Название: Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen
Автор: Wilhelmine von Bayreuth
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: gelbe Buchreihe
isbn: 9783753192291
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Mylady schrieb ihr einen Brief, der für die Königin berechnet war. Er enthielt große Versprechungen über eine Beförderung der Leti in England, eine Aufzählung ihrer guten Eigenschaften und das Bedauern, dass sie in Berlin so wenig Anerkennung fänden; sie möge doch die Auszeichnungen und Belohnungen für meine Pflege fordern und, sofern sie ihr nicht bewilligt würden, ihren Abschied nehmen und sich nach einem Lande verfügen, in welchem das Verdienst mehr Würdigung erfahre. Dies alles war nur eine List, um die Königin zu bewegen, ihr alles zu gewähren, was sie verlangte. Die Leti schickte den Brief der Mylady an die Königin und fügte demselben einen höchst impertinenten von ihrer eigenen Hand hinzu. Sie wolle, sagte sie, Genugtuung haben oder ihren Abschied nehmen. Die Königin war in großer Verlegenheit, da sie Rücksichten auf diese Person zu nehmen hatte, um ihre Beschützerin nicht zu reizen, die den größten Einfluss auf den König von England hatte. Sie wandte sich also an mehrere Personen, um die Leti von ihrem Entschlüsse abzubringen, jedoch vergebens. Endlich sprach die Königin auch mit mir darüber, und ich war auf das höchste erstaunt, da mir gegenüber die Leti nichts hatte verlauten lassen. Die Königin fragte mich eindringlich, wie ihr Verhalten mir gegenüber sei. Ich sagte ihr nur Lobenswertes davon und beschwor die Königin, den Brief der Leti doch ja nicht dem König zu zeigen, bevor ich mit ihr gesprochen hätte. „Wenn Sie sie umstimmen können“, sagte sie, „so bin ich bereit, bis morgen zu warten, aber später wird es nicht mehr Zeit sein, dass sie ihr Gesuch zurückzieht.“ In mein Zimmer zurückgekehrt, sprach ich alsbald mit jener Person. Meine Tränen, meine Bitten und Liebkosungen erweichten sie, oder vielmehr, sie war recht froh, einen einleuchtenden Vorwand zu finden, um ihre Meinung zu ändern. Sie schrieb also einen zweiten Brief an die Königin, in dem sie diese flehentlich bat, den ersten Brief beim König nicht zu erwähnen.
So hatte es für dieses Mal sein Bewenden. Die Zärtlichkeit, die ich ihr bei dieser Gelegenheit bezeigt hatte, verschaffte mir vierzehn Tage lang Ruhe; allein die Leti hielt nur inne, um desto besser ihren Anlauf zu nehmen. Ich litt sechs Monate hindurch wie im Fegefeuer. Meine gute Mermann, die mich jeden Tag von Hieben gequält sah, wollte die Königin in Kenntnis setzen, doch ließ ich es nie geschehen. Um das Maß ihrer Bosheiten vollzumachen, wusch mich die Megäre mit einem bestimmten Wasser, das sie von England hatte kommen lassen und das so scharf war, dass es mir die Haut aufschürfte. Kaum acht Tage genügten, um mein Gesicht zu entstellen und meine Augen heftig zu entzünden. Als die Mermann die schreckliche Wirkung jenes Wassers bemerkte, nahm sie die Flasche und warf sie zum Fenster hinaus, sonst wären meine Augen und mein Teint auf immer verdorben worden.
Der Anfang des Jahres 1721 (Wilhelmine war 12jährig) ließ sich so schlimm an wie das vorhergehende. Meine Drangsal dauerte noch immer fort. Die Leti wollte sich für die Weigerung der Königin rächen; und da sie fest entschlossen war, mich zu verlassen, wollte sie mir noch einen Denkzettel hinterlassen. Ich glaube, sie hätte mir am liebsten einen Arm oder ein Bein gebrochen; nur wagte sie es nicht, aus Furcht, dass es herauskommen würde. So tat sie denn, was sie nur konnte, um mir das Gesicht zu verderben, gab mir Faustschläge auf die Nase, dass ich manchmal davon blutete wie ein Ochse.
Inzwischen kam wieder eine Antwort auf einen zweiten Brief, den sie an Lady Arlington geschickt hatte. Diese Dame schrieb, sie möge nur nach England kommen, woselbst sie Schutz bei ihr finden, ja auf eine zu erwirkende Pension zuversichtlich hoffen dürfe. Die Leti reichte darnach wiederholt ihr Abschiedsgesuch bei der Königin ein, in einem Brief, der noch unverschämter als der erste war. „Ich muss wohl sehen“, schrieb sie, „dass Eure Majestät nicht gewillt sind, mir die Rechte zuzuerkennen, die ich beanspruche. Mein Entschluss ist gefasst. Ich bitte dringend um meine Entlassung. Ich will diesem barbarischen Lande, in dem ich weder Geist noch Vernunft vorgefunden habe, den Rücken kehren und mein Leben in einer milderen Gegend beschließen, wo das Verdienst seinen Lohn findet und wo der regierende Herr nicht allerlei nichtsnutzige Offiziere auszuzeichnen beliebt, wie es hier der Brauch ist, und Leute von Geist geringschätzt.“ Frau von Roucoulles war zugegen, als die Königin diesen Brief empfing. Die Fürstin teilte ihn ihr mit, sie war außer sich vor Zorn. „Aber mein Gott!“ sagte die Dame, „so lassen Sie diese Kreatur doch gehen, es wäre das größte Glück für die Prinzessin. Das arme Kind leidet Qualen bei ihr, und ich fürchte, man bringt sie Ihnen eines Tages mit zerschlagenen Rippen; denn sie wird windelweich geschlagen und riskiert, jeden Tag zum Krüppel zu werden. Die Mermann wird Eurer Majestät besser als alle darüber berichten können.“ Die Königin war sehr erstaunt und ließ meine gute Amme holen. Diese bestätigte ihr alles, was Frau von Roucoulles eben behauptet hatte, und setzte hinzu, sie habe nicht gewagt, früher davon zu sprechen, da die Leti sie einschüchterte, indem sie vorgab, einen großen Einfluss auf die Königin zu besitzen, und ihr drohte, sie würde sie wegjagen lassen. Die Königin zögerte nun nicht länger, den bewussten Brief dem König vorzuzeigen. Dieser war darüber so empört, dass er die Leti sofort nach Spandau geschickt hätte, wenn ihn die Königin nicht daran gehindert hätte.
Sie wusste gar nicht, wen sie nun zu meiner Erzieherin erwählen sollte; sie schlug dem König zwei Damen vor (deren Namen ich nie erfuhr), aber er wies sie beide zurück und ernannte Fräulein von Sonsfeld zu diesem Posten.
Fräulein Dorothea Luise von Sonsfeld – 1681 – 1746
Ich kann meinem Vater für diese Wohltat nicht dankbar genug sein. Fräulein von Sonsfeld stammt aus einem sehr vornehmen Hause, das mit den besten des Landes verwandt ist; ihre Ahnen zeichneten sich durch ihre Verdienste sowie durch die hohen Ämter aus, die sie bekleideten. Eine geschicktere Feder als die meinige vermöchte kaum eine würdige Schilderung von ihr zu entwerfen. Ihr Charakter wird sich im Laufe dieser Memoiren deutlich zeigen. Er darf als einzig gelten, als eine Zusammensetzung von Tugenden und Gefühlen; Geist, Tatkraft und Großmut vereinen sich bei ihr mit einem reizenden Wesen. Ihre vornehme Höflichkeit flößt Achtung und Vertrauen ein; neben all diesen Vorzügen hat sie ein sehr angenehmes Äußeres, das sich bis in ihr Alter erhielt. Sie war Hofdame meiner Großmutter, der Königin Charlotte, gewesen und vertrat dieselbe Stellung im Hause meiner Mutter, der Königin. Sie hatte sehr glänzende Partien ausgeschlagen, da sie nie heiraten wollte.
Großmutter Sophie Charlotte
Sie war vierzig Jahre alt, als sie bei mir eintrat. Ich liebe und verehre sie wie meine Mutter; sie ist heute noch bei mir, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird nur der Tod uns trennen.
Die Königin konnte sie nicht leiden; sie stritt lange mit dem König, aber am Ende musste sie nachgeben, da sie keine triftigen Gründe für ihre Abneigung angeben konnte. Ich wurde von all dem durch meinen Bruder unterrichtet, der dem Gespräche beiwohnte; mir selbst hatte es die Königin verheimlicht. Sie war sehr erstaunt, als sie mich bei ihrer Rückkehr in ihre Gemächer in Tränen fand. „Aha!“ sagte sie, „ich merke wohl, dass Ihr Bruder Ihnen alles hinterbracht hat und dass Sie Bescheid wissen. Sie sind wahrlich töricht, dass Sie deshalb weinen. Haben Sie die Schläge noch nicht satt?“ Ich beschwor sie, die Leti doch wieder zu begnadigen; allein sie antwortete mir, dass ich mich darein schicken müsste und dass die Sache nicht mehr zu ändern sei. Fräulein von Sonsfeld, die sie hatte rufen lassen, erschien in diesem Augenblick; sie nahm sie bei der Hand, mich bei der andern, und führte uns zum König. Dieser zeigte sich sehr zuvorkommend und sagte ihr dann, welches Amt er ihr zugedacht habe. Ihr Verhalten war sehr ehrfurchtsvoll, doch bat sie den König auf das dringendste, sie mit diesem Amte zu verschonen, da sie sich ihm nicht gewachsen fühle. Der König ließ keines СКАЧАТЬ