Название: Vendetta Colonia
Автор: Peter Wolff
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754170120
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„Du hast wenigstens jemanden, der in der Heimat auf Dich wartet.“
„Dort wartet man genauso auf Dich, Davor. Und jetzt ist Schluss mit der Melancholie.“
„Na zdravje, großer Bruder.“
„So ist es Recht. Na zdravje, Kleiner.“
22
Die Jägerstube in Köln-Braunsfeld ist gut gefüllt. Wie jeden Donnerstag, wenn es Reibekuchen gibt.
Woanders nennt man die in Köln so beliebten „Rievkooche“ Reiberdatschi, Kartoffelplätzchen oder schlicht Kartoffelpuffer. Der Kölner meint allerdings mal wieder, er hätte sie erfunden. Ein Teig aus Kartoffeln, Zwiebeln, Eiern und Haferflocken, im heißen Öl knusprig gebacken, serviert mit Schwarzbrot, Rübenkraut oder Apfelmus ist für den Kölschen das ideale Essen am fleischlosen Freitag. Oder als fettige Basis für einen Abend mit viel Kölsch. Oder eigentlich immer, wenn der Hunger kommt. Hauptsache heiß und direkt aus der Pfanne auf den Teller.
So einfach die Zubereitung auch ist, so ungern brät man in Köln seine Rievkooche in den eigenen vier Wänden. Grund: Der Duft hält sich tagelang. Deshalb isst der Kölsche seine Rievkooche gerne außer Haus, am liebsten donnerstags oder freitags.
Werner und Paul Schmitz haben den letzten Tisch ergattert. Nachdem seine Frau Clarissa sich bei ihrer Tante Francesca den Kummer von der Seele geredet hat, tut Werner dasselbe nun bei seinem Bruder.
„Weißt Du noch, der Günter Maubach? Der hat sich umgebracht wegen so einer Geschichte. “
„Du meinst, wegen dem Kind, das seine Frau verloren hat?“
„Ja. Zunächst hieß es, sein Sohn käme womöglich behindert zur Welt, dann kam er als Totgeburt.“
„Aber das ist viele Jahre her, Werner. Seitdem hat sich so viel getan in der Medizin. Diese Untersuchung, die ihr da gemacht habt, die gab es damals doch noch gar nicht. Und neue Medikamente gibt es bestimmt auch.“
„Kann schon sein, Paul. Aber ich habe trotzdem eine furchtbare Angst. Auch um Clarissa. Sie hat sich sehr verändert seit dem Besuch bei Dr. Freudenberg.“
„Wie meinst Du das?“
„Sie ist nicht einfach nur traurig, sie macht sich nicht einfach nur Sorgen. Ich kann das schwer beschreiben. Machst Du uns noch zwei Kölsch, Kurt?“
„Das ist doch klar, dass Clarissa die Ungewissheit schwer belastet. Bedenk' auch, wie jung sie noch ist. Da kommen ja unsere Rievkooche.“
„Man kommt kaum mehr an sie ran. Sie ist manchmal völlig apathisch, redet weniger als sonst und hat ihr Lachen fast verloren. Sie verhält sich so, als WÜSSTE sie bereits, dass dem Kleinen etwas fehlt. Dabei ist es doch bislang lediglich ein Verdacht.“
„Sie hat einfach Angst. Sobald sich herausstellt, dass das Kind gesund zur Welt kommen wird, ist sie wieder die Alte.“
„Dein Wort in Gottes Ohr, Paul. Herrlich, die Rievkooche, was?“
„Ja. Und das Apfelmus ist selbst gemacht, das schmeckt man.“
„Kurt, trockene Luft hier am Tisch bei uns. Kannst Du da etwas gegen unternehmen?“
„Ich eile, Werner. Schmeckt es den Herren denn?“
„Wunderbar, Junge.“
23
Guiseppe Scirelli ist ob des Telefonates mit seiner Tante Francesca, er nennt sie so, obgleich kein direktes Verwandtschaftsverhältnis besteht, sehr erregt.
Er bittet seinen Vater Andrea und seinen Onkel Gianni um ein kurzfristiges Gespräch. Auch Luigi Tardea, Cousin von Antonio und einer der mächtigsten Männer im Tardea-Scirelli-Clan, soll anwesend sein. Noch bevor Guiseppe bei seiner Tante Einzelheiten zu erfragen gedenkt, möchte er mit den Mächtigen in der Großfamilie abklären, wie man mit der schlimmen Nachricht aus Deutschland verfährt.
Luigi Tardea trifft als Erster im Cafe Letizia ein.
„Ciao Guiseppe.“
„Luigi, schön, Dich zu sehen!“
„Was gibt es denn so dringendes?“
„Lass uns warten, bis mein Vater und mein Onkel eingetroffen sind, ja?“
„Gut. Wie geht es Dir, mein Junge?“
„Soweit gut. Und wie sieht es bei Euch aus?“
„Alberta geht es gar nicht gut. Sie ist ziemlich durcheinander, vergisst dieses und jenes und verläuft sich ab und an.“
„Das hört sich gar nicht gut an. Ist es etwas ernstes?“
„Wir wissen es nicht. Nächste Woche wird sie gründlich untersucht.“
„Dann hoffen wir mal das Beste“.
„Beten sollten wir. Beten...“.
„Ja, natürlich.“
Ein Auto hält auf dem kleinen Parkplatz des Cafes, Andrea und Gianni steigen aus.
„Da seid Ihr ja schon. Und eine Flasche vino habt ihr auch schon bestellt, fein“, begrüßt Gianni die beiden Wartenden am Tisch.
„Hallo Luigi, ciao Guiseppe, mein Sohn“, Andrea Scirelli umarmt die beiden Männer.
„Schön, dass wir uns treffen. In letzter Zeit haben wir die Familientreffen etwas vernachlässigt.“
„Das stimmt – wir haben halt alle viel um die Ohren“, meint Luigi.
Andrea schenkt allen Wein ein und richtet das Wort an seinen Sohn.
„Nun, Guiseppe, was hat Dich dazu bewogen, uns vier hier zusammenkommen zu lassen?“
„Es ist leider kein schöner Anlass, der uns hier zusammenführt.“
„Was ist passiert, ragazzino?“, fragt Gianni.
„Onkel, nenn' mich bitte nicht mehr kleiner Junge, ja?!“
„Ist in Ordnung, Guiseppe, die Zeit vergeht so schnell, ich sehe Dich immer noch als kleinen Jungen vor mir.“
„Nun mal los, Guiseppe. Worum geht es?“, mischt sich Andrea ein.
„Francesca hat einen Anruf aus Deutschland erhalten. Clarissas Schwangerschaft bereitet Komplikationen.“
„Nein!“, ruft Luigi entsetzt. „Wie schlimm ist es?“
„Das weiß ich noch nicht genau, ich habe nur kurz mit Tante Francesca gesprochen. Bevor ich Näheres erfrage, СКАЧАТЬ