Название: Dog Soldiers
Автор: Thomas GAST
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783738089905
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»Helena?«
Ich hörte den Namen dieser Stadt zum ersten Mal.
Lebœuf nickte.
»Etwa die Gegend wo Sie hinwollen. Im Bett des Last Chance Creek, so munkelt man, liegt Gold. Na ja, zumindest ist es das, was die Blackfeet behaupten.«
Er zwirbelte seine Bartenden zwischen den Fingerspitzen nach oben, nahm einen kräftigen Schluck direkt aus der Flasche und rülpste. Dann flüsterte er einen Namen, ’Grizzly Gulch’ vermeinte ich zu verstehen, war mir aber nicht ganz sicher, während sein Blick schwer auf Annemarie, Ernst Bodenhausens Frau fiel. Mit zuckersüßer Stimme sprach er sie sogleich an.
»Darf ich um diesen Tanz bitten?«
In Annemaries Augen spiegelte sich Überraschung.
Der Franzose hatte sich fein rausgeputzt. Er trug einen schwarzen Anzug, der seine imposante Gestalt jedoch nicht verbarg, im Gegenteil. Wenn er sich bewegte, was er ständig tat, konnte man deutlich das Muskelspiel seines gut trainierten Oberkörpers erkennen. Gut einen Kopf größer als alle anwesenden Männer, war er sich sehr wohl bewusst, allein durch sein Aussehen schon im Mittelpunkt zu stehen. Lebœuf war auch ein perfekter Tänzer. Er führte Annemarie im Dreivierteltakt so eng, als wären sie miteinander verwachsen, und seine Drehungen waren gekonnt. Annemaries Abneigung Lebœuf gegenüber wich von Sekunde zu Sekunde und schon bald wich auch ihr sonst so bodenständiger Blick dem der absoluten Entzückung. Hierbei sei bemerkt, dass Annemarie eine attraktive Frau im besten Alter war. Ich selbst hatte sie heimlich schon oft bewundert und mich im Stillen gefragt, wie Ernst es angestellt hatte, eine so zierliche und bezaubernde Frau dazu zu bewegen, ihm hierher in die Wildnis zu folgen. Sie hätte besser in eine Modegalerie in Berlin oder in Paris gepasst.
Bodenhausen selbst saß mit verkrampfter Miene neben mir, seinen Blick voller Wut und Unverständnis auf das tanzende Paar gerichtet.
»Wie lange muss ich mir das noch gefallen lassen?«, fragte er.
Er trank eindeutig zu viel.
»Wir sind jetzt fast zwanzig Jahre lang verheiratet und Annemarie hat noch nie mit jemand anderem getanzt als mit mir ... zumindest nicht so! So was aber auch!«
Ratlosigkeit mischte sich in seine Stimme, die einst entschlossen und zielstrebig geklungen hatte.
Ich zuckte nur mit der Schulter, denn ehrlich gesagt interessierte mich das im Augenblick nicht allzu sehr. Mit zunehmender Stunde hatte ich nur noch Augen für Carmen, deshalb achtete ich nicht besonders auf Bodenhausens für mich unwichtige Probleme. Auch ich hatte tief ins Glas geschaut.
»Es würde nicht auffallen, wenn wir kurz verschwinden«, flüsterte ich ihr zu und versuchte meiner Stimme einen männlichen, festen Klang zu geben. Carmen jedoch lachte nur schelmisch und unterhielt sich weiter angestrengt mit Margaret und Phillip über eine neue Tanznummer.
Plötzlich saß Lebœuf neben mir. In der einen Hand hielt er ein Blatt Papier und in der anderen einen schwarzen Kohlestift.
»Hier!« Er malte eine Linie, die zickzackförmig von Nordosten nach Südwesten verlief. »Das ist der Missouri zwischen Fort Benton und Helena. Und das ...«
Kenneth und Paul waren inzwischen aufmerksam geworden und hatten sich zu uns gesetzt. Auch Bodenhausen rückte, wenn auch widerwillig, näher.
Lebœuf zeichnete einen kleinen Kreis. »Das ist Helena.«
Alle nickten, rückten noch näher.
Fast theatralisch zog er nun eine direkte Linie in das linke untere Eck des Blattes. »Meine Herren, ich stelle vor ... Grizzly Gulch! Unser Ziel!«
Wir hielten den Atem an. So lange zumindest, bis es fast aus allen Kehlen gleichzeitig nur so sprudelte und alle auf einmal zu Wort kommen wollten.
»Grizzly Gulch?«
Kenneth verrenkte sich fast den Hals.
»Und da wollen wir hin?«
»Oh Gott, hört sich aufregend an!«, entfuhr es Annemarie.
»Was gibt es in Grizzly Gulch, was es in Helena nicht gäbe?«, fragte Carmen und es wurde plötzlich still.
Lebœuf warf ihr einen Blick zu, der mir gar nicht gefiel. Er tat, als wäre ich Luft, und starrte sie an, als sähe er sie zum ersten Mal. Dabei zog er sie mit seinen Blicken fast aus, stöberte tief in ihrer Intimität, zu tief, fand ich.
Interessant und völlig neu für mich jedoch war, dass Carmen, anders als ich es erwartet hätte, diesen Blick frech erwiderte.
Nach einer Weile, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, bleckte Lebœuf grinsend seine Zähne und lachte Carmen unverschämt über den Tisch hinweg an.
»Nichts«, antwortete er. »Noch nicht! Aber es sieht so aus, als ob es dort tatsächlich Gold gibt.«
Annemarie Bodenhausen hatte sich zwischen ihren Mann und Lebœuf gezwängt. Etwas musste geschehen sein, denn ihre Augen hingen wie gebannt an Lebœufs Lippen. Wie zufällig berührte seine Hüfte ihren Ellbogen, doch sie machte keinerlei Anstalten sich dieser Berührung zu entziehen. Ein schneller Seitenblick verriet mir, dass auch Ernst Bodenhausen dieses Detail nicht entgangen war, denn er bekam einen knallroten Kopf. So gut es ging, versuchte er diese scheinbar unbedeutenden Zufälligkeiten zu ignorieren, doch in ihm kochte es.
Lebœuf indes sprach weiter, als wäre nie etwas geschehen.
»Wo es Gold gibt, entstehen Orte, in denen man Geschäfte treiben kann. Heute ist es ein mieses Zeltlager mit einer Handvoll Digger und einigen verwegenen Abenteurern, aber morgen vielleicht schon sind Zehntausende dorthin unterwegs und die Bibel irrt, wenn sie sagt, die Letzten werden die Ersten sein. Wenn Sie mich fragen, so sind die Ersten diejenigen, die ans große Geld kommen, die besten Claims abstecken und, wie in eurem Fall, die Ersten, die den Menschen was bieten können und somit berühmt werden.«
Man konnte von Lebœuf halten, was man wollte, aber eines konnte er sicherlich. Gut und überzeugend reden!
Phillip, Mary und Jo Ann tanzten vor Freude.
»Wir werden berühmt, berühmt. Ist das nicht aufregend!«
Ich unternahm nichts, um ihre Freude zu dämpfen, denn auch ich schwebte auf einer weißen Wolke. Margaret und Julius hingegen gaben sich skeptisch, doch ihre Einwände gingen in der allgemeinen Euphorie unter.
Es war gegen achtzehn Uhr, und die Sonne berührte bereits den Horizont. Ihre langen, grellen Zungen brachen sich auf dem schlammigen Gewässer, das sich an dieser Stelle träge gab und nur langsam dahinfloss. Erst lange nach Einbruch der Dunkelheit begaben wir uns in unsere Zimmer.
Wir belegten vier Räumlichkeiten in der Etage direkt unter dem Deck. Darin war es stickig, voller Rauch und eng. Wie dieser Abend weiter verlief, so muss ich zu meiner Schande gestehen, wusste ich nicht mehr. Ich erwachte urplötzlich aus einer Art Tiefschlaf, weil die Detonation eines Schusses mein Trommelfell fast zum Platzen brachte, und ich war schlagartig nüchtern.
Aus einem Reflex heraus sah ich hinüber, dorthin, wo Carmen sich schlafen gelegt hatte. Ihr Bett war leer! Zeit darüber nachzudenken hatte ich wenig, denn plötzlich wurden im Flur Stimmen laut.
»Er СКАЧАТЬ