Название: Ut oler Welt - Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime - 150 Seiten
Автор: Вильгельм Буш
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742763068
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die Hebamme ihr Beistand geleistet und das Kindlein
geboren und gewaschen war, reichte ihr das Männlein
ein Glas mit wohlriechendem Öle und forderte sie auf,
das Kindlein damit einzureiben. Nun hatte die Hebamme
trübe, thränende Augen und darum die Gewohnheit,
von Zeit zu Zeit mit der Hand darüber zu
streichen. Als sie nun so mit dem Einreiben des Kindes
beschäftigt war, juckte und flirrte es ihr auch wieder
in dem einen Auge, so daß sie mit dem Finger herüberfuhr
und es auswischte.
Nachdem sie nun das Kind angezogen hatte und
sich zum Weggehen anschickte, gab ihr der Zwerg einiges
Geld. Sie ging darauf an das Bett der Wöchnerin,
um ihr gute Besserung zu wünschen und Adieu zu
sagen. Die Wöchnerin zog sie aber nahe zu sich und
sagte ihr heimlich ins Ohr: sie sollte das Geld, welches
ihr der Mann gegeben, nur wegwerfen, aber statt
dessen den Kehricht aufraffen, der da vor der Stubentür
an der Schwelle läge. Das that sie, behielt aber
doch auch das Geld. Während dem hatte der Zwerg
seine Laterne wieder angezündet, begleitete die Hebamme
nach Hause und verabschiedete sich von ihr,
nachdem er sich noch vielmals für die gute Hilfe bedankt
hatte.
Als jetzt die Frau nach ihrem Gelde sehen wollte,
war es Pferdemist, der Kehricht aber war eitel rothes
Gold.
Einige Zeit darnach ging die Hebamme zum Jahrmarkt
in die nächste Stadt und gedachte da tüchtig
einzukaufen, denn sie hatte nun Geld in Menge. Sie
mußte sich ordentlich drängen lassen, so voll war's da
auf dem Markte. Da sah sie auf einmal denselben
Zwerg, der sie in der Nacht zu seiner Frau geholt
hatte; er ging von einer Krambude zur andern und
packte in seinen Schnappsack, was ihm gefiel, schöne
Honigkuchen und gute, braune Pfeffernüsse, Bänder
und Tücher, ohne daß die Eigentümer das Geringste
zu merken schienen. Die Frau drängte sich zu ihm
hin, tupfte ihm mit dem Finger auf die Schulter und
redete ihn an: »Sieh da! Guten Tag, guten Tag, Herr
Zwerg! Auch hier?« Der Zwerg drehte sich rasch um
und sah die Frau so recht verwundert an. »J! Frau!« –
sagte er – »kann Sie mich denn sehen?« »O ja, recht
gut! Warum das nicht?« »Und mit beiden Augen?«
fragte der Zwerg. Die Frau hielt das rechte Auge zu.
»Nein, nun sehe ich ihn nicht.« Darauf drückte sie das
linke Auge zu. »Ja, nun sehe ich ihn wieder.« »J!« –
sagte der Zwerg – »das ist doch sonderbar! Zeige Sie
mal her! Puh!« Da pustete er ihr ins rechte Auge, daß
es sogleich blind wurde und sie nicht wieder damit
sehen konnte ihr Lebelang.
4. Ilsabein.
Es war einmal ein Mädchen, hieß Ilsabein, das hatte
rothe Augen und konnte auch nicht zum Besten damit
gucken; darum so wurde es alt und wartete lange vergeblich
auf einen Freier, der es möchte unter die
Haube bringen. Endlich ließ sich einer melden auf den
Nachmittag, denkend: »es wird so schlimm nicht sein,
wie's die Leute machen, du sollst dich selbst erst
überzeugen, ob das Mädchen wirklich nicht gut sehen
kann.« Da stellte Ilsabein beizeiten eine Leiter an die
Hausthüre, nahm eine Nähnadel von der feinsten
Sorte und steckte sie hoch oben in den Thürriegel.
Nach Mittag kam der Bräutigam richtig an, und Ilsabein,
die ihn schon erwartet hatte, sprang ihm munter
auf dem Hof entgegen und faßte ihn bei der Hand, daß
sie ihn ins Haus brächte. »Sieh doch einmal, mein
Schatz!« sprach sie da, »dort oben im Thürriegel
steckt wahrhaftig eine Nähnadel.« »Ei wirklich!«
sagte der Freier, der seine Augen ordentlich anstrengen
mußte, um die Nadel in der Höhe zu bemerken,
»das ist wirklich eine Nähnadel!« und dachte bei sich:
»Das Mädchen sieht doch schärfer, als die Leute wohl
denken mögen; die nimm nur!« So gingen sie denn
ganz einmüthig zusammen in die Stube und setzten
sich an den Tisch. Mit dem so brachte die Muhme das
Vesperbrod herein, hatte auch eine schöne große Butterbemme
beigelegt und stellte das alles vor die
Brautleute auf den Tisch. Wie nun Ilsabein die große
Butterwälze da so auf dem Tische stehen sah, meinte
sie nicht anders, als ihre weiße Katze wär's, welche
von dem Vesperbrode naschen wollte. »Schuh!« rief
sie, »Katzut!« und klappte mit der Hand in die weiche
Butter. СКАЧАТЬ