Eine Jugend im III. Reich und im Chaos der Nachkriegszeit. Rolf H. Arnold
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СКАЧАТЬ „Arbeitergymnasium“ mit eigenem Ruderklub 324

      Erich, der Löwe, als erster Steuermann 326

      Eine Seefahrt ist nicht immer lustig 330

      Es war in Urach – Eleanora hieß sie – ich war 18 335

      Unsere letzte Klassenreise 347

      Unsere Lehrer 349

      Die Qual der Berufswahl 355

      Danksagung 361

      Literaturhinweise 362

      Glossar 370

      Zeitschiene 392

       Ceterum Censeo:

      Plädoyer für eine modernisierte Friedhofskultur 403

       Vorwort

      Diesen Bericht habe ich nach bestem Wissen und Gewissen so geschrieben, wie ich die Dinge erlebte und sie erinnere. Das schließt nicht aus, dass das eine oder andere auch Aspekte hat, die mir nicht bekannt waren oder an die ich mich nicht erinnere. Diese Schrift ist also durchaus subjektiv, dessen bin ich mir bewusst.

      Ich möchte meiner Enkelin Emily und mit ihr anderen jungen Menschen von einer Zeit erzählen, die es heute hier glücklicherweise so nicht mehr gibt. Auch diese jungen Menschen haben in unserer Zeit mit vielen Problemen zu kämpfen, aber generell sicherlich nicht in der existentiell bedrohlichen Form, wie es damals insbesondere bei der städtischen Bevölkerung in Deutschland die Regel war. Vielleicht hilft es ihnen, ihre Probleme zu relativieren und somit leichter zu tragen, wenn sie von den lebensbedrohenden Herausforderungen lesen, die die Jugendlichen aus den Städten in den Kriegs- und Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkrieges zu bewältigen hatten.

      Mit meiner Geschichte beschreibe ich die Zeit, die ich erlebt habe, in der es uns in Deutschland mit Bombenkrieg in den Städten, Flüchtlingselend, Vertreibung und in den ersten drei Jahren nach dem Krieg mit Hunger, Not und Elend sehr schlecht ging. Deshalb ist es mir wichtig, vorab zu betonen, dass ich nicht aus dem Auge verliere, dass dies alles geschah, nachdem die Deutschen eine Partei in die Regierung gewählt hatten, die Judenverfolgung zum Regierungs-programm erhob und bereits Jahre vor dem Kriege eine Reihe gesetzesbrecherischer Maßnahmen zu verantworten hatte. Was ich beschreibe, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die deutsche Reichsregierung vorher in blutigen Angriffskriegen Nachbarvölker unterjocht hatte und in Konzentrationslagern systematisch grauenvolle Untaten beging, die alle vorstellbaren Dimensionen sprengten.

      Rolf H. Arnold im September 2012

       Herkunft

       Die Wurzeln gemäß Ahnenpass

      Im April 1933 erließ die Reichsregierung das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, gemäß dem alle Beamten einen Ahnenpass erstellen mussten. Auch mein Vater hatte daher, als er 1937 Beamter wurde, den Nachweis zu erbringen, dass er „arischerAbstammung“ war und sein „Blut“ – gemeint waren wohl die Gene – von „artfremden Einflüssen rein“ geblieben war.

      Dieses Gesetz bot den nationalsozialistischen Machthabern die Möglichkeit, politische Gegner und insbesondere jüdische Beamte aus dem Dienst zu entfernen. Beamte, die ihre arische Abstammung nicht nachweisen konnten, weil sie etwa einen jüdischen Großelternteil im Stammbaum hatten, konnten entlassen oder in den Ruhestand versetzt werden. Ausnahmeregelungen gab es auf Intervention von Hinden-burg zunächst noch für „Frontkämpfer“ und für Beamte, deren Vater oder Sohn im Ersten Weltkrieg als Soldat gefallen waren, sowie für diejenigen, die vor 1914 verbeamtet wurden. Mit der „Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom November 1935 wurden jedoch auch diese Ausnahmeregelungen beseitigt. Alle noch verbliebenen jüdischen Beamten mussten aus dem Dienst ausscheiden. Der Beamtenstatus blieb „Deutschblütigen“ vorbehalten.

      Die drei Nürnberger Gesetze vom September 1935 verlangten dann von jedem Bürger des Deutschen Reiches einen „Ariernachweis“, um die neugeschaffene Reichsbürgerschaft erwerben zu können, die nur „Deutschblütigen“ offen stand. Mit diesem „Reichsbürgergesetz“ wurden den Juden alle noch verbliebenen Bürgerrechte genommen, denn ein Jude konnte nach diesem Gesetz kein Reichsbürger sein. Eines der Nürnberger Gesetze, das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verbot Eheschließungen zwischen Juden und „deutschblütigen“ Reichsangehörigen. Für Zuwiderhandlungen, als „Rassenschande“ bezeichnet, wurde Zucht-hausbestrafung angedroht.

      In der 45-seitigen Einleitung zum Ahnenpass wird ausführlich auf die vorgenannten Gesetze Bezug genommen und darauf verwiesen, dass die Bestimmungen des Reichserbhofgesetzes noch darüber hinaus gingen und für die Aufnahme in die NSDAP und die SS eine „reinarische Abstammung“ erforderlich sei, „die also frei von jeder fremden (z.B. jüdischen oder negerischen) Blutsbeimischung“ ist. Diese reinarische Herkunft musste bis zum 1. 1. 1800 zurück nachgewiesen werden, und zwar auch für den Ehegatten.

      In der Einleitung zum Ahnenpass heißt es unter der Überschrift „Rassegrundsatz“: „Die im nationalsozialistischen Denken verwur-zelte Auffassung, daß es oberste Pflicht eines Volkes ist, seine Rasse, sein Blut von fremden Einflüssen rein zu halten und die in den Volkskörper eingedrungenen fremden Blutseinschläge wieder auszu-merzen, gründet sich auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Erblehre und Rassenforschung.“

      Man mag es nicht glauben! Die gewählte Führungsschicht eines sogenannten Volkes der Dichter und Denker, das Menschen wie Beethoven, Goethe und die Gebrüder Alexander und Wilhelm von Humboldt hervorbrachte, erlässt offiziell Rassengesetze, die Juden – die in vielen Bereichen zu den kulturellen Leistungsträgern der Nation zählten – aus der Gesellschaft aussondern, als „Volksschädlinge“ mit „artfremdem Blut“ diffamieren, alle durch die Verfassung garantierten Bürgerrechte nehmen. Die Regierung entkleidet die Juden dann auch noch ihrer Menschenwürde, um sie schließlich zu Millionen fabrikmäßig wie Ungeziefer mit Gift zu vernichten – unfassbar, nicht nachvollziehbar!

      Bei der Betrachtung meiner Vorfahren mütterlicher- und väterlicher-seits, die bis um 1800 nachgewiesen sind, handelt es sich durchgängig um ortsfeste Bauern. Die Arnolds lebten in den überschaubaren 200 Jahren in dem Dorf Weinsheim bei Kreuznach an der Nahe als Weinbauern, die Templins in dem Dorf Finkenthal bei Gnoien in Mecklenburg als Ackerbauern. Die meisten der in meinem Ahnenpass aufgeführten Männer und Frauen der beiden Generationen im 19. Jahrhundert hatten zumeist nur eine Lebensspanne von 40 bis 55 Jahren.

      Auffällig ist, dass die Kaiserzeit in der Namensgebung der Vornamen deutliche Spuren hinterlassen hat. Sowohl mein Vater, wie auch meine beiden Großväter hießen Wilhelm, die Urgroßmutter mütterlicherseits sogar Wilhelmine. Ein Adolf oder eine Adolfine finden sich glücklicherweise nicht unter den Sprösslingen nach 1930.

      Bei der Durchsicht meines Ahnenpasses ist mir deutlich geworden, welch umfangreicher Gen-Cocktail in nur fünf Generationen durch die Familien der jeweiligen Ehefrauen zustande gekommen ist. Das sind in fünf Generationen schon etwa 30 Familien. Aber wie unendlich viele Ahnen waren es vorher, die ihre Anteile zum Gen-Pool beigesteuert haben? Müssen wir doch genau genommen bis zum Bereich der Menschwerdung zurückgehen. Wie unfassbar viel Erbmaterial ist in uns eingeflossen, macht uns so einzigartig? Gemäß meinem Stammbaum haben zu mir sicherlich ein römischer Legionär, ein Wikinger СКАЧАТЬ