Название: 3 Makabre KURZGESCHICHTEN
Автор: Daniela Christine Geissler
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844293371
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Der Glockenschlag der Kirchenuhr riss ihn aus dem Halbschlaf. Es war dreiundzwanzig Uhr.
Mit schwerer Brust legte er ihr Taschentuch aus der Hand, zog seinen Schlafmantel aus und legte sich ins Bett. Sie wäre in diesem Jahr achtundvierzig Jahre alt geworden. Was sind heute drei Jahre gegen damals, dachte er und versank in wirren Träumen.
2. Kapitel
Wieder in der 5b. In dieser Klasse hatte er bemerkt, einige Anhänger und viele Widersacher zu haben, aber das war ja immer so. Manche liebten ihn, viele wandten sich von ihm ab. Er registrierte die aufmerksamen Blicke eines hübschen Jungen in der hinteren Reihe. Gregory Weaver….las er im Klassenbuch. Der vaterlose Greg himmelte ihn an, machte ihn zu seinem Vorbild.
Er atmete tief durch, bevor er sprach „Es muss leider sein. Ich habe die Aufgabe nicht nur Geschichten zu erzählen und eure Langeweile damit zu verstärken. Nächste Woche werdet ihr von mir mit einem Test belästigt.“, meinte er sarkastisch, entgegen seiner phlegmatischen Natur, aber er hatte diese mürrischen Jugendlichen langsam satt. Es gibt wirklich unangenehmere Lehrer. Durch die Unterhaltung mit Denise ist ihm bewusst geworden, dass man seine Ignoranz dem Benehmen aufmüpfiger Schüler gegenüber, als Schwäche auslegen könnte. Ein bisschen Disziplin könnte also nicht schaden.
Herold, ein magerer Schüler, dessen schwarzes Haar am Haupt festzukleben schien, erhob sich und ließ mit nasaler Stimme anklingen „Verzeihen Sie, aber welches Thema sollte der Test denn behandeln? Seit zwei Monaten springen Sie von der Renaissance in die Antike und plötzlich finden wir uns in der französischen Revolution wieder.“
Jeremy dachte kurz nach und meinte, dass die Einwände dieses Jungen etwas für sich hätten, wurde rot, erhob sich und gab etwas lauter von sich, als er es wollte „In diesem Unterricht wird, auch wenn es vielleicht noch nicht den Anschein hatte, nicht nur Auswendiglernen gefordert, sondern ich versuche hier seit zwei Monaten, euch den historischen Zusammenhang der Weltgeschichte, näher zu bringen. Es wird also bis nächste Woche eure Aufgabe sein, sich über die Unterschiede der verschiedenen Kulturen den Kopf zu zerbrechen.“
Ein Gemurmel, der Protest und Angst zugleich war, erhob sich bis in die hintersten Reihen. Violet meldete sich zu Wort und stammelte
„Aber, Sir, wir sind Schüler, keineStudenten. Sie überfordern uns damit.“, klangen ihre Worte entschuldigend. Jeremy schritt zur Tafel, nahm die Kreide und schrieb einige Fragen auf. Eine davon lautete: Erklären Sie mir den Unterschied zwischen der antiken und der Renaissancegesellschaft.
Er griff sich ein Opfer und deutete auf Timothy. Mit den Schultern zuckend, starrte er auf die Tafel. Jeremy versuchte zu erklären
„Bitte, lernen Sie und das erhoffe ich mir von diesem Unterricht.... lernen Sie selbstständige gedankliche Verknüpfungen zu bilden. Es ist doch ganz einfach ......diese Frage ist ja eigentlich eine Fangfrage, doch leider zeigt mir dies, wie wenig Sie alle meinem Unterricht folgen konnten oder wollten....vielleicht ist es auch meine Schuld.....es tut mir leid, ich bin es nicht gewohnt Teenager zu unterrichten.“
Langsam erhob sich Denise und erklärte fast tonlos in die Stille
„Die Renaissancekultur ist die Wiedergeburt der Antike...sie nahm die Gedanken dieser Kultur in sich auf und versuchte ihre Kultur so gut es ging, vor allem in ihren Bauwerken, wiederzugeben!“
Jeremy war gerührt, ging zu ihrem Tisch, tätschelte ihre Wange, die unter seiner Hand zu glühen begann und sagte gedehnt „Danke, vielen, vielen Dank.“
3. Kapitel
Seit einem halben Jahr kämpfe sich Jeremy von den fünften Klassen in die Abschlussklassen. Viele Fehlschläge, doch umso erfreulichere Pluspunkte erreichte er in dieser Zeit. Er hatte gelernt von Schülern nicht die Persönlichkeitsstruktur von Studenten zu fordern, sondern versuchte sie fortan zu formen. Ihren Geist zu Höhenflügen anzuregen, deren Interesse zu wecken. Besonders beeindruckt war er immer noch von Denise. Denise, dieses zarte, blonde Geschöpf mit den hohen Backenknochen.
„Sir, wiederholen Sie bitte den Satz, wir kommen mit dem Schreiben nicht mehr mit.......“, hörte er am Rande die Knabenstimme, während sein Innerstes nur sie zu finden suchte und er in einem monotonen Wortrausch den Unterricht hielt.
1957......bewegungslos lagen ihre Körper am Boden. Sanft drückte sie ihn weg. „Du musst gehen, wir müssen beide heim, es ist schon spät.... geh, los geh endlich.....!“ Widerstrebend zog er sich an, ein letzter Blick zurück, schloss er leise das Scheunentor hinter sich. Ihr Bild brannte sich in sein Gedächtnis.
Die Klasse starrte ihn an und er starrte sie an. Denise sah weg, doch Jeremy ließ sie mit seinem Blick nicht los. Irgendetwas bewegte ihn so sehr, dass er keinen Abstand mehr zu ihr finden konnte. Und dann seine Sinne sammelnd, sprach er abgehackt weiter, bis ihn der schrille Ton der Schulglocke erlöste.
„Heute hatte er eine besondere Meise, findet ihr nicht auch? Wie er Denise angestarrt hat....das war ja schon abartig.“, schimpfte Ashley.
„Du bist nur eifersüchtig! Er ist ja schon alt, mach dich nicht lächerlich! Denise ist vielleicht von ihm als Lehrer begeistert, aber sein Äußeres ist wirklich nicht der Geschmack einer Fünfzehn-jährigen.“, klopfte ihm Peter tröstend auf die Schulter.
Ashley Diamond fühlte sich seit der ersten Klasse als ihr Beschützer. Stets saß er neben Denise, immer jedoch darauf bedacht, sie mit seiner Verliebtheit nicht zu belästigen. Sein feines Gespür für seine Mitmenschen ließ ihn nie im Stich und so kam eine stille Angst in ihm auf, wenn dieser Lehrer die Klasse betrat. Er beobachtete Jeremy, wie er mit seiner Aura den Raum einnahm, betrachtete sein hageres Gesicht, dessen verhärmten Züge, die ihm nicht sympathischer wurden. Trotz all dem lauschte auch er, wie ein Gefangener seinen Ausführungen, deren Zusammenhänge erst mit den weiteren Unterrichtsstunden zu erkennen waren. Selbst er konnte sich der Faszination, mit der dieser Mann sie alle in das Labyrinth seiner Gedankenwelt führte, nicht entziehen. Das war auch das einzige, was Ashley mit diesem Mann verband. In diesem Augenblick spürte er nur Widerwertigkeit für ihn, denn eine undefinierbare Sorge beschlich ihn, Denise an diese obskure Gestalt zu verlieren, die zweimal wöchentlich die Klasse heimsuchte.
Es war so, als ob er mit jedem Mal mehr Anhänger für sich gewann. Manche Klassenkollegen, die Jeremy anfangs belächelten, wurden in einem fast magischen Bann in seine Richtung gelenkt, dem nur Ashley, zumindest machte er den Versuch, entgehen konnte. Diesem Mann schenkte er nur seine Aufmerksamkeit, nicht seine Gedanken, nicht seine Seele.
„Würden Sie mir bitte nächste Woche helfen, die Landkarte heraufzutragen?“, sagte er beiläufig zu Denise, bevor er die Klasse verließ. Seine Worte gingen im allgemeinen Lärmpegel nach dem Läuten unter und so wurde nur Ashley Zeuge dieses Wortwechsels. „Selbstverständlich.“, antwortete sie prompt. Ashley war entrüstet. Man bat kein Mädchen um Hilfe, wenn Jungs in der Klasse waren, um so eine Aufgabe zu erledigen, aber was sollte er tun? Seine Gedanken überschlugen sich, er war zur Untätigkeit gezwungen. Würde Ashley anderen seine Angst mitteilen, würde er der Lächerlichkeit preisgegeben werden.
Lange betrachtete er sie, als Denise kleinlaut vor ihm stand. Seine Brust hämmerte unkoordinierte Laute, sein СКАЧАТЬ