Название: Ein gerissener Kerl
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752947502
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»Das ist nicht möglich«, erwiderte Julian kühl. »Ich will über deine Maßnahme nichts weitersagen, Onkel John, aber ich darf wohl darauf hinweisen, daß es meinem Kredit nicht gerade förderlich wäre, wenn du mit einer Vollmacht bei meiner Bank vorsprichst und die Aktien abhebst, die ich verwalte. Es ist für die Bank kein Geheimnis, daß ich Ursulas Vermögen in Obhut habe. Es scheint mir zweckmäßig, wenn ich diese Anstalten selbst treffe. Warum hast du deine Ansicht geändert?«
Frensham blickte an ihm vorbei und rieb sich verlegen die Finger. »Ich will dir gegenüber ganz offen sein, Julian. Du erinnerst dich: in dem Vermögen waren siebenhundert ›Blueberg-Goldminen-Syndikat‹. Sir George Crater, der die Blueberg leitet und ein alter Freund von mir ist ... nun, er rief mich vorhin an und fragte mich, warum ich die Bluebergs verkauft hätte. Machte mir Vorwürfe, weil sie seit dem Verkauf um Pfunde gestiegen sind. Ich hatte keine Ahnung, daß wir verkauft haben.«
Julian lächelte gequält. »Ich sehe«, sagte er, »du mißtraust mir« Und als der Lord widersprechen wollte, verwies er ihn mit einer schmerzlichen Geste zur Ruhe. »Natürlich habe ich die Bluebergs verkauft. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht. Ich habe dafür Westafrikaner gekauft, die fabelhaft gestiegen sind und eine glänzende Dividende zahlen. Ist ja Pech, daß die Bluebergs gestiegen, sind, aber das konnte ich nicht voraussehen.«
Lord Frensham wurde schwach. Sehr schlau verfolgte Julian seinen Vorteil.
»Noch niemals hat mich etwas so mitgenommen wie dein Argwohn. Ich bin einfach fassungslos. Ganz ohne Zweifel hat dich dieser Lümmel beeinflußt.«
Frensham wollte sprechen, aber Reef machte ein beschwichtigende Bewegung und sprach weiter.
»Das Gift dieses Burschen wirkt in dir.«
Frensham schüttelte matt den Kopf. »Wenn du mit diesem ›Lümmel‹ Tony Braid meinst, täuschst du dich, Julian«, unterbrach er hastig. »Ich lasse mich nicht von einem Mann beeinflussen, dem ich mein Haus verboten habe. Ich denke lediglich an Ursula. Ich bin selbst in arger Bedrängnis. Ich habe eben nicht das Zeug zum Finanzmann. Und dieser Aktiensturz in Lulanga-Öl gibt mir den Rest.«
»Heute an der Börse waren sie höher – das weißt du wohl schon?«
Lord Frensham nickte. »Ich habe es aus der Zeitung ersehen. Doch nur ganz wenig. Sie müßten um ein Pfund steigen, damit ich aus meinen Sorgen herauskomme.«
Julian blickte ihn prüfend an. »Was hast du denn noch für Sorgen? Ich kenn sie doch alle? Oder nicht?«
Frensham antwortete nicht gleich. Julian, der ihn scharf beobachtete, sah, wie er mit sich rang.
»Nein«, sagte er endlich, »ich habe mich in anderen Märkten engagiert. Ich habe dir natürlich nichts gesagt, weil ich mich nicht lächerlich machen wollte, wenn ich verlor, und ein wenig unabhängig werden wollte, wenn ich gewann. Ich habe verloren. Wann ist Zahltag?«
»Morgen«, sagte Julian. Er kannte die Zahltage! Frensham stand auf und schritt im Zimmer auf und ab, das Kinn auf die Brust gesenkt, die Hände im Rücken verschränkt. Julian Reef wartete, völlig unvorbereitet auf das, was kam.
»Ich muß es dir wohl sagen«, begann Frensham, »nach meinen großen und gewaltigen Worten über Ursulas Geld wirst du mich für den elendsten Heuchler halten. Nicht, was Tony Braid sagte, nicht, was man mir über die Bluebergs berichtete, etwas ganz anderes hat mich hierhergeführt. Eines Tages wird Ursula eine sehr reiche Frau sein – das weißt du nicht, aber es ist Tatsache. Sie hat da einen etwas verwickelten Anspruch auf ein sehr großes Vermögen, und Ursulas vorhandenes Vermögen brauche ich jetzt für mich. Ich bin nun so weit, daß ich ihre Aktien bei meiner Bank verpfänden muß. Ich habe mein Konto überzogen!«
Julians Lippen spitzten sich, als wollte er pfeifen. Doch kein Laut kam. »So schlimm steht's?« fragte er sanft.
»Du kannst mir wohl nicht helfen?« Frensham blickte den Neffen beschwörend an.
Julian schüttelte den Kopf. »Du triffst mich gerade in einer üblen Situation. Ich habe ein Geschäft, das mir wahrscheinlich Millionen eintragen wird, aber es wird sich kaum vor einigen Monaten realisieren. Augenblicklich bin ich verflucht knapp.«
Lord Frensham wanderte ruhelos auf und nieder.
»Ich kenne niemanden, an den ich mich wenden könnte. Ursula würde es sicher tun. Wenn ich sie bäte, würde sie gewiß sofort einwilligen.«
»Warum tust du's nicht?« entfuhr es Julian.
»Weil sie nichts davon erfahren soll.«
Plötzlich blieb er stehen und überlegte finster: »Einen Mann gibt es, der mir das Geld borgen würde. Aber den kann ich natürlich nicht bitten.«
Der junge Mann mit dem roten Gesicht lächelte jetzt nicht mehr. »Du denkst an Tony Braid? So ziemlich der letzte, der dir helfen würde. Hart wie Stein ist der Kerl. Und dann kannst du dir wohl denken, daß du den Preis nicht zahlen könntest, den er fordern würde.«
»Welchen Preis?« fragte Frensham rasch.
Julian lächelte schonungslos. »Überrascht es dich sehr, wenn ich dir sage, daß der betagte Mr. Braid sich auf Ursula Hoffnungen macht?«
»Das hast du schon einmal gesagt«, wies ihn Lord Frensham zurecht. »Rede keinen Unsinn. Übrigens ist er nicht betagt, obwohl er alt genug ist, Ursulas Vater zu sein.«
»Kaum!« In einer ungewöhnlich großmütigen Laune stellte Julian dies fest. »Nein, er ist nicht alt genug, ihr Vater zu sein. Er hat gerade das richtige Alter, ihr Mann zu werden.«
Frensham schwieg, ging zum Fenster und starrte auf die belebte Straße hinab. Nach einer Weile fragte er, ohne sich umzuwenden: »Du glaubst, er hat schon mit ihr gesprochen? – Ach, Unsinn!« Er wandte sich rasch ins Zimmer zurück. »Du siehst also, wie die Sache liegt. Ich muß bis morgen früh Ursulas Aktien haben. Das beste ist, du läßt sie meiner Bank direkt zugehen.«
Julian nickte und hielt die Augen fest und unerschütterlich auf den Oheim gerichtet. »Hast du keine anderen Möglichkeiten – gar keine?« fragte er. Er glaubte dem Alten nicht, grollte ihm und seiner Geldverlegenheit, hatte irgendwie das Empfinden, daß Frensham ihm einen bösen Streich spielen wolle.
»Ich sage dir doch, ich habe verloren und verloren und immer wieder verloren«, brach der Lord gereizt los. Er strich mit den Fingern durch sein unordentliches, graues Haar und stand über den Neffen gebeugt. Es sah aus wie eine Drohung. Julian Reef wußte, daß der alte Mann sich selbst, seiner Doppelzüngigkeit, seiner Schwäche, seinem Verrat an der so geliebten Tochter zürnte.
»Ja«, sagte Frensham langsam, »es bleibt nichts anderes übrig. Braid ist unmöglich. Ich kann mich nicht der Blamage einer Ablehnung aussetzen. Nein, der andere Weg ist schon der bessere. Die Kurse steigen. Ich werde ein Paket Lulanga abstoßen können, dann werde ich etwas Luft haben. Schick die Aktien an – nein, nicht an meine Bank. In mein Büro. Wenn ich sie morgen früh habe, genügt es.«
Mit kurzem Gruß verließ er das Zimmer.
Julian СКАЧАТЬ