Название: Deutsch-Polnische Stereotype in neuen Medien
Автор: Erik Malchow
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
isbn: 9783737562188
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Die erste kriegerische Begegnung von Polen und Deutschen, die auch heute, etwa tausend Jahre später, im kollektiven Gedächtnis verankert ist, fand in der Nähe der heutigen deutsch-polnischen Grenze, zwischen Frankfurt (Oder) und Szczecin statt. Bereits 972 n. Chr., kurz bevor die Polanen erstmals in den Geschichtsbüchern erwähnt werden, wurde die Schlacht von Cedynia (Zehden) geführt und von Mieszko I, dem ersten christlichen Führer der Polanen, gewonnen. Schon davor bestritt sein Vater Siemomysław bereits Auseinandersetzungen mit den Herrschern der Nordmark, die als erste Kontakte erwähnt werden könnten, jedoch ist die Schlacht bei Zehden, gemeinsam mit der ebenfalls von den Polen gewonnen Schlacht bei Tannenberg (pl. Grunwald), bis heute im nationalen Gedächtnis (der Polen) verankert.
Während dieser Zeit war es gängige Praxis, Streitigkeiten im Grenzgebiet an der Oder durch arrangierte Ehen zu schlichten. Zudem profitierte Polen im frühen zwölften Jahrhundert von deutschen Siedlern, Migranten aus Sachsen, Franken und den Benelux-Ländern, und gewährte ihnen besondere Rechte, wie zum Beispiel die Erbauung von Siedlungen nach deutschem Recht. Bereits im 13. Jahrhundert wurden ehemals polnische Dörfer wie Wlen oder Städte wie Breslau aufgrund der zunehmenden Zahl ihrer deutschen Bewohner deutsch. Vor allem der Deutsche Orden, ein Zusammenschluss von Kreuzrittern, hatte einen großen Einfluss auf das nördliche Polen bis 1410, als die Kreuzritter in der Schlacht von Tannenberg geschlagen wurden. Diese Schlacht prägt bis heute die Wahrnehmung von Deutschen in Polen, was unter anderem an etlichen Denkmälern und Straßenbezeichnungen zu erkennen ist. In der Folge der Schlacht war der Deutsche Orden gezwungen, im Jahr 1466 den „Zweiten Thorner Frühling“ zu schließen. Damit wurde das Königreich Preußen in Polen eingegliedert. Fast zweihundert Jahre später, im Jahre 1660, wurde diese Souveränität über das Herzogtum Preußen im „Frieden von Oliva“ wieder aufgegeben. Im 18. Jahrhundert wurde Polen dreimal (1772, 1793, 1795) geteilt, bis es gänzlich, bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, von der Weltkarte verschwand. Die polnischen Gebiete wurden unter Preußen, Russland und Österreich aufgeteilt. Die polnische Exilregierung versuchte in dieser Zeit wiederholt, seine Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen, was am 3. Mai 1791 in der Verabschiedung einer neuen Verfassung, die als erste moderne Verfassung Europas gilt, mündete.
Im Jahre 1830 brach in Polen ein Aufstand aus, der heute als „Polnischer Frühling“ bezeichnet wird und im Hambacher Fest 1832 seinen Höhepunkt fand, als neben der Schwarz-Rot-Goldenen Fahne auch der polnische Adler wehte und viele Redner die Leistungen Polens rühmten11. Im Zuge der sogenannten Polenbegeisterung kamen, vor allem in den siebziger Jahren, etwa 300.000 Polen während der Industrialisierung nach Deutschland. Viele von ihnen wurden von der preußischen Regierung unter dem Kanzler Otto von Bismarck wenige Jahre später im so genannten Kulturkampf verdrängt. Im Ersten Weltkrieg wurde Polen zum Teil durch Deutschland besetzt, konnte jedoch gegen Ende des Krieges wieder eigene Ländereien beanspruchen. Im Jahr 1921 ist Polen ein Vielvölkerstaat mit 69% Polen sowie nationale Minderheiten von Ukrainern, Weißrussen, Deutschen, Russen, Juden und Tschechen.
Im Jahre 1939 lehnt Hitler den deutsch-polnischen Nichtangriffspakt von 1934 ab und überfällt Polen, was den Beginn des Zweiten Weltkriegs markiert. Der zweite Weltkrieg prägt die deutsch-polnischen Beziehungen bis heute maßgeblich. Außerdem spielt der jüdische Aufstand im Warschauer Ghetto 1943, der Warschauer Aufstand 1944 und das Massaker von Katyn 1940 eine bedeutende Rolle im heutigen deutsch-polnischen Diskurs. Drei Millionen polnische Juden und 2,5 Millionen nichtjüdische Polen starben im zweiten Weltkrieg und in Konzentrationslagern, nur ein Zehntel von ihnen waren Angehörige der polnischen Armee. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Deutsche in Polen als hitlerowcy bezeichnet, ein Begriff der auch heute noch gebräuchlich ist. Polen verlor seine östlichen Teile und gewann die ehemaligen deutschen Gebiete im Westen durch das Potsdamer Abkommen, in dem Polen kein Abstimmungsrecht hatte. Über 1,5 Millionen Polen sowie andere Minderheiten und 2,3 Millionen Deutsche wurden in westlicher Richtung umgesiedelt. Deutschland wurde zwischen den Alliierten und den Sowjets geteilt und Polen und die DDR wurden zu Nachbarn, die eine schwierige Freundschaft verband, während der westliche Teil Deutschlands vorerst als der ehemalige Feind Polens angesehen wurde. Dieser Hass wurde von der sowjetischen Propaganda genährt. Beide Länder, sowohl die DDR als auch Polen, litten unter den stalinistischen Repressionen. Auch die deutsche Minderheit in Polen litt unter dem kommunistischen Regime, was zu einer starken Migrationsbewegung in die Bundesrepublik Deutschland führte.
Im Jahre 1970 erkannte West-Deutschland mit dem Warschauer Vertrag de facto die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze zu Polen an. Nach der Unterzeichnung des Vertrages kniete Willy Brandt, damaliger Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, vor dem Denkmal des Aufstandes im Warschauer Ghetto nieder, was in Polen und Deutschland als eine Geste der Demut und Buße (Warschauer Kniefall) gesehen wurde. In der Zeit zwischen 1980 und 1990, explodierte die Migrationsbewegung aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland regelrecht. Etwa eine Million Polen ließen sich in West-Deutschland nieder. Diverse Konflikte prägten die Beziehungen zwischen der DDR und der Republik Polen bis zur Wiedervereinigung Deutschlands, und nur wenige Polen emigrierten permanent in die DDR. Außer der Zeit zwischen 1972 und 1980, als die Grenzen zwischen Polen und der DDR geöffnet waren, gab es fast keinen Kontakt zwischen den Bürgern beider Staaten. Die Solidarność-Bewegung im Jahr 1989 führte zur Unabhängigkeit Polens und hatte maßgeblichen Einfluss auf den Fall der Berliner Mauer und damit auf die Wiedervereinigung Deutschlands. Deutschland zahlte Polen Kompensationen für die Verluste durch den zweiten Weltkrieg und unterstützte den Beitritt Polens zur Europäischen Union. Seit 1999 ist Polen Mitglied der NATO.
Zwischen 2000 und 2014 prägten Themen wie das relative Gewicht von EU Abstimmungen, der Bau einer Gas-Pipeline unter der Ostsee von Russland direkt nach Deutschland, die Anerkennung der deutschen Minderheit im polnischen Parlament (Sejm) sowie die Aktivitäten des Bundes der Vertriebenen (BdV) unter der Präsidentschaft von Erika Steinbach die deutsch-polnischen Beziehungen. Deutschland ist Polens wichtigster Wirtschaftspartner und einer der wichtigsten politischen Partner in Europa.
1.4 Medienentwicklung
So, wie sich die deutsch-polnischen Beziehungen während der letzten tausend Jahre entwickelt haben, gab es auch in der Medienlandschaft eine erhebliche Evolution, die vorerst in den heutigen Digitalen Medien endet. Letztlich haben sich die digitalen Medien aus den analogen elektronischen Medien (z.B. Fernseher) entwickelt, welche wiederum ohne die Erfindung des Buchdrucks im 16. Jahrhundert undenkbar gewesen wären. In diesem Zusammenhang spricht Faulstich12 von einer Medienkulturgeschichte, welche seinen Ursprung etwa 2500 Jahre vor unserer Zeitrechnung in der Sprache fand. Somit kann man schwer von „neuen Medien“ sprechen, da sich diese aus alten Medienlandschaften heraus entwickelten.
Außerdem ist zu bemerken, dass die Zeitabstände zwischen den einzelnen Phasen der Medienentwicklung im Laufe der Zeit immer kürzer wurden. Während laut Faulstich die Entwicklung der Sprache noch dreißig- bis vierzigtausend Jahre dauerte, entwickelte sich die Schriftsprache in vergleichsweise wenigen, nämlich ca. viertausend, Jahren. Bis zum Buchdruck dauerte es folgend nur vierhundert Jahre, zur Entwicklung elektronischer Medien nur noch einhundert Jahre. Diese Dynamik prägt auch unsere heutige mediale Kommunikation. Medien lösen sich schneller ab bzw. ergänzen einander.13
Abbildung 1: Entwicklungsphasen der Medienkulturgeschichte nach Faulstich 14
Grundvoraussetzung für die Medienentwicklung ist Sprache bzw. Text, welcher für die Erforschung einer Kultur unbedingt notwendig ist. In diesem Zusammenhang СКАЧАТЬ