünf Thaler; die machen eine Reise, eine sogenannte Kursreise, von welcher sie, besonders wenn sie dem privilegierten Stande buntbemützter Schüler angehören, ganz ungeahnte Vorteile ziehen können. Aber pfiffig muß man sein, und Schüler muß man sein! Warum, das werde ich gleich erklären.

      Wie steht heut der Gulden? So und so! Hm! – – Wenn der gewöhnliche Sterbliche mit Thalern zahlt und Gulden heraushaben will, dann stehn die Thaler schlecht. Zahlt er Gulden und will Groschen haben, so stehen die Gulden schlecht. Und will er sich überzeugen, so ist kein Kurszettel zu haben. Tritt aber ein ungewöhnlicher Sterblicher, also ein Schüler herein, so traut man ihm kein Geld zu, obgleich er entweder drei oder gar fünf Thaler in der Tasche hat. Man sagt ihm ganz ehrlich, wie heut der Gulden steht, und wenn man das nicht weiß, so zieht er selbst einen für ihn vorteilhaften Kurszettel hervor, von welchem leider das Datum abgerissen ist. Er ißt und trinkt, bezahlt und geht dann fröhlich von dannen. Wohin? Ja, darin liegt das großartige Geheimnis. Nämlich steht der Gulden schlecht, so kehrt der Schüler auf sächsischer Seite ein und läßt sich für einen Thaler österreichisches Geld geben; steht der Gulden hoch, so kehrt er auf böhmischer Seite ein und wechselt die Kreuzer in Groschen und Pfennige um. Wenn der Schüler ein bedeutender Kapitalist ist und es also lange genug aushalten und durchführen kann, so ist es ihm nicht schwer, Gewinne von solcher Höhe einzustreichen, daß ein gewöhnlicher Sterblicher, wenn er dies erführe, ihn beneiden würde. Carpio und ich, wir also, haben bei einem Reisegelde von zusammen vier Thaler in acht Tagen böhmischerseits elf Kreuzer und auf der sächsischen Seite sechzehn Pfennige profitiert, was unserm Reiseunternehmen einen vorher ganz ungeahnten Schwung verlieh. Es gehörte aber auch ein gradezu großartiger Aufwand von Scharfsinn und Unternehmungsgeist dazu, die Kursverwickelungen zu durchschauen und jede Chance augenblicklich zu benutzen. Wir sind z.B. in strömendem Regen stundenweit von Sachsen hinüber nach Böhmen oder in umgekehrter Richtung gerannt, um uns für fünfzig Kreuzer Pfennige oder für fünfzig Pfennige Kreuzer geben zu lassen. Der Profit wurde in Powidl, sauren Gurken oder andern nahrhaften Dingen angelegt, und reichte er nicht aus, so war das Kapital ja auch nur da, um nach und nach verbraucht zu werden. Auf diese Weise kam man im Zickzack zwischen Sachsen und Böhmen herüber und hinüber immer vorwärts, hatte geistige und geschäftliche Anregung in Menge, triumphierte über alle Kurse der Erde und fühlte eine wahre Protzenseligkeit, weil man alle Tage von früh bis zum Abende mit Geld nur so um sich warf, was man dann nach den Ferien leider nicht mehr konnte. Wir haben da köstliche Zeiten verlebt, in denen uns kein Talken und kein Zwetschgenbrötchen zu teuer war, die Bauerngüter gar nicht mitgerechnet, in denen man umsonst mit essen und soviel Milch trinken durfte, daß die Kuh hätte brummen mögen!

      Im Winter, wo der Schnee da oben im Gebirge zuweilen haushoch liegt, war es freilich schwieriger, dem Kurs hinüber und herüber nachzusteigen; aber wir hatten uns, wie man weiß, mit ganz beträchtlichen Mitteln versehen und konnten nun auch einmal als Kapitalisten reisen, denen der Kurs von Zeit zu Zeit mal Schnuppe ist.

      Ausgerüstet waren wir in jeder Weise so vorzüglich, daß wir sofort eine Besteigung des Montblanc hätten vornehmen können, ohne etwas zu vermissen. Regenschirme gab es natürlich nicht; das wäre unmännlich gewesen, Spazierstöcke auch nicht; unsere Wanderstäbe wuchsen, ihrer Erlösung harrend, in irgend einem Busche. Überröcke? Pfui! Wir waren deutsche Jünglinge! Handschuhe? Wenn der Mensch welche tragen sollte, wäre er mit Handschuhen geschaffen worden. Irgend welches Pelzwerk? Nein; das ist für Eskimos da, aber nicht für einen Carpio und seinen fünf Thaler schweren Freund! Aber eine gemeinschaftliche Zeichenmappe hatten wir uns aus fünf Bogen Konzeptpapier zusammengeheftet; Carpio trug sie in einem alten, verwaisten Fernrohrfutterale auf dem Rücken. Es ist leider nichts hineingekommen, denn stets wenn wir einen des Kopierens werten Gegenstand fanden, waren unsere Finger vor Kälte so steif, daß wir den Bleistift nicht regieren konnten. Ich hatte eine Botanisiertrommel umhängen, aber natürlich nicht zum Botanisieren oder Pilzesuchen jetzt im Winter; sie enthielt unser ganzes Reisegepäck nebst allen Toilettenartikeln, welche für uns auszudenken waren; ich werde mich hüten, sie zu verraten! Viele Nummern aber waren es nicht! Zwei Landkarten hatte Carpio auch besorgt, eine von Sachsen und eine von Böhmen, weil wir doch zwischen beiden lust- und schneewandeln wollten; aber schon am ersten Tage stellte es sich heraus, daß sie, wie er behauptete, von seiner Schwester verwechselt worden waren; die eine war von Schweden und Norwegen, die andere von Algier, Tunis und Tripolis. Wir beschlossen einstimmig, sie nicht wegzuwerfen, sondern für spätere Reisen nach diesen Ländern aufzubewahren. Auch Nähzeug war da. Man braucht das auf Reisen, der abgerissenen Knöpfe wegen; aber was eine Häkelnadel dabei wollte, das war mir ein Rätsel.

      Mit Cigarren waren wir sehr gut versehen. Jeder hatte zwei Stück à drei Pfennige. Sie waren nur für ganz besonders festliche Gelegenheiten bestimmt, und wir faßten den kühnen Plan, sie nicht zu verzollen, sondern nach Österreich einzuschmuggeln. Wir steckten sie also in die Stiefelschäfte. Als wir sie am Abende hervorholen wollten, waren sie zu Mehl zerrieben; sic transit gloria mundi!

      Die übrigen Ausrüstungsgegenstände waren mehr intimer Natur, je nach den individuellen Passionen des Besitzers: Bindfaden, Feuerschwamm; ein Eissporn Carpios, zum abwechselnden Gebrauch für beide Beine; ein Fläschchen Fischthran als Stiefelschmiere; er, oder vielmehr seine Schwester wieder, hatte aber Terpentin erwischt; ein Brennglas, welches ein Erbstück von seinem Großoheim war. Als ich ihn fragte, zu was es jetzt im Winter dienen solle, warf er alle meine Kenntnisse durch die herablassende Bemerkung über den Haufen, daß man im Winter ebenso wie im Sommer den Meridian von Komotau berechnen könne. Noch andere Dinge anzuführen, würde indiskret sein. Höchstens darf ich noch erwähnen, daß Carpio ein hölzernes Sicherheitsschloß eigener Erfindung bei sich trug. Es sollte zur Sicherstellung unsers Lebens und mehr noch unserer Kapitalien dienen, falls wir gezwungen sein sollten, in einem fragwürdigen Hause zu übernachten. Als er es gleich im ersten Quartier an die Thür befestigen wollte, hatte er, oder vielmehr seine Schwester, wie er behauptete, die dazu nötigen vier Schrauben daheim gelassen.

      Es muß gesagt werden, daß unser Rendezvous das Städtchen Rehau in Oberfranken war. Von da wanderten wir, die vier Cigarren schmuggelnd, nach Asch, und dann ging es auf Eger zu. Mit dieser für unsere Finanzen ganz bedeutenden Großstadt konnten wir uns nicht abgeben, wanderten also hindurch und noch einige Kilometer weit nach Tirschnitz, wo wir nach langem, anstrengendem Marsche abends spät und ermüdet ankamen. Wir zahlten jeder ein Bier, für zwanzig Kreuzer Kartoffeln mit Quark und ließen uns dann unsern Schlafsalon anweisen, welcher die schwere Summe СКАЧАТЬ