Der Weg nach Afrika. Helmut Lauschke
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Название: Der Weg nach Afrika

Автор: Helmut Lauschke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783753185613

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СКАЧАТЬ nach mehr zu wünschen übrig liess. Doch nichts war geschehen, was dem Wort "Verantwortung" Ehre gemacht hätte, weshalb Dr. Ferdinand in ein Selbstgespräch verfallen war, dessen Satzgegenstände die Dinge der höchsten Dringlichkeit zwar exakt bezeichneten und ihnen die entsprechenden Tu- oder Tätigkeitsworte ebenso exakt zuordnete, jedoch konjunktivisch aussprechen musste, weil eben nichts in Richtung Grundhygiene geschah.

      Er verurteilte scharf das nachlässige Verhalten gegen besseres Wissen und tadelte die ärztliche Verantwortungslosigkeit, auch wenn den "erhobenen" und von den stinkenden "Trivialitäten" des Alltags abgehobenen Akademikern der Ekel überkam und in der Blasiertheit, die viele "gebildete und feinfühlige" Akademiker fürchterlich auszeichnet, zum Ausdruck gebracht wurde, dass man schliesslich nicht so viele Jahre mit dem Studium der Medizin zugebracht hätte, um hinterher als "Arzt" mit Doktorgrad in einen voll geschissenen Toilettentrichter zu blicken. Dafür gäbe es doch Leute der geringeren Ausbildung, die mit Scheisse besser umgehen können als wir. Die Verkennung des Problems und die Arroganz der Worte, mit der Scheisse nichts am Hut zu haben, empfand Dr. Ferdinand als eine Unverschämtheit, und er tat sie in das Kästchen der bleibenden Erinnerung, wobei manche Doktoren aufgrund ihres unärztlichen Verhaltens mit den bis zur Kritiklosigkeit abgerichteten und skrupellosen Schreibärschen der verantwortungslosen Verblödung in einen Topf geworfen wurden.

      Wie können die Patienten vor Ärzten Achtung haben, die ihnen den Scheissgestank und die verstopften Toiletten zur Benutzung vorhalten, fragte er sich in Erinnerung an das Sprichwort, dessen Ursprung wahrscheinlich Europa mit seinen ersten Spültoiletten war, und das ihm seine Mutter, als er schon Student war, zur Nachdenklichkeit so manches Mal vorgehalten hatte, als sie sagte: "Schau dir bloss die Toilette an, dann weisst Du, ob das Haus sauber ist oder nicht." Da sich Dr. Ferdinand nicht vorstellen konnte, dass die Mütter der Kollegen nicht dasselbe ihren Söhnen auch beigebracht hatten, wurde er böse, weil sie die Weisheit der Mütter nicht zu Herzen genommen hatten, die er diesbezüglich höher ansetzte als das später Hinzugelernte.

      Da auch der neue Superintendent sich von der katastrophalen Toilettensituation nicht persönlich überzeugte, wahrscheinlich fühlte auch er sich zu "fein" dafür, blieb das Hospital, was die Toiletten anging, weiterhin ein "Saustall". In den Sälen änderte sich ebenso wie in den Operationsräumen nichts. Den Patienten, Schwestern und Ärzten wurde das Unzumutbare einfach weiter zugemutet; und von der Bantu-Administration, die in bequemen, vollklimatisierten Räumen mit Tee- und Speiseküche weit weg in Ondangwa untergebracht und mit polierten Schreibtischen, hochlehnigen Lederstühlen und Sitzgarnituren der höchsten Bequemlichkeit ausgestattet war, liess sich nicht ein Verwaltungsarsch im Hospital blicken, wie es der 'Sekretaris' vor einem Jahr versprochen hatte.

      Bei dem Zustand des baulichen Verfalls und der sanitären Verrottung waren umfangreiche Reparaturarbeiten notwendig, die sicher kostenaufwendig gewesen wären, wenn die Einrichtung des Hospitals auf die Höhe des menschlich Zumutbaren gebracht werden sollte, was eine Anhebung der Arbeitsqualität zur Folge gehabt hätte. Die Menschen der Verwaltung kümmerten sich jedoch um nichts, als wäre es ihre Aufgabe nicht, den ihnen zugeschriebenen Teil der Verantwortung zu tragen und tätig zu werden, um den Zusammenbruch der Einrichtung zu verhindern. Sie lehnten sich in ihren bequemen Sesseln zurück, tranken Tee oder Kaffee pünktlich zur gewohnten Zeit und dachten über die Dinge des Privaten nach, denn der persönliche Vorteil lag ihnen am Herzen.

      Am Telefon, wenn die Leitung es tat, und sie sich nicht verleugnen liessen, sprachen diese arbeitsscheuen Typen trotz leerer Schreibtische von Überlastung und der grossen Verantwortung, die sie trügen. Sie waren geübt, Lügen zu sprechen und Versprechungen zu machen, die nie gehalten wurden. Sie versicherten sich selbst und bewegten die bewilligten Gelder unsichtbar, das teilten sie und schoben die Teile der unterschiedlichen Anhäufung nach den Massstäben der persönlichen Unverschämheiten über den Tisch und in die weit geöffneten Taschen hinein, die zum leichteren Reinschieben an die Tischkanten herangehalten wurden. Beim Einfüllen fremder Gelder galt das Proporzprinzip, wobei die Taschen in direkter Proportionalitat zu den Gehaltsstufen abgefüllt wurden, dass der Reissverschluss der Tasche nicht mehr geschlossen werden konnte, deren Inhaber schon das meiste Geld per Gehalt einstrich. Es wurde als grosszügige Geste der anderen Taschenoffenhalter gewertet, dass ihnen aus der übervollen Tasche noch etwas nachgesteckt wurde, damit der Reissverschluss die bis zur Ausbauchung gefüllte Tasche endlich schliessen konnte, weil die verschlossenen Taschen den Trägern mehr Sicherheit gab, wenn sie die Büros pünktlich verliessen und so das reingeschobene und versteckte Fremdgut unauffälliger im Kofferraum der Autos zwischen Brennholz für das Barbecue und den neuen Reifen verstauten, die ihnen gratis dazugelegt wurden.

      Die Geschäfte mit dem Ein- und Ansammeln zum Nulltarif hatten sie zu eingeschworenen Freunden gemacht; die Freundschaft lohnte sich, sie zahlte sich in einer Höhe aus, deren Zahlen soweit vor dem Komma standen, dass da spielend fünf und auch sechs Nullen Platz hatten, was alle vorherigen Erwartungen übertra£ Das war etwas, was richtig zum Anfassen war, mit dem jeder etwas Grösseres anfangen konnte. Sie fingen auch etwas mit den "verschwundenen" Geldern an, war es der Kauf von Farmen, Etagenhäuser zum Vermieten der Wohnungen oder Autowerkstätten mit angeschlossener Tankstelle, wobei die Gelder mühelos die Grenze passierten und bis nach Südafrika flossen. Es waren Geschäfte, die sich auszahlten, die lohnender waren und keine Kopfschmerzen machten, als sich mit dem elenden Hospital herumzuschlagen, wo die Hände durch das misstrauische Militär sowieso gebunden waren.

      Dieses Händebinden nahmen die korrupten Vögel, die sich hinter den Verwaltungsärschen verbargen, gerne hin, um das Gebundensein aus militär-strategischen Gründen als Vorwand für die heuchlerische Entschuldigung zu benutzen, dass der Administration die Verantwortung für die Instandhaltung des Hospitals aus den Händen genommen wurde. Dabei wäre es eine Lüge zu behaupten, dass diese Vögel sich jemals verantwortlich um die Belange der Bevölkerung gekümmert und die Einrichtung des Hospitals auf Vordermann gebracht hätten. Diese Typen, die immer mit leeren Taschen zur Arbeit fuhren und mit vollen Taschen zurückkehrten, hatten es auf die Bewegungsfreiheit für die lohnenden Geschäfte abgesehen, wenn ihre beschmierten Hände weiterhin voll zupackten, wohl wissend, dass das nicht ewig so weitergehen würde. So sassen sie bequem an den polierten Tischen und liessen die Zeit für sich arbeiten, ohne sich durch irgenwelche Verantwortlichkeiten stören zu lassen, denn wirkliche Arbeit hatten sie nicht. Es kam heraus, dass sie auch die Schreiben mit dem Wort "Dringend!" zu Schnipseln verarbeiteten, diese in den Papierkorb warfen und bei Nachfragen sagten, dass die Schreiben nicht angekommen seien.

      So gut wie alles blieb unbeantwortet und wurde ins Bodenlose zerschwiegen, besonders dann, wenn Arbeit damit verbunden war, die "unnötige" Kosten im Kostenvoranschlag verursachten. Der Besucher, wenn er mal unerwartet kam, um herauszufinden, warum die vielen Schreiben ohne Antwort blieben, fand während der Dienststunden leere Schreibtische vor, wenn von Tassen, Gläsern, Dosen, Kannen und Flaschen abgesehen wurde. Dem Spiel mit dem Geldverschieben gaben sie die höchste Aufmerksamkeit; hier liessen sie sich genügend Zeit, wie Dr. Ferdinand Jahre später in einem vertraulichen Gespräch erfuhr, als es das Apartheidssystem nicht mehr gab. Diese Typen, die sich beschissen anstellten, wenn es um die Nöte der Menschen und des Hospitals ging, die sie doch auswendig kannten, waren inwendig tief in die Korruption verstrickt, die sie professionell und unsichtbar übten. Diese graumelierten Herren mit dem Augenaufschlag der Unbedenklichkeit, von denen einige auch das Stottern nicht seinlassen konnten, waren raubmotiviert und gut ausgeschlafen, wenn sie das vollklimatisierte Büro noch während der Dienstzeit zum Spielkasino des Betrugs umfunktionierten, sich im Kollektivzwang betrügerischer Brüder aufeinander abstimmten, die Stahltür mit dem Schlüssel des aufgehobenen Vertrauens öffneten, den Inhalt plünderten, und den Tresor mit dem Achselzucken der Wiederholung wieder verschlossen.

      Hier hatten sich die Täter, die ihre Taschen vollschoben, das Wort der Gegenseitigkeit und des proportionalen Schiebeverfahrens zugesprochen, dass einvernehmlich auch in Zukunft, das heisst, bei späteren Plünderungen so beibehalten werden sollte. Diesen Glauben auf Gegenseitigkeit mit dem Wissen der Mittäterschaft liessen sie dem Steuerzahler, dem sie es nicht glauben lassen wollten, gewaltig was kosten, weshalb die Bilanzbücher fast plump gefälscht wurden, СКАЧАТЬ