Название: Die blaue Hand
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752946673
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Keine Spur von –«
Hier endete der Abschnitt in offener Schrift.
»Was, in aller Welt, mag das bedeuten?« murmelte Jim vor sich hin. »Das muß ich mir notieren.«
Plötzlich kam ihm der Gedanke, daß er im Begriff war, etwas Unehrenhaftes zu tun, aber er war so interessiert an diesem neuen Hinweis, daß er seine Bedenken überwand.
Offenbar bezog sich diese Bemerkung auf die verschwundene Lady Mary. Wer diese Madge Benson war, und was die Erwähnung des Gefängnisses in Holloway bedeutete, wollte er herausbringen.
Als er die Notizen abgeschrieben hatte, ging er in sein Zimmer zurück, schloß seinen Schreibtisch ab, ging nach Hause und überlegte angestrengt, welche weiteren Nachforschungen er anstellen könnte.
Er hatte eine kleine Wohnung in einem Häuserblock, von dem aus man Regent's Park übersehen konnte. Von seinen eigenen Zimmern aus hatte man allerdings keinen Blick ins Freie. Man konnte nur die unangenehmen Rückseiten anderer Mietshäuser sehen, und unten führte die Eisenbahn vorbei. Er hätte von seinem Fenster aus Kupfermünzen auf die vorbeifahrenden Wagen werfen können, so dicht lagen die Schienen bei seinem Hause. Dafür war aber auch die Miete nur halb so hoch wie für ähnliche Wohnungen in besserer Lage. Er hatte ein kleines Privateinkommen von zwei bis drei Pfund wöchentlich, und wenn er sein Gehalt dazunahm, konnte er verhältnismäßig gut leben. Seine drei Zimmer waren mit wertvollen, alten Möbeln ausgestattet, die er aus dem Zusammenbruch seines väterlichen Vermögens gerettet hatte; denn als sein etwas leichtsinniger Vater starb, konnten von seiner Hinterlassenschaft gerade die zahlreichen Schulden beglichen werden.
Jim war im vierten Stock aus dem Lift gestiegen und wollte eben aufschließen, als er hörte, daß die gegenüberliegende Tür sich öffnete. Er wandte sich um.
Die ältere Frau, die heraustrat, trug die Tracht einer Krankenschwester. Sie nickte ihm freundlich zu.
»Wie geht es Ihrer Patientin?« fragte Jim.
»Es geht ihr gut. Das heißt, so gut es einer so kranken Dame eben gehen kann. Sie ist Ihnen sehr dankbar für die Bücher, die Sie ihr schickten.«
»Die arme Frau«, meinte Jim bedauernd. »Es muß doch schrecklich sein, wenn man nicht mehr ausgehen kann.«
»Sicherlich, aber Mrs. Fane scheint es nichts mehr auszumachen. Man gewöhnt sich daran, wenn man schon sieben Jahre krank liegt.«
Es kamen Schritte die Treppe herunter, und sie schaute hinauf.
»Der Postbote kommt«, sagte sie. »Ich dachte, er wäre schon dagewesen. Vielleicht bringt er uns etwas.«
Die Briefträger ließen sich im Fahrstuhl bis zum sechsten Stock fahren und teilten im Hinuntergehen die Post aus.
»Ich habe nichts für Sie, Sir«, sagte er zu Jim, während er das Paket Briefe in seiner Hand durchsah.
»Miss Madge Benson – das sind Sie doch, Schwester, nicht wahr?«
»Jawohl«, entgegnete die Frau schnell, nahm dem Postboten den Brief aus der Hand, verabschiedete sich durch ein kurzes Kopfnicken von Jim und ging die Treppe hinunter.
Madge Benson! Der Name, den er eben in Salters Tagebuch gelesen hatte!
4
Du langweilst mich zu Tode, Mutter«, sagte Digby Groat, »wenn du mir immer wieder dieselben Geschichten erzählst.« Er goss sich ein Glas Portwein ein. »Es kann dir doch genügen, wenn ich dir sage, daß ich die junge Dame als Sekretärin herhaben will. Ob du etwas für sie zu tun hast oder nicht, ist mir gleichgültig. Aber eins mußt du dir merken: Sie darf niemals den Eindruck bekommen, daß sie aus einem anderen Grund engagiert ist, als deine Briefe zu schreiben oder deine Korrespondenz zu erledigen.«
Die Frau, die ihm auf dem Sofa gegenübersaß, sah älter aus, als sie in Wirklichkeit war. Jane Groat war über sechzig, aber manche hielten sie für zwanzig Jahre älter. Ihr gelbliches Gesicht war von vielen Runzeln und Falten durchzogen, und auf ihren blassen Händen traten die blauen Adern hervor. Nur ihre dunkelbraunen Augen machten noch einen lebendigen Eindruck, und in ihrem Blick lag Neugierde, beinahe Furcht. Ihre Gestalt war gebeugt. Ihr Benehmen ihrem Sohn gegenüber war fast kriechend, Sie sah ihm nicht in die Augen – sie sah überhaupt selten jemand an.
»Die wird hier herumspionieren, sie wird stehlen!« sagte sie mit weinerlicher Stimme.
»Nun sei aber ruhig von dem Mädchen«, sagte er böse. »Und da wir uns nun einmal allein sprechen, möchte ich dir etwas sagen.«
Ihre unsteten Blicke schweiften nach rechts und links, aber sie vermied es ängstlich, seinen Augen zu begegnen. Es lag eine Drohung in seinen Worten, die sie nur allzu gut kannte.
»Sieh einmal hierher!«
Er hatte einen Gegenstand aus seiner Tasche gezogen, der im Licht der Tischlampe blitzte und glänzte.
»Was ist es denn?« fragte sie kläglich, ohne aufzuschauen.
»Ein Diamantenarmband!« rief er vorwurfsvoll. »Es gehört Lady Waltham. Wir waren das Wochenende auf ihrem Gut. Sieh her!«
Seine Stimme war rau und schrill, und sie senkte den Kopf und begann zu weinen.
»Ich habe es in deinem Zimmer gefunden, du alte Diebin!« zischte er sie an. »Kannst du dir diese entsetzliche Sache nicht abgewöhnen?«
»Es sah doch so schön aus«, schluchz je sie, und die Tränen rannen ihr über die hageren Wangen. »Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, wenn ich schöne Dinge sehe.«
»Du weißt doch, daß das Dienstmädchen von Lady Waltham verhaftet wurde, weil sie in dem Verdacht steht, das Armband gestohlen zu haben. Wenn nichts geschieht, wird sie zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.«
»Ich konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen«, wiederholte sie mit tränenerstickter Stimme.
Er warf das Armband mit einem Fluch auf den Tisch.
»Jetzt kann ich es der Dame wieder zurückschicken und muß ihr in einem Brief etwas vorlügen, daß es aus Versehen in deinen Koffer gekommen ist! Ich tue es nicht, um dem Dienstmädchen zu helfen, sondern um meines guten Rufes willen.«
»Jetzt weiß ich, warum du das Mädchen ins Haus nimmst – sie soll mich nur ausspionieren!«
Seine Lippen kräuselten sich verächtlich.
»Da hätte sie wohl eine schwere Aufgabe«, erwiderte er ironisch und lachte heiser, als er sich erhob.
Mit harter Stimme sagte er: »Du mußt mit dieser üblen Angewohnheit, alle Dinge zu stehlen, die dir gefallen, unter allen Umständen brechen. Ich habe die Absicht, bei den nächsten Wahlen ins Parlament zu kommen, und ich will meine gesellschaftliche Stellung nicht durch eine alte, verrückte Diebin erschüttert sehen. Wenn in deinem Kopf etwas nicht ganz in Ordnung ist«, fügte er drohend hinzu, »so weißt du, daß ich ein kleines Laboratorium habe, wo wir den Schaden reparieren können.«
Sie zuckte erschreckt zusammen. Entsetzen und Furcht СКАЧАТЬ