Ströme meines Ozeans. Ole R. Börgdahl
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Название: Ströme meines Ozeans

Автор: Ole R. Börgdahl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783847621058

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СКАЧАТЬ hat geschrieben und uns einen Einblick in die neusten Ereignisse des Liverpooler Lebens gegeben. Vater engagiert sich jetzt in einem Fußballverein, der in Kirkdale ansässig ist und der schon seit Jahren auf einem angemieteten Platz seine Spiele austrägt. Vater und Mutter sind oft Zuschauer und auch Victor und ich haben es uns ein- oder zweimal angesehen. Der Fußballplatz wurde bislang von dem Vermieter zu einem vertretbaren Preis überlassen, was sich aber vor ein paar Wochen geändert hat. Die Miete wurde einfach horrende erhöht. Hier sah Vater eine Gelegenheit, als Gönner aufzutreten und versprach, für einen guten Teil der neuen Mietzahlungen aufzukommen. Die Vereinsführung war sehr dankbar, wollte sich aber auch nicht von dem Vermieter übervorteilen lassen. Es gab daher eine andere Entscheidung. Es wurde ein neues Gelände gefunden, ebenfalls in Kirkdale und daher nicht weit von dem alten Spielfeld entfernt. Das Gelände wurde kurzerhand gekauft. Der Fußballverein verspricht sich nun mit einem eigenen Spielfeld und den noch zu errichtenden Gebäuden und Buden mehr Unabhängigkeit. Da Vater nicht dazugekommen ist, die Mietlast zu mildern, weil es nichts mehr zu mieten gab, beteiligte er sich stattdessen an dem Kauf des neuen Fußballplatzes.

      Nantes, 11. Mai 1892

      Am Anfang war ich so begierig, den allerersten Holmes-Roman zu lesen und dann lag das Heft viele Wochen unberührt herum. Ganze fünf Seiten hatte ich noch geschafft und dann nichts mehr. Selbst das Strand Magazine mit den aktuellen Geschichten, welches mir von Mutter fleißig zugesandt wurde, verstaubte auf meinem Nachttisch. Die Dezemberausgabe war das Letzte, was ich noch gelesen hatte. Ich habe aber alles aufgeholt, bin jetzt wieder im Soll. »Die Studie in Scharlachrot« ist gelesen und ich habe mich auch durch das Strand Magazine bis zur Aprilausgabe gearbeitet. Es ist natürlich keine Arbeit, sondern ein Vergnügen, insbesondere dem Beginn der Partnerschaft zwischen Mr. Holmes und Dr. Watson beizuwohnen. Erst jetzt verstehe ich die vielen Hinweise und Andeutungen auf die früheren Fälle des Sherlock Holmes. Ich bin Kriminalgeschichten doch nicht so abgeneigt, wie ich dachte. Aber es liegt wohl auch an der Art, wie Mr. Holmes seine Fälle löst, wie er kombiniert und jedem Ding ein Geheimnis entlockt. Jetzt steht noch »Das Zeichen der Vier« aus, der zweite Holmes-Roman, den ich auch noch zu fassen bekommen muss. Erst dann bin ich auf dem allerneusten Stand. Es wird wieder ein Auftrag an Mutter ergehen müssen.

      Nantes, 15. Juli 1892

      Heute habe ich in der Zeitung eine große Annonce gesehen. Mein Blick fiel sofort darauf, angezogen durch das Wort Paris, das in der Überschrift zu lesen war. Paris ist der Veranstaltungsort für die Weltausstellung des Jahres 1900. Die Jahreszahl selbst erscheint mir so ungewöhnlich. Ich weiß schon heute, dass mir die »18« fehlen wird, dass ich nur schwer meine Tagebuchzeilen mit einer anderen Jahreszahl werde beginnen können. Es sind aber noch fast acht Jahre bis dahin, bis sich diese große Änderung vollzieht. Vielleicht sind Mutter und Vater dann schon längst wieder nach Paris zurückgekehrt, vielleicht haben Victor und ich bis dahin ein halbes Dutzend Kinder. Ich möchte auf jeden Fall im Jahre 1900 zur Weltausstellung in Paris sein, und wenn ich die Ausstellung das erste Mal besuche, dann möchte ich mich an meine Gedanken von heute erinnern.

      Nantes, 18. Juli 1892

      Onkel Gustave ist heute in Nantes. Er besucht uns und hat sich in einem Hotel einquartiert, wir haben ja kein Gästezimmer. Wir sind heute mit ihm zum Essen verabredet, er lädt uns ein. Sein Besuch gilt aber nicht ausschließlich uns, er besucht auch einen Freund, einen Schiffskapitän, der sich in Nantes zur Ruhe gesetzt hat.

      Nantes, 21. Juli 1892

      Gestern habe ich etwas verspätet die aktuelle Ausgabe des Strand Magazines von Mutter erhalten. In diesem Heft enden die Abenteuer von Mr. Holmes und Dr. Watson. Es sind seit Juli vergangenen Jahres genau zwölf Geschichten. Elf Hefte stehen in meinem Bücherregal, nein sie liegen, weil ihr Format die Höhe zwischen den Regalbrettern übertrifft. Das Zwölfte muss aber warten, denn Mutter hat mir noch etwas zukommen lassen. Diesmal ist es ein richtiges gebundenes Buch und kein dünnes Heft. Es ist der von mir schon so lang ersehnte Holmes-Roman, »Das Zeichen der Vier«. Die ersten zehn Seiten habe ich bereits verschlungen.

      Nantes, 17. August 1892

      Über die letzten beiden Tage hatten wir Besuch von auswärts. Der Herr heißt Émile Chazaud und ist ein Schulfreund von Victor. Die beiden haben sich lange nicht gesehen. Émile hatte sich in Paris erkundigt und so erfahren, dass er uns derzeit in Nantes antreffen kann. Émile wollte erst noch geschrieben haben, wie er ausdrücklich versicherte, dann ist er aber einfach so nach Nantes gefahren. Victor hat ihn gestern zum Essen mit nach Hause gebracht und wir haben auf diese Weise einen amüsanten Abend verlebt, mit allerlei Geschichten, die ich noch nicht kannte. Ich werde sie vielleicht später einmal zu Papier bringen, jetzt nur so viel. Victor und Émile sind sehr alte Freunde, die gemeinsam die Volksschule in Paris besucht haben, und zwar solange, bis Victor nach dem Tod seines Vaters im Internat aufgenommen wurde. Émile konnte sich sogar noch an Victors Vater erinnern. Er soll sehr gütig gewesen sein und es gab zwischen ihm und Victor nie ein böses Wort. Als Émile davon erzählte, wurde Victor ganz still. Ich habe dann bewusst ein anderes Thema angestimmt, obwohl ich gerne mehr erfahren hätte. Stattdessen hat Émile dann über seinen Beruf erzählt. Im Gegensatz zu Victor ist er Zivilist, er ist Reisender und arbeitet für die amerikanische Firma Eastman. Émile präsentiert mal in Europa, mal in Übersee die neusten Fotoapparate und die Kunst des Fotografierens. Nach seiner Überzeugung eine Kunst für jeden, der es erlernen möchte. In seinem Gepäck hatte er zur Demonstration eine kleine Kamera dabei, die schon allein beeindruckte, weil Victor und ich bislang nur die großen Apparate kennen, die in den Fotoateliers stehen. Die neue Eastman, wie Émile sie nannte, passt bequem in eine Umhängetasche und lässt sich bei Gelegenheit hervorholen, um die Ereignisse festzuhalten, denen der Fotograf jederzeit begegnen kann. Victor interessierte sich sehr für die technischen Einzelheiten. Émile konnte uns auch einige Fotografien zeigen, die er mit der Kamera aufgenommen hatte und die zunächst etwas merkwürdig anmuteten, weil der Bildausschnitt kreisrund war. Dies fand ich verzeihlich, wo doch die Kamera selbst so beeindruckte. Émile war erst vor ein paar Wochen in Übersee, in Neufundland und zeigte uns auch ein paar kuriose Fotografien von dort. Dies wiederum weckte mein Interesse, weil es beinahe schaurig war. Die Bilder stammten aus St. John's auf Neufundland. Émile hatte sie wenige Tage nach dem großen Brand Anfang Juli aufgenommen. Ich konnte mich dann auch an die Schlagzeilen im Figaro erinnern. Unter den alten Zeitungen, die Jeanette immer fürs Feuermachen aufbewahrt, habe ich den Artikel später sogar noch gefunden. Émiles Fotografien zeigen allerdings mehr, als die Worte in der Zeitung vermitteln können. Es war schon einige Tage nach dem Brand, jeglicher Rauch hatte sich bereits verzogen, sodass alles klar und deutlich zu sehen war. In St. John's finden sich fast ausschließlich aus Holz erbaute Häuser, die bis auf ihre steinernen Kamine ein Raub der Flammen geworden sind. Wenn es aber doch ein Steinhaus war, eine Kirche oder eine Fabrik, so war das hölzerne Dach verschwunden und die Gebäude standen wie leer da, ohne jegliches Innenleben. Ein bedrückender Anblick, einsame Kamine ragen in den Himmel, verbrannte Mauern. Émile hat sich in St. John's umgesehen und überall, wo er es für wichtig erachtete, hat er seine Eastman hervorgeholt und mit wenigen Handgriffen eine Fotografie gemacht. Er hat uns das Fotografieren gezeigt und es ist wirklich einfach. Er hat Victor und mich aufgenommen. Nach dem schönen Abend gestern hat er sich in sein Hotel verabschiedet, ist aber heute Morgen zurückgekehrt, und hat uns vor unserem Haus, im Sonnenschein, noch einmal fotografiert. Émile hat versichert, uns das Ergebnis mit der Post zu schicken, sobald es in einem Labor seiner Firma entwickelt wurde. Ich bin sehr gespannt darauf.

      Nantes, 21. August 1892

      Victor hat seinen Marschbefehl erhalten. Zum Oktober wird er wieder nach Paris versetzt, endlich. Natürlich freue ich mich, obwohl, mittlerweile habe ich mich an Nantes gewöhnt, es ist nicht so hektisch wie Paris und so muss ich mich wohl auch erst wieder in Paris eingewöhnen, nehme СКАЧАТЬ