Die Dämonen. Fjodor Dostojewski
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Читать онлайн книгу Die Dämonen - Fjodor Dostojewski страница 40

Название: Die Dämonen

Автор: Fjodor Dostojewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754173145

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СКАЧАТЬ sein, und redete mir ein, daß ich glücklich sei. Aber jetzt ... o jetzt denke ich an diese großmütige, humane, gegen meine häßlichen Mängel so nachsichtige Frau; das heißt, sie ist nicht durchweg nachsichtig gewesen, aber was bin ich auch für ein Mensch mit meinem schwächlichen, häßlichen Charakter! Ich bin ja ein eigensinniges Kind und besitze den ganzen Egoismus eines Kindes, aber ohne dessen Unschuld. Sie hat mich zwanzig Jahre lang wie eine Kinderwärterin gepflegt, dieses arme ›Tantchen‹, wie Lisa sie so anmutig nennt ... Und auf einmal, nach zwanzig Jahren, will das Kind sich verheiraten, ›verheirate mich, verheirate mich!‹ sagt es und schreibt Brief auf Brief, und sie hat sich Essigumschläge gemacht, und ... und da hat es nun am nächsten Sonntag erreicht, was es wollte, und ist ein verheirateter Mann; es klingt komisch! ... Und warum habe ich denn selbst darauf bestanden und die Briefe geschrieben? Ja, das hatte ich noch vergessen zu sagen: Lisa ist entzückt von Darja Pawlowna; wenigstens sagt sie es; sie sagt von ihr: ›C'est un ange; sie versteckt es nur etwas.‹ Beide haben sie mir dazu geraten, sogar Praskowja ... übrigens hat mir Praskowja nicht dazu geraten. Oh, wieviel Gift liegt in dieser Frau Korobotschka verborgen! Und auch Lisa hat mir eigentlich nicht dazu geraten: ›Wozu wollen Sie eine Frau nehmen,‹ sagte sie; ›Sie haben doch an den gelehrten Genüssen genug.‹ Dazu lachte sie. Ich habe ihr ihr Lachen verziehen, weil ihr selbst nicht wohl ums Herz ist. Aber sie sagten beide: ›Ohne Frau können Sie nicht zurechtkommen. Die Jahre der Altersschwäche rücken bei Ihnen heran; da wird dann die Frau Sie betreuen‹, oder wie sie da sagten ... Ma foi, ich habe auch selbst in dieser ganzen Zeit, während ich hier mit Ihnen zusammensaß, bei mir gedacht, daß wohl die Vorsehung selbst sie mir beim Ausgange meiner stürmische Tage sendet, und daß sie mich betreuen wird, oder wie sie da sagten ... Enfin, sie ist in meiner Wirtschaft notwendig. Was herrscht bei mir für eine Unsauberkeit! Und sehen Sie nur: alles liegt herum; vorhin habe ich befohlen aufzuräumen, und nun liegt noch ein Buch auf der Erde! La pauvre amie hat sich immer darüber geärgert, daß es bei mir so unreinlich aussieht ... Oh, jetzt wird ihre Stimme hier nicht mehr ertönen! Vingt ans! Und sie haben, wie es scheint, anonyme Briefe erhalten, in denen steht, denken Sie nur, Nikolai habe sein Gut an Lebjadkin verkauft. C'est un monstre: et enfin, was für ein Mensch ist dieser Lebjadkin? Lisa hörte mit gespannter Aufmerksamkeit zu; nein, wie sie zuhörte! Ich habe ihr ihr Lachen verziehen; ich sah, mit was für einem Gesichte sie zuhörte, und ce Maurice ... ich möchte jetzt nicht an seiner Stelle sein, brave homme tout de même, aber etwas blöde; übrigens wünsche ich ihm alles Gute ...«

      Er schwieg; er war müde und konfus, saß mit gesenktem Kopfe da und blickte mit matten Augen starr auf den Fußboden. Ich benutzte diese Pause und erzählte von meinem Besuche im Filippowschen Hause, wobei ich in scharfem, trockenem Tone meine Meinung dahin aussprach, daß Lebjadkins Schwester (die ich nicht gesehen hatte) tatsächlich einmal Nikolais Opfer geworden sein könne, in jener rätselhaften Periode seines Lebens, wie sich Liputin ausgedrückt hatte, und daß es sehr möglich sei, daß Lebjadkin aus irgendwelchem Grunde von Nikolai Geld empfange; das sei aber auch alles. Was die Klatschereien über Darja Pawlowna anlange, so sei das alles nur dummes Zeug, Verdrehungen des Schurken Liputin; wenigstens versichere das Alexei Nilowitsch mit großer Wärme, und es sei kein Grund vorhanden, diesem zu mißtrauen. Stepan Trofimowitsch hörte meinte Versicherungen mit zerstreuter Miene an, wie wenn ihn die Sache gar nichts anginge. Ich erwähnte bei dieser Gelegenheit auch mein Gespräch mit Kirillow und fügte hinzu, Kirillow sei vielleicht geistesgestört.

      »Er ist nicht geistesgestört; aber er gehört zu den Menschen mit beschränktem Gesichtskreise,« murmelte er matt und anscheinend nur mit Überwindung. »Ces genslà supposent la nature et la société humaine autres que Dieu ne les a faites et qu'elles ne sont réellement. Manche scherzen mit diesen Leuten; aber Stepan Werchowenski tut das jedenfalls nicht. Ich habe sie damals in Petersburg gesehen, avec cette chère amie (oh, wie habe ich diese Freundin damals gekränkt!), und habe mich nicht nur ihren Schimpfreden, sondern auch ihren Lobsprüchen gegenüber furchtlos bewiesen. Ich fürchte sie auch jetzt nicht; mais parlons d'autre chose ... ich habe, wie es scheint, schreckliche Dinge angerichtet; denken Sie sich: ich habe gestern einen Brief an Darja Pawlowna abgeschickt, und ... wie verwünsche ich mich nun deswegen!«

      »Was haben Sie ihr denn geschrieben?«

      »O mein Freund, Sie können mir glauben: es war alles ein Ausfluß edler Gesinnung. Ich teilte ihr mit, daß ich schon fünf Tage vorher an Nikolai geschrieben hätte, und zwar in demselben Sinne.«

      »Jetzt verstehe ich!« rief ich erregt. »Und welches Recht hatten Sie, die beiden so miteinander zu konfrontieren?«

      »Aber, mon cher, drücken Sie mich doch nicht vollständig zu Boden, und schreien Sie mich nicht so an; ich bin ja so schon zerquetscht wie ... wie eine Schabe; und ich glaube doch auch, daß meine ganze Handlungsweise durchaus edel ist. Nehmen Sie an, daß dort, en Suisse, wirklich etwas geschehen ist ... oder sich angebahnt hat. Da muß ich doch vorsichtshalber ihre Herzen befragen, damit ... enfin, damit ich ihren Herzen nicht hinderlich werde und ihnen wie ein Pfahl im Wege stehe ... Ich habe nur aus edler Gesinnung gehandelt.«

      »O Gott, wie dumm haben Sie gehandelt!« entfuhr es mir unwillkürlich.

      »Dumm, dumm!« fiel er ordentlich eifrig ein. »Das ist das Klügste, was Sie je gesagt haben; c'était bête, mais que faire, tout est dit. Ich werde ja doch unter allen Umständen heiraten, auch wenn ›fremde Sünden‹ vorliegen; also wozu brauchte ich da erst noch zu schreiben? Nicht wahr?«

      »Sie kommen wieder auf dasselbe zurück!«

      »Oh, jetzt lasse ich mich nicht durch Ihr Geschrei erschrecken; jetzt haben Sie nicht mehr jenen früheren Stepan Werchowenski vor sich; der ist begraben; enfin, tout est dit. Und warum machen Sie ein solches Geschrei? Einzig und allein deswegen, weil Sie selbst nicht heiraten und auf diese Art nicht in die Lage kommen, den bekannten Kopfschmuck zu tragen. Ärgert Sie diese Bemerkung wieder? Mein armer Freund, Sie kennen das Weib nicht; ich aber habe im Leben kaum etwas anderes getan als das Weib studiert. ›Wenn du die ganze Welt überwinden willst, so überwinde dich selbst!‹ Das ist der einzige gute Ausspruch, der einem andern, Ihnen ähnlichen Romantiker, Schatow, dem Bruder meiner künftigen Frau, gelungen ist. Gern nehme ich diesen Gedanken von ihm herüber. Nun, sehen Sie: auch ich bin bereit, mich selbst zu überwinden, und heirate; aber was werde ich statt der ganzen Welt erobern? O mein Freund, die Ehe ist der geistige Tod jeder stolzen Seele, jeder Unabhängigkeit. Das Eheleben wird mich verderben, mir die Energie rauben, mir den Mut benehmen, der guten Sache zu dienen; es werden Kinder kommen, die noch dazu möglicherweise nicht die meinigen sind, das heißt, die selbstverständlich nicht die meinigen sind: der Weise scheut sich nicht, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen ... Liputin hat mir heute geraten, mich vor Nikolai durch Barrikaden zu schützen; er ist dumm, dieser Liputin. Das Weib betrügt selbst das Auge, das alles sieht. Le bon Dieu wußte, als er das Weib schuf, gewiß, was er wollte; aber ich bin überzeugt, daß das Weib selbst ihn an der Ausführung seiner wahren Absicht gehindert und ihn dahingebracht hat, sie so zu schaffen, wie sie jetzt ist, und mit solchen Eigenschaften; wer würde sich sonst ohne Not so viele Mühe und Sorgen aufladen? Nastasja wird mir allerdings vielleicht wegen meiner Freidenkerei zürnen; aber ... Enfin, tout est dit. «

      Er wäre nicht er selbst gewesen, wenn er es unterlassen hätte, ein billiges, freidenkerisches Späßchen zu machen, wie dergleichen damals en vogue waren; jedenfalls tröstete er sich jetzt durch ein solches Späßchen; aber der Trost hielt nicht lange vor.

      »Oh, warum fällt nicht dieses Übermorgen, dieser Sonntag ganz fort!« rief er plötzlich, nunmehr in völliger Verzweiflung, aus. »Warum kann nicht wenigstens diese eine Woche ohne Sonntag sein, si le miracle existe? Nun, was würde es denn der Vorsehung ausmachen, aus dem Kalender diesen einen Sonntag auszustreichen, wärs auch nur, um den Atheisten ihre Macht zu zeigen et que tout soit dit! O wie habe ich sie geliebt! Zwanzig Jahre lang, ganze zwanzig Jahre lang, und niemals hat sie mich verstanden!«

      »Aber СКАЧАТЬ