Название: Das zweite Gleis
Автор: Helmut Lauschke
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742797759
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Aus dem Brief vom 12. Januar 1945 an seine Frau: “Heute hat mir der Rechtsanwalt gesagt, voraussichtlich würde in etwa 14 Tagen gegen mich verhandelt. Die Todesstrafe wäre völlig sicher. Ich war darauf gefasst, aber ich wundere mich doch, einen wie geringen Eindruck diese Mitteilung auf mich gemacht hat. Es liegt wohl daran, dass mich nur noch die Liebe zu Dir, den Kindern und Mama mit der Erde verbindet. Sonst glaube ich, hat sich meine Seele von dem Irdischen weitgehendst frei gemacht. […] Es geht zum Vater. Es ist eigenartig, dass ich mich dabei noch über Essen, Rauchen und ein Buch harmlos freuen kann.”
Franz Reinisch (1. Februar 1903 – 21. August 1942) Priester. Am 3. November 1928 Eintritt bei den Pallottinern. Am 7. Juli 1942 wegen Verweigerung des Fahneneides von einem Militärgericht zum Tode verurteilt und am 21. August 1942 in Brandenburg-Görden enthauptet.
In der Begründung seiner Verweigerung des Fahneneides führte er aus: “Die gegenwärtige Regierung ist keine gottgewollte Autorität, sondern eine nihilistische Regierung, die ihre Macht errungen hat durch Gewalt, Lug und Trug. […] Das NS-Prinzip >Gewalt geht vor Recht< zwingt mich in die Notwehrstellung. Es gibt daher für mich keinen Eid der Treue auf eine solche Regierung.”
Aus dem Abschiedsbrief an die Eltern vom 14. April 1942: “Mein Segen gelte auch meinen lieben Geschwistern und ihren Nachkommen und meiner ganzen Heimat Tirol!”
Kaj Munk (dänischer Dichter und Pfarrer). Er wurde wegen seines Widerstandes gegen das NS-Regime in den ersten Tagen des Jahres 1944 erschossen.
Aus seinen Predigten: “Es gibt Leute, die sich einbilden, dass man die Wahrheit sozusagen einsalzen könne. Man könne sie im Salzeimer versteckt liegen lassen, meinen sie, um sie herauszunehmen und ein Stück davon zu verwenden, wenn sich gelegentlich die Situation dafür eignet. Aber auch bei uns gibt es Leute, die den lebendigen Glauben haben, dass die Wahrheit da ist, um gesagt zu werden, und dass sie nur da ist, wenn sie gesagt wird. […] Aber eines Tages sehen sie ein, dass die Feigheit ihre Zungen nicht mehr binden darf, dass die Leiden, die durch Heuchelei, Schweigen und Lüge über das Volk kommen, tausendmal gefährlicher sind. Auch in unserem Land haben wir einen Herodes, der mit den fremden Göttern Unzucht treibt. Ich meine jenen Geist der Kompromisse, der um des Wohlbefindens willen nicht vor unwürdigen Handlungen zurückschreckt.”
An seine Landsleute im Gefängnis, weil sie für die Wahrheit eintraten: “Ihr habt Euch der Sache der Wahrheit angenommen, während einige das Lügen und andere das Schweigen vorzogen. Ihr habt dadurch eine Tat vollbracht, aus der eine wahre Zukunft sprossen kann.”
“Du Grundgütiger Heiliger Geist! Trockne mir die Tränen von den Augen, damit ich den Erlöser erblicke, den Erlöser klar genug, dass ich meinem Volke jetzt in seiner Schicksalsstunde von Ihm zu erzählen vermag,”
“So beten wir dänischen Pastöre im Jahre 1941. Die Kanzel ist uns eine Stätte solcher Verantwortung geworden, dass wir unter unserem Talar schlottern, wenn wir ihre Stufen betreten. […] Hier drinnen gilt nur des Heiligen Geistes Zensur, und das ist die Zensur, die uns nicht zwingt, zu schweigen, sondern zu reden! […] Die Kirche ist … der Ort, wo Barmherzigkeit geübt werden soll als Quell des Lebens, als der Herzschlag der Menschheit. Und wo man etwas anderes lehrt als diesen Glauben, da lehrt man Dschungel und Tod.”
Christoph Probst (6. November 1919 – 22. Februar 1943): Enthauptet in München-Stadelheim. Er und sein Kommilitone Alexander Schmorell führten die Widerstandsbewegung der Münchner Studenten an. Sie handelten aus dem Gewissen heraus und starben in einer Zeit, als das Gewissen in Deutschland unter Strafe stand. Ihre Tat war ein Lichtsignal in der Dunkelheit der deutschen Geschichte.
Aus dem Brief von Christoph Probst vom 22. Februar 1943: “Meine liebste Herzensschwester! Samstag, als ich meinen Urlaubsschein für Tegernsee holen wollte, wurde ich festgenommen und nach München gebracht. Nun sitze ich zum ersten Mal in meinem Leben in einer Zelle und weiß nicht, was der nächste Tag bringt. […] Liebe, beunruhige Dich nicht, mach Dir keine Sorgen um mich. Wenn die Tage auch schwer sind, so waren sie ja vorher auch nicht leichter. Wie schwer mir die Trennung von Frau und Kindern ist, weißt Du. Aber mein Vertrauen und meine Hoffnung sind stark und helfen mir.”
Aus dem Brief von Christoph Probst vom 22. Februar 1943 an die Mutter: “Ich danke Dir, dass Du mir das Leben gegeben hast. Wenn ich es recht bedenke, so war es ein einziger Weg zu Gott. Seid nicht traurig, dass ich das letzte Stück nun überspringe. Bald bin ich noch viel näher bei Euch als sonst. Ich werde Euch dereinst einen herrlichen Empfang bereiten.”
Die Briefe an seine Schwester und Mutter wurden am Tage der Verhandlung vor dem Volksgerichtshof geschrieben. Noch am Nachmittag desselben Tages wurde er enthauptet. Mutter und Schwester lasen die Abschiedsbriefe im Beisein einer Aufsichtsperson. Ausgehändigt wurden die Briefe nicht.
Alexander Schmorell (16. September 1917 in Orenburg [am Uralfluss] – 13. Juli 1943). Hingerichtet in München-Stadelheim.
Letzter Brief an die Eltern vom 13. Juli 1943: “Meine lieben Vater und Mutter! Nun hat es doch nicht anders sein sollen, und nach dem Willen Gottes soll ich heute mein irdisches Leben abschließen, um in ein anderes einzugehen, das niemals enden wird und in dem wir uns alle wieder treffen werden. Dies Wiedersehen sei Euer Trost und Eure Hoffnung. […] Ich gehe hinüber in dem Bewusstsein, meiner tiefen Überzeugung und der Wahrheit gedient zu haben. Dies alles lässt mich mit ruhigem Gewissen der nahen Todesstunde entgegensehen. Denkt an die Millionen junger Menschen, die draußen im Feld ihr Leben lassen – ihr Los ist auch das meinige. In wenigen Stunden werde ich im besseren Leben sein, bei meiner Mutter, und ich werde Euch nicht vergessen, werde bei Gott um Trost und Ruhe für Euch bitten.”
Roger Péronneau (9. November 1920 – 29. Juli 1942). Student; zum Tode verurteilt am 23. März 1942, erschossen zu Mont-Valérien nach elfmonatiger Kerkerhaft.
Aus seinem Abschiedsbrief: “Innig geliebte Eltern, ich werde sogleich erschossen werden – um die Mittagsstunde, und jetzt ist es 9¼. Das ist eine Mischung aus Freude und Erregung.
Verzeiht mir allen Schmerz, den ich Euch bereitet habe, jetzt bereite und noch bereiten werde. Verzeiht mir alle wegen des Bösen, das ich getan, wegen des Guten, das ich nicht getan habe.
Mein Testament ist kurz: Ich beschwöre Euch, euren Glauben zu bewahren. Vor allem: keinen Hass gegen die, die mich erschießen. >Liebet Euch untereinander!< hat Jesus gesagt, und die Religion, zu der ich zurückgekehrt bin und von der Ihr nicht lassen sollt, ist eine Religion der Liebe.“
Cato Bontjes van Beek (14. November 1920 – 5. August 1943), Studentin; verhaftet 20. September 1942 wegen zweimonatiger Zugehörigkeit zu einer jugendlichen Widerstandsgruppe; zum Tode verurteilt am 21. Januar 1943; hingerichtet in Plötzensee am 5. August 1943.
Abschiedsbrief (als Kassiber in der abgegebenen Wäsche gefunden): “Plötzensee, den 5. August 1943. Meine liebe, liebe Mama, ich habe geglaubt, ich könnte Dir diesen Brief als Geburtstagsbrief schreiben, und nun wird es der allerletzte an Dich sein. Meine Mama, es ist nun soweit, und ich werde nur noch ein paar Stunden unter den Lebenden sein. […] Die Ruhe, die ich mir immer für diese letzten Stunden gewünscht habe, ist nun auch wirklich bei mir, und sie gibt mir viel Kraft, mit meinen Gedanken bei Dir zu weilen, bei Tim in Russland und bei Meme und bei allen anderen Lieben. Ich sagte es Dir schon bei der letzten Sprechstunde, dass ich es als eine Gnade empfinde, jede Nacht in meinen Träumen bei Euch in Fischerhude zu sein. Könnte ich doch meine Ruhe auch auf Dich übertragen. Mein Herz ist so übervoll, um Dir zu danken, СКАЧАТЬ