Herz, Schmerz und Gänsehaut. Dieter Adam
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Название: Herz, Schmerz und Gänsehaut

Автор: Dieter Adam

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783741816932

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СКАЧАТЬ Tina wurde langsam nervös. Dieser Haustürschlüssel - oder was? - ließ ihren Schoß erglühen. Ein wohliger Schauer nach dem anderen lief ihr den Rücken hinunter. Wenn er jetzt...! Aber sie durfte doch nicht! Und er durfte erst recht nicht...!

       "Warum haben Sie eigentlich nicht Ihre Frau mitgenommen?", fragte sie.

       "Zu einem Betriebsausflug?" Er lachte. "Aber dabei haben Ehefrauen doch nichts verloren. Wenigstens einmal im Jahr muss man sich mal so richtig austoben dürfen."

       "Finden Sie das gut?"

       "Sehr gut." Claus lachte wieder. "Und wenn man dann noch mit einer Frau wie Ihnen zusammen ist, vergisst man ohnehin alles."

       "Ich erkenne Sie nicht wieder", sagte Tina abweisend. "Bis heute waren Sie der unnahbare Chef für mich, der kaum - wenn überhaupt - bemerkt hat, dass ich eine Frau bin. Wie darf ich das also verstehen? Suchen Sie ein Abenteuer? Dafür bin ich mir zu schade."

       "Selbstverständlich", versicherte Claus. "Aber ich meine es wirklich ernst mit Ihnen. Sie sind genau die Frau, von der ich immer geträumt habe."

       "Herr Fresenius!" beschwerte sich Tina empört und löste sich aus seinen Armen. "Sie sind verheiratet."

       "Mehr oder weniger", seufzte Claus. "Ich möchte heute Abend nicht davon sprechen."

       "Egal wie", entgegnete Tina entschieden. "Ich lasse mich nicht mit verheirateten Männern ein. Das widerspricht meinen Prinzipien."

       "Und wenn ich nicht verheiratet wäre?"

       "Dann..." Tina unterbrach sich, senkte den Blick und biss sich auf die Unterlippe. "Sie sind es aber nun mal", fuhr sie endlich leise fort.

       "Wer weiß." Claus lächelte hintergründig. "Vielleicht bin ich es schon sehr bald nicht mehr."

       "Erzählen Sie mir doch bitte keine Märchen", versetzte Tina ärgerlich. "Ich nehme Ihnen das eh nicht ab. Soweit ich das in dem halben Jahr, seit ich für Sie arbeite, beobachten konnte, vergöttern Sie Ihre Familie und denken gar nicht daran, sich von ihr zu trennen. Darf ich mich dann setzen? Ich mag nicht mehr tanzen."

       Ein paar Gläser Wein später forderte er sie erneut auf. Wieder tanzte er auf Tuchfühlung, wieder überhäufte er sie mit zärtlichen Komplimenten und Anspielungen.

       Und Tina, die sich unterdessen wegen ihres Seelenschmerzes einen herrlichen Schwips angedudelt hatte, genoss es plötzlich, von ihm auf so eindeutige Weise umworben zu werden.

       "Was wäre, wenn ich...?", überlegte sie. "Wenigstens ein einziges Mal. Ich sehne mich doch so sehr danach. Seine Frau würde bestimmt nie etwas davon erfahren."

       "Was halten Sie davon?", mischte er sich flüsternd in ihre unschamhaften Gedanken, und als seine Lippen dabei flüchtig ihr Ohr streiften, durchzuckte es sie wie ein Stromschlag. "Wollen wir uns nicht abseilen?"

       "Aber wir können doch nicht...", widersprach sie matt. "Was würden die anderen von uns denken?"

       "Von denen können die meisten sowieso kaum noch denken", meinte er. "Außerdem ist es mir egal. Ich bin schließlich der Chef und kann tun und lassen, was ich möchte; sogar von hier verschwinden, wenn ich die Schnauze voll habe."

       "Und wenn Ihre Frau davon erfährt?"

       "Ach was", winkte er ab. "Die werden sich hüten, mich zu verpetzen. Gutbezahlte Arbeitsplätze sind rar. Ich mache mir deswegen keine Sorgen."

       "Nun", wisperte Tina, "wenn Sie sich keine Sorgen machen, sollte ich es eigentlich erst recht nicht tun. Verschwinden wir also."

       Sie nahmen sich ein Taxi, ließen sich gemeinsam auf dem Rücksitz nieder und nannten dem Fahrer ihre Heimatadresse.

       "Ganz schön weit", meinte der Fahrer. "Das wird nicht ganz billig."

       "Halten Sie mich für zahlungsunfähig?", fragte Claus unwillig.

       Der Fahrer schwieg und konzentrierte sich auf den Verkehr.

       Claus konzentrierte sich auf Tina. Er legte seinen Arm um ihre Schultern und zog sie zärtlich an sich.

       "Schön", flüsterte er. "Davon habe ich den ganzen Tag über geträumt."

       "Wovon?"

       Sie hob ihr Gesicht zu ihm empor und schaute ihn mit verhangenen Augen an.

       "Davon!"

       Er nahm behutsam ihren Kopf zwischen seine Hände und küsste sie.

       Für Tina war es, als öffne sich das Tor zum Siebenten Himmel für sie, und sie erwiderte seine Küsse, die immer stürmischer und fordernder wurden, mit der gleichen Leidenschaft.

       "Bitte nicht", hauchte sie, als er an ihrer Bluse zu nesteln begann. "Der Fahrer!"

       "Ach, der!", versuchte Claus ihre Bedenken zu zerstreuen. "Der ist so etwas gewöhnt. Der sieht das schon gar nicht mehr."

       Endlich war er an das Ziel seiner Wünsche gelangt und konnte erfreut feststellen, dass er nicht auch noch einen störenden BH zur Seite räumen musste. Mit geübten Fingern begann er sie zu streicheln und liebevoll zu kneten. Leise aufstöhnend ließ ihn Tina gewähren und vergalt ihm seine Zärtlichkeiten, indem sie ihre Hand auf jene Stelle legte, hinter der sich mit einiger Gewissheit nicht sein Haustürschlüssel verbarg.

       Dies wiederum animierte ihn, noch kühner zu werden. Er ließ seine Hand nach unten gleiten und...

       "Wir sind da", verkündete der Taxifahrer. "Macht zweihundertsechsundfünfzig Mark und achtzig Pfennige."

       "Das ging aber schnell", brummte Claus, während er ihn entlöhnte und Tina sich, tiefrot wie eine Tomate, die Bluse zuknöpfte. "Sind Sie geflogen?"

       "Nein", erwiderte der Fahrer. "Aber wenn man liebt, vergisst man halt Zeit und Raum. Viel Spaß noch, die Herrschaften."

       Es war wie selbstverständlich, dass Claus das Mädchen in dessen Wohnung begleitete. Ein hübsches Einzimmerappartement mit Küche und Bad war es, in dem sie seit einem halben Jahr allein lebte.

       Und es war auch wie selbstverständlich, dass sie hier fortsetzten, was im Taxi so aufregend und wunderschön begonnen hatte. Bis zum frühen Morgen liebten sie sich und ließen erst voneinander, als die Sonne ihre ersten Strahlen ins Zimmer sandte.

       *

       "Danke!", stand auf dem Zettel, den Tina, als sie gegen Mittag erwachte, auf dem Tisch fand. "Du warst ein Erlebnis. Wir werden es bald und so oft es geht wiederholen."

       Nein, dachte Tina und schüttelte heftig den Kopf. Das musst du dir abschminken, mein lieber Claus. Was heute Nacht geschehen ist, war eine einmalige Sache und wird sich bestimmt nicht wiederholen. Ich muss von allen guten Geister verlassen worden sein, dass ich mich überhaupt darauf eingelassen habe.

       Ihr schlechtes Gewissen trieb ihr die Tränen in die Augen. Aufschluchzend warf sie sich auf das von ihren heißen Liebeskämpfen zerwühlte Bett, presste ihr glühendes Gesicht ins Kissen, das noch einen leichten Geruch nach seinem herben Rasierwasser verströmte, und weinte bitterlich.

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