Название: Winnetou Band 2
Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742772039
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welche die Gelegenheit, aus New Orleans fortzukommen, auch benutzt hatten, unbesorgt schlafen. Nach
Mitternacht wurde ich von dem plötzlichen Heulen und Brausen des Sturmes geweckt und sprang vom
Lager auf. In diesem Augenblicke erhielt das Schiff einen so gewaltigen Stoß, daß ich hinstürzte und die
Kabine, welche ich mit noch drei Passagieren teilte, mit ihrem ganzen Inhalte auf mich niederkrachte.
Wer denkt in einem solchen Augenblicke an das Geld. Das Leben kann an einem einzigen Momente
hängen, und bei der tiefen Finsternis und heillosen Verwirrung konnte lange Zeit vergehen, ehe ich
meinen Rock mit der Brieftasche fand. Ich arbeitete mich also schnell aus den Trümmern heraus und eilte
- nein taumelte nach dem Deck hinaus, denn das Schiff schlingerte und stampfte entsetzlich.
Draußen sah ich nichts; es war stockdunkel; der Hurrikan warf mich augenblicklich nieder, und eine
Sturzsee rollte über mich weg. Ich glaubte schreiende Stimmen zu hören, doch war das Heulen des
Wirbelsturmes stärker als sie. Da zuckten kurz nacheinander mehrere Blitze durch die Nacht, die sie auf
einige Augenblicke erhellten. Ich sah Brandung vor uns und jenseits derselben Land. Das Schiff hatte
sich zwischen Klippen eingebohrt und wurde durch den Andrang der Wogen hinten hoch emporgehoben.
Es war verloren und konnte jeden Augenblick auseinandergerissen werden. Die Boote waren fortgespült.
Wo gab es Rettung? Nur durch Schwimmen! Ein neuer Blitz zeigte mir Menschen, welche, auf dem Deck
liegend, sich an allen möglichen Gegenständen festhielten, um nicht von den Sturzseen mitgenommen zu
werden. Ich hingegen war der Ansicht, daß man grad nur einer solchen See sich anvertrauen müsse.
Da kam eine, scheinbar haushoch, heran, trotz der Dunkelheit durch ihren phosphoreszierenden Glanz zu
erkennen. Sie erreichte das Schiff; dieses krachte, daß ich sicher war, es geht jetzt in Trümmer. Ich hatte
mich an einem eisernen Träger festgehalten, ließ aber jetzt los; Herrgott, hilf, und rette mich! Es war mir,
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als ob ich von der See turmhoch emporgetragen würde; es drehte mich wie einen Ball im Kreise; es
wirbelte mich in die Tiefe hinab und nahm mich wieder nach oben. Ich bewegte kein Glied, denn jetzt
hätte mir alle Anstrengung nichts genützt, aber sobald die See das Land erreichte, mußte ich arbeiten, um
nicht von ihr wieder zurückgerissen zu werden.
Ich befand mich jedenfalls kaum eine halbe Minute in der Gewalt der stürzenden See, aber es dünkte mir,
stundenlang zu sein. Da wurde ich von der gewaltigen Woge durch die Luft geschleudert. Sie spie mich
aus und warf mich zwischen Felsen in ruhiges Wasser. Nur nicht wieder von ihr erfaßt werden! Ich stieß
und strich aus Leibeskräften mit Armen und Beinen aus und schwamm mit einer Anstrengung, wie ich
noch nie geschwommen hatte. Wenn ich soeben den Ausdruck ›ruhiges Wasser‹ gebraucht habe, so war
dies natürlich nur relativ gemeint. Die Sturzsee hatte mich über die Brandung hinweggetragen; ich hatte
es nun nicht mehr mit haushohen Wogen zu tun, aber der Sturm wühlte und pflügte das Wasser doch so
auf, daß ich auf und nieder und hin und her geworfen wurde wie ein leichter Kork in einem geschüttelten
Wassergefäße. Es war ein großes Glück, daß ich das Land gesehen hatte. Ohne diesen günstigen Umstand
wäre ich höchst wahrscheinlich verloren gewesen. Ich wußte, nach welcher Richtung ich zu schwimmen
hatte, und wenn ich in dem fürchterlichen Aufruhr der Elemente auch nur geringe Fortschritte machte, so
erreichte ich endlich doch die Küste, aber nicht in der Weise, wie ich es wollte. Die See war dunkel und
das Land auch; ich konnte in der dichten Finsternis die eine nicht von dem andern unterscheiden, mir also
keine zum Landen passende Stelle suchen und trieb mit dem Kopfe in der Weise gegen eine Klippe an,
als hätte mir jemand mit einem Beil einen Hieb gegeben. Ich hatte noch die Geistesgegenwart, mich
schnell an diesen Felsen emporzuarbeiten, und verlor dann das Bewußtsein.
Als ich wieder zu mir kam, war der Hurrikan noch nicht vorüber. Mein Kopf schmerzte mich, doch
beachtete ich dies nicht. Viel größere Sorge machte mir der Umstand, daß ich nicht wußte, wo ich mich
befand. Lag ich auf dem festen Lande, oder auf einer aus dem Wasser ragenden Klippe? Ich durfte nicht
von der Stelle fort, auf welcher ich mich befand. Sie war glatt und eben und ich hatte Mühe, sie zu
behaupten, denn die Kraft des Sturmes war groß genug, mich wegzufegen. Nach einiger Zeit aber
bemerkte ich, daß sie sich verminderte, und dann dauerte es, wie es bei derartigen Wirbelstürmen fast
stets der Fall zu sein pflegt, gar nicht lange, so war der Hurrikan ganz plötzlich, wie mit einem Schlage,
vorüber, der Regen auch, und die Sterne erschienen am Himmel.
Bei ihrem Scheine konnte ich mich orientieren. Ich befand mich an der Küste. Hinter mir tobte die
Brandung; vor mir sah ich einzelne Bäume stehen. Ich ging auf dieselben zu; sie hatten dem Sturme
getrotzt; andere aber hatte er aus der Erde gerissen und niedergeworfen, oder gar streckenweit mit
fortgenommen. Dann bemerkte ich einige Lichter, welche sich bewegten; da mußten Menschen sein, und
ich beeilte mich, sie aufzusuchen.
Sie befanden sich bei einigen Gebäuden, denen der Sturm arg mitgespielt hatte; von einem derselben
hatte er das ganze Dach mit fortgenommen. Wie staunten die Leute, als sie mich erblickten! Sie starrten
mich an, als ob sie mich für ein Gespenst hielten. Die See tobte noch so, daß wir brüllen mußten, um uns
zu verstehen. Sie waren Fischersleute. Der Sturm hatte unser Schiff gegen die Tortugas getrieben, und
zwar gegen diejenige Insel, auf welcher sich Fort Jefferson befindet. In diesem waren damals
konföderierte Kriegsgefangene interniert.