Название: Kleine Novellen
Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754180532
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Adele ließ den Kopf sinken.
»Ich habe es auch für möglich gehalten« gab sie zu. »Es ist reichlich Zeit, sie heute noch zu besuchen. Ich will unseren Zweifel beseitigen, ehe noch Fräulein Benshaw heute nachmittag ihre Spazierfahrt macht.«
Nachdem sie sich in dieser Weise verständigt hatten, trennten sie sich. Gegen Abend waren Cosways Vorbereitungen für die Flucht getroffen. Er nahm sein einsames Mittagsmahl, als ihm ein Billet überbracht wurde. Es war von einem Boten an der Tür abgegeben worden, der sich wieder entfernt hatte, ohne auf Antwort zu warten. Das Billet lautete also:
»Fräulein Benshaw übersendet Herrn Cosway ihre freundlichen Grüße und würde dankbar sein, wenn er sie heute abend um neun Uhr in einer Angelegenheit besuchen könnte, die ihn selbst betrifft.«
Diese Einladung war augenscheinlich die Folge des Besuches, den Adele ihr an diesem Tage bereits abgestattet hatte.
Cosway, von dem natürlichen Gefühle der Besorgnis und Spannung beunruhigt, fand sich bei ihr ein. Sein Empfang war nicht derart, ihn zu beruhigen. Er wurde in ein dunkles Zimmer geführt. Die einzige Lampe aus dem Tische war tief heruntergedreht und das so zugelassene spärliche Licht noch durch einen Schirm vermindert. Die Winkel des Zimmers waren beinahe in vollständige Dunkelheit gehüllt.
Aus einem der Winkel kam eine Stimme, die ihm zuflüsterte:
»Ich muss Sie bitten, das dunkle Zimmer zu entschuldigen. Ich leide an einer ernsten Erkältung. Meine Augen sind entzündet und mein Hals ist so schlimm, dass ich nur flüstern kann. Setzen Sie sich, Herr Cosway. Ich habe Nachrichten für Sie erhalten.«
»Hoffentlich keine schlimmen, gnädige Frau?« wagte Cosway zu fragen.
»Die allerschlimmsten Nachrichten« sagte die flüsternde Stimme. »Sie haben einen Feind, der Ihnen im Dunkeln seine Streiche versetzt.«
Cosway fragte, wer dies sei und erhielt keine Antwort. Er änderte die Frage dahin, warum denn der Ungenannte im Dunkeln nach ihm schlage. Dies hatte Erfolg; er erhielt jetzt eine Antwort:
»Es ist mir mitgeteilt worden« sagte Fräulein Benshaw, »dass diese Person es für nötig halte, Ihnen einen Denkzettel zu geben, und das boshafte Verlangen habe, dies so empfindlich wie möglich zu tun. Diese Person sandte Ihnen, wie ich zufällig erfahren habe, die Einladung zur Gartengesellschaft und veranlasste auch die Zusammenkunft, die an der Gartentür stattfand. Warten Sie einen Augenblick, Herr Cosway, ich bin noch nicht fertig. Die Person hat es auch Herrn Restall in den Kopf gesetzt, seine Tochter morgen ins Ausland zu schicken.«
Cosway versuchte sie zu veranlassen, dass sie deutlicher spreche.
»Ist dieses elende Geschöpf Mann oder Frau?« fragte er.
Fräulein Benshaw fuhr fort, ohne auf die Unterbrechung zu achten:
»Sie brauchen keine Besorgnis zu haben, Herr Cosway. Fräulein Restall wird England nicht verlassen. Ihr Feind ist allmächtig. Seine Absicht konnte nur sein, Sie zu einem Fluchtplan zu veranlassen — und, nachdem Ihre Vorbereitungen getroffen waren, Herrn Restall zu benachrichtigen und Sie und Fräulein Adele so vollständig voneinander zu trennen, als wenn jedes von Ihnen am entgegengesetzten Ende der Welt wäre. O, Sie werden unzweifelhaft voneinander getrennt werden! Boshaft, nicht wahr? Und, was noch schlimmer ist, das Unheil ist so gut wie geschehen.«
Cosway erhob sich von seinem Sitze.
»Wünschen Sie noch eine weitere Erklärung?« fragte Fräulein Benshaw.
»Noch eins« erwiderte er. »Weiß Adele davon?«
»Nein« sagte Fräulein Benshaw; »Ihnen bleibt es überlassen, es ihr zu sagen.«
Nun trat ein Moment des Schweigens ein. Cosway sah nach der Lampe hin. Wenn er einmal erregt war, so war mit ihm, wie dies bei Männern seines Temperaments gewöhnlich ist, nicht zu scherzen.
»Fräulein Benshaw« sagte er, »ich darf wohl sagen, dass Sie mich für einfältig halten; aber ich kann mir trotz alledem ein Urteil bilden. Sie sind meine Feindin.«
Die einzige Erwiderung war ein kicherndes Lachen. Alle Stimmen können im Flüstern mehr oder weniger erfolgreich verstellt werden — aber das Lachen trägt sein Erkennungszeichen in sich selbst. Cosway riss plötzlich den Schirm von der Lampe weg und drehte den Docht in die Höhe. Das Licht überflutete das Zimmer und zeigte ihm — seine Frau.
Dritter Zeitabschnitt in Cosways Leben
Drei Tage waren vorübergegangen. Cosway saß, bleich und erschöpft, allein in seiner Wohnung. Er war nur noch der Schatten seiner früheren Person.
Adele hatte er seit jener Entdeckung nicht gesehen. Es gab nur einen Weg, den er wagen konnte, um die unvermeidliche Eröffnung zu machen — er schrieb ihr und, Herrn Athertons Tochter trug dafür Sorge, dass der Brief in ihre Hände gelangte. Spätere, durch diese gute Freundin eingezogene Erkundigungen ergaben, dass Fräulein Restall erkrankt war.
Die Hausfrau kam herein.
»Frischen Mut, mein Herr« sagte die gute Frau.
»Heute haben wir bessere Nachrichten über Fräulein Restall.«
Er erhob den Kopf.
»Scherzen Sie nicht mit mir!« sagte er gereizt; »sagen Sie mir genau, was der Diener sagte.«
Die Frau wiederholte die Worte. Fräulein Restall hatte eine ruhigere Nacht und war imstande gewesen, für einige Stunden ihr Zimmer zu verlassen. Er fragte dann, ob eine Antwort auf seinen Brief angekommen sei. Es war keine Antwort eingegangen.
Wenn Adele es entschieden vermied, ihm zu schreiben, so war ihr Entschluss zu klar, um missverstanden zu werden. Sie hatte ihn aufgegeben — und wer konnte sie tadeln?
Man hörte ein Pochen an der Haustür; die Hausfrau blickte hinaus.
»Hier ist Herr Stein wieder zurück, Herr Cosway!« rief sie freudig aus — und eilte weg, um ihn hereinzulassen.
Cosway blickte nicht einmal auf, als sein Freund erschien.
»Ich wusste, dass es mir gelingen würde« sagte Stein. »Ich habe deine Frau gesehen.«
»Sprich mir nicht von ihr« rief Cosway. »Ich würde sie umgebracht haben, als ich ihr Gesicht sah, wenn ich nicht augenblicklich ihr Haus verlassen hätte. Die Elende wird noch von mir getötet werden, wenn du fortfährst, von ihr zu sprechen!«
Stein legte sanft seine Hand auf seines Freundes Schulter.
»Muss ich dich daran erinnern, dass du deinem alten Kameraden doch einigen Dank schuldig bist?« sagte er. »An dem Morgen, da ich deinen Brief erhielt, habe ich Vater und Mutter verlassen — und mein einziger Gedanke war, dir zu dienen. Zeige dich dafür erkenntlich. Sei ein Mann und höre, was zu erfahren dein Recht und deine Pflicht ist. Danach wollen wir, wenn du dies wünschest, nie wieder deine Frau erwähnen.«
Cosway ergriff schweigend seine Hand zum Zeichen des Zugeständnisses, dass er recht habe. Sie setzten sich zusammen nieder. Stein fing an:
»Sie СКАЧАТЬ