Название: Joseph Conrad - Seefahrer und Schriftsteller
Автор: Joseph Conrad
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
isbn: 9783738066296
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Rede von splitternden Planken und krachenden Spanten! Dieser Schiffbruch liegt mir mit dem Grauen und Entsetzen eines Mordes auf der Seele, mit so unvergessbaren Gewissensbissen, als hätte ich ein lebendiges, treues Herz mit einem einzigen Schlage zermalmt. Im einen Augenblick das Rauschen und die erhabene Schwinge der Schnelligkeit; im nächsten ein Krach, und Tod, Stille – ein Augenblick furchtbarer Reglosigkeit; der Gesang des Windes hat sich in schneidendes Jammern verwandelt, und das schwere Wasser kocht drohend und träge um den Leichnam herum auf. Ich sah in einer erschütternden Minute die Fockrah mit einem brutalen Schwung in Längsschiffrichtung fliegen und die Männer in einem Haufen wie Wahnsinnige und fluchend vor Angst an der Schleppleine des Bootes holen. Mit der seltsamen Empfindung, die stets das Gewohnte willkommen heißt, sah ich auch Cesar unter ihnen und erkannte ich Dommies alte, wohlbekannte, wirkungsvolle Geste, den waagerechten Schwung seines kräftigen Armes. Ich entsinne mich genau, dass ich mir sagte: „Selbstverständlich muss Cesar jetzt zu Boden gehen“, und dann versetzte mir die hin und her fegende Pinne (ich hatte sie losgelassen und war dabei, auf allen Vieren fortzukriechen) einen harten Schlag unters Ohr, der mich ohnmächtig zusammenfallen ließ.
Ich glaube nicht, dass ich länger als ein paar Minuten besinnungslos war, aber als ich wieder zu mir kam, trieb das Dingi vor dem Winde in eine kleine geschützte Bucht; zwei Mann hielten es mit den Riemen nur eben auf Kurs. Dominic saß neben mir auf dem Achtersitz, er hatte einen Arm um meine Schulter gelegt und stützte mich.
Wir landeten an einem wohl vertrauten Teil der Küste. Dominic nahm einen Riemen aus dem Boot mit. Ich glaube, er dachte an den Fluss, über den wir nachher hinweg mussten; es lag da zwar ein elendes Punt, aber der dazugehörige Staken war oft gestohlen. Zuallererst mussten wir jedoch die Hügelreihe im Rücken des Kaps ersteigen. Er half mir hinauf. Mir war schwindelig. Mein Kopf war sehr dick und schwer. Als wir die Höhe erreicht hatten, hing ich nur noch so an ihm und wir hielten an, um auszuruhen.
Die weite, rauchige Bucht unter uns war leer. Dominic hatte Wort gehalten. Kein Span und kein Splitter war mehr um den schwarzen Felsen herum zu sehen, von dem die TREMOLINO, als ein einziger Schlag ihr tollkühnes Herz zerbrochen hatte, in tiefes Wasser zur ewigen Ruhe hinabgeglitten war. Treibende Nebel erstickten die Unermesslichkeit der offenen See, und mitten unter der lichter werdenden Bö jagte der unwissende Guardacosta unter furchtbarem Segelpress wie ein Phantom weiter auf der Verfolgung nach Norden. Unsere Leute kletterten schon den jenseitigen Abhang hinab, um das Punt zu suchen, das, wie wir aus Erfahrung wussten, nicht immer leicht zu finden war. Ich sah mit stumpfen, verschleierten Augen hinter ihnen her. Eins, zwei, drei, vier.
„Dominic, wo ist Cesar?“ schrie ich.
Der Padrone machte, als wollte er den bloßen Klang des Namens abwehren, jene weite, schwunghafte Niederschlagsgeste. Ich trat einen Schritt zurück und starrte ihn erschreckt an. Sein offenes Hemd enthüllte den starken Nacken und das dichte Haar auf seiner Brust. Er stieß den Riemen senkrecht in die weiche Erde, rollte langsam den rechten Ärmel auf und streckte den bloßen Arm vor mein Gesicht hin.
„Dies“, begann er mit äußerster Langsamkeit, in deren übermenschlicher Zurückhaltung die unterdrückte Heftigkeit seines Gefühls zitterte, „ist der Arm, der zugeschlagen hat. Den Rest, fürchte ich, hat Ihr eigenes Geld besorgt. Ich hatte Ihr Geld ganz vergessen.“ Er schlug in plötzlichem Schmerz die Hände zusammen. Ich vergaß es! Ich vergaß es!“ wiederholte er verzweifelt.
„Cesar stahl den Gürtel?“ stammelte ich bestürzt.
„Wer sonst? Canallia! Er muss Ihnen tagelang nachspioniert haben. Und er hat das Ganze angestiftet. In Barcelona den ganzen Tag fort. Tradidore! Verkaufte seine Jacke – weil er ein Pferd mieten wollte. Haha! Ein guter Handel! Ich sage Ihnen, er war es, der ihn auf uns gehetzt hat...“
Dominic zeigte hinaus auf die See, wo der Guardacosta nur noch als dunkler Fleck zu sehen war. Sein Kinn sank auf die Brust.
„... mit genauer Nachricht“, murmelte er mit trauriger Stimme. „Ein Cervoni! Ach! Mein armer Bruder ! ...“
„Und Sie haben ihn ertränkt“, sagte ich schwach.
„Ich schlug einmal zu, und der Schuft ging unter wie ein Stein – mit dem Gold. Ja. Aber er hatte vorher Zeit, in meinen Augen zu lesen, dass nichts ihn retten konnte, solange ich lebte. Und hatte ich nicht das Recht dazu – ich, Dominic Cervoni, Padrone, der ihn an Bord Ihrer Fellucca gebracht hat – meinen Neffen, einen Verräter?“
Er zog den Riemen wieder aus der Erde und half mir vorsichtig den Abhang hinab. Während der ganzen Zeit sah er mir nicht ein einziges Mal ins Gesicht. Er stakte uns im Punt über den Fluss, schulterte wieder den Riemen und wartete, bis unsere Leute einen gewissen Vorsprung hatten; dann erst bot er mir seinen Arm an. Nachdem wir eine kurze Strecke gegangen waren, kam das kleine Fischerdorf in Sicht, unser Ziel. Dominic blieb stehen.
„Meinen Sie, dass Sie allein bis zu den Häusern gehen können?“ fragte er mich ruhig.
„Ja, ich glaube. Aber warum? Wo wollen Sie hin, Dominic?“
„Nirgends. Was für eine Frage! Signorino, Sie sind nicht viel mehr als ein Junge, wenn Sie einen Mann, der diese Geschichte in seiner Familie hat, so etwas fragen. Ah! Traditore! Was hat mich nur dazu gebracht, dass ich dieses hungrige Teufelsgezücht jemals als unser Blut anerkannt habe! Dieb, Betrüger, Feigling, Lügner – anderen Leuten mag das recht sein. Aber ich war sein Onkel und so ... Ich wollte, er hätte mich vergiftet, charogne! Aber dieses: Dass ich als Vertrauensperson und Korse Sie um Verzeihung bitten muss, weil ich an Bord Ihres Schiffes, dessen Padrone ich war, einen Cervoni brachte, der Sie dann verraten hat – einen Verräter! – das ist zuviel. Es ist zu viel. Gut, ich bitte Sie um Verzeihung; und Sie mögen Dominic ins Gesicht spucken, weil ein Verräter unseres Blutes uns alle besudelt. Ein Diebstahl kann unter Männern wieder gut gemacht, eine Lüge berichtigt, ein Tod gerächt werden, aber was kann man tun, um eine Verräterei wie diese zu sühnen? ... Nichts.“
Er drehte sich um und ging von mir fort am Ufer des Stromes entlang, er schwang den rächenden Arm und wiederholte leise mit wildem Nachdruck: „Ah! Canaille! Canaille! Canaille! ...“ Er ließ mich zitternd vor Schwäche und stumm vor Grauen zurück. Unfähig, einen Laut hervorzubringen, starrte ich der seltsam verlassenen Gestalt dieses Seemannes nach, der unter dem trostlos bleiernen Himmel des letzten Tages der TREMOLINO eine unfruchtbare, geröllbedeckte Felsschlucht emporstieg und einen Riemen über der Schulter trug. Langsam, den Rücken zur See, ging er dahin. So entschwand Dominic meinen Augen.
Wie sich die Größe unserer Wünsche, Gedanken und Verwunderungen zu unserer unendlichen Kleinheit verhält, so messen wir selbst die Zeit nach unserer Leibesgröße. Wir sitzen im Gehäuse unserer persönlichen Illusionen gefangen, und uns scheint, dass es weniger bedeutet, auf dreißig Jahrhunderte Menschheitsgeschichte zurückzublicken, als auf dreißig Jahre des eigenen Lebens. Dominic Cervoni nimmt in meiner Erinnerung den Platz an der Seite des sagenhaften Wanderers über das wunder- und schreckensreiche Meer, an der Seite des unheilvollen und ehrfurchtslosen Abenteurers ein, dem der heraufbeschworene Schatten des Sehers eine Reise verkündete, eine Reise landeinwärts, bei der er ein Ruder auf der Schulter tragen und so weit gehen würde, bis er auf Menschen träfe, die noch niemals Schiffe und Ruder gesehen hätten. Mir scheint, ich sehe sie Seite an Seite im Zwielicht eines unfruchtbaren Landes, die unglücklichen Besitzer der geheimen Wissenschaft vom Meer; sie tragen, von schweigsamen und neugierigen Menschen umgeben, das Wahrzeichen ihres harten Berufes auf der Schulter: wie denn ich, der gleichfalls der See den Rücken gekehrt hat, diese wenigen Blätter mit der Hoffnung durchs Zwielicht trage, in einem Tale landein den schweigsamen Willkomm eines geduldigen Zuhörers zu finden.
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