Siebenkäs. Jean Paul
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Siebenkäs - Jean Paul страница 29

Название: Siebenkäs

Автор: Jean Paul

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754175224

isbn:

СКАЧАТЬ Ich bin zwar jetzt gesonnen, für gebildete Menschen sein Abschatten hier abzuschatten; aber dies beding' ich mir, daß man nicht aufsehe, daß eine Feder ein Pinsel sei – oder ein Pinsel ein Poussiergriffel – oder ein Griffel ein Blumenstaubfaden, der eine Lilien- und Rosen-Generation nach der andern erschafft.

      Der Advokat ließ sich vom Schuster Fecht ein Silhouetten-Brett vorstrecken; nämlich die Fassade einer neuen Taubenhöhle. In das eirunde Portal des Brettes griff die Schulter Lenettens wie ein Einlegemesser ein – ein weißer Bogen Papier war als Grundierung von de Piles darübergenagelt – der schöne warme Kopf wurde ans steife Papier angedrückt – er setzte den Bleistift oben an der Schattenstirn enthaltsam an, so schwer es auch war, in einer solchen Nachbarschaft der Wirklichkeit nach dem bloßen Schatten zu greifen – und fuhr die blumige schöne steile Anhöhe voll Rosen und Lilien herunter... Aber es kam nicht viel Sonderliches heraus: man dachte, er habe das Hinterhaupt leidlich abgeschattet. Er schielte immer auf die farbig beseelte Fläche neben seiner Hand zurück und riß daher so schlecht ab wie ein Schachtelmaler. »Wendeline, dein Kopf sitzt auch nicht eine Minute fest«, sagt' er. Allerdings schwankte ihr Gesicht wie ihre Gehirnfibern vom stärkern Gange des Herzens und Atems; auf der andern Seite aber stolperte seine Reißfeder über das sanft erhobne Bildwerk der kleinen Nase, fiel in die Spalte der Lippe und strandete auf der Untiefe des Kinns. Er küßte die Lippen, die er nicht treffen konnte und die sich immer zu sehr öffneten oder verschlossen, und holte einen Rasierspiegel und sagte: »Da sieh, hast du nicht mehr Gesichter als Janus oder ein indischer Gott? – Der Rat muß denken, du hättest Gesichter geschnitten, und ich sie gezeichnet. – Schau, da hast du gewankt, und ich bin dir nachgesetzt mit einem Gemsensprung, jetzo greift der Vorsprung des obern Gesichts über das untere wie eine Halbmaske hinaus. Bedenke nur, wie der Rat morgen gucken wird.« – »Guter, nur noch einmal; ich will ja alles tun, damit es hübsch aussieht«, sagte errötend Lenette. Jetzo preßte ordentlich ein erstarrender Hals das weiche Gesicht an das Reiß-Brett, aber indem der Mann mit seinem Legestachel des Risses über die Stirn niederglitt, die ein Kugelausschnitt aus einer weißen Halbkugel zu sein schien – so vernahm er statt des Atems ein zitterndes Zurückstemmen desselben und sah ein anglühendes Angesicht vom schwellenden Atem... Hier schlug auf einmal der Argwohn, wie ein zerspringender Brander, harte Trümmer seiner Freude an sein Herz, der Argwohn: »Ach liebt sie ihn vielleicht doch gewiß?« – (nämlich den Rat)... Seine Feder blieb im stumpfen Winkel zwischen Stirn und Nase wie bezaubert eingestochen – er hörte nun das zitternde Ausatmen vernehmlich – seine Ätznadel zog schwarze Furchen am Rande des Schattens hinab, und als er auf dem zugedrückten Munde stockte, auf dem bisher nichts Warmes gewesen war als seiner und ihre Morgenandacht, und als er dachte: »Auch das soll mich treffen? auch diese Freude soll mir genommen werden? – und Ich soll mir hier eigenhändig meinen Scheide- und Urias-Brief auszeichnen?« – so konnt' er nicht mehr – er schnellte das Reiß-Brett von ihrer Achsel – fiel an den verschlossenen Mund – küßte den gefangnen Seufzer auf – drückte seinen Argwohn zwischen seinem und ihrem Herzen tot und sagte immerfort: »Erst morgen, Lenette! – Zürne nur nicht! Bist du denn nicht mehr wie in Augsburg? – Verstehst du mich denn? – Weiß du etwan, was ich will?« – Sie antwortete unschuldig: »Ach, wirst es übel nehmen, Firmian – nein, ich weiß es nicht.« – Und die Göttin des Friedens nahm dem Gotte des Schlafes den Mohnkranz ab und flocht ihn in den Ölkranz ein – und führte das Ehepaar bekränzt und ausgesöhnt und Hand in Hand in die blinkenden Eisfelder der Träume – in den magischen getuschten Hintergrund des grellen bunten Tages – in unsere dunkle Kammer voll beweglicher Bilder einer verkleinerten Welt, wo der Mensch wie der Schöpfer unter niemand wohnt als unter Geschöpfen.

      Ende der Vorrede und des ersten Bändchens

      Der Leser wird noch aus dem Anfange der Vorrede wissen, daß ich so glücklich war, den alten Kaufmann auf eine große Mohngarbe zu bringen und seiner Tochter ein frohes Laubhüttenfest aus den Herzblättern des gegenwärtigen Hausgärtchens zu geben... Aber der böse Feind weiß einen Platzregen auf unsre schönsten Feuerwerke zu wehen. Ich tat nichts als meine Pflicht, wenn ich eine kleine Taschen-Leihbibliothek für ein armes stilles Ding von Mädchen war, dem der Alte keinen Umgang zuließ, der vernünftig war, als den mit dem Papagei und mit dem vorigen Gerichthalter.

      Der erste stand in seinem Bauer neben ihrem Dintenfaß und Schmierbuch und erlernte von ihr, was ein Buchhalter als Deutsch-Italiener zur Korrespondenz zu wissen braucht. Und da ein Papagei allemal durch einen Taschenspiegel am Käfig zu Sprachsachen ermuntert wird: so sahen beide, die Sprachmeisterin und der Zögling, miteinander hinein. – Das andere, der Gerichthalter, war ich. Aber der Hauptmann ließ sie – aus Furcht vor uns verführerischen Prinzessinnenräubern und Raubbienen und weil ihre Mutter tot war und weil sie in der Schreibstube zu brauchen war – mit keinem Herrn reden als unter sechs Augen und vor ebensoviel Ohren. Daher kam selten ein Herr, außer mir, anstatt daß sonst ein Vater sich durch eine blühende Tochter ganze männliche Insektensammlungen ins Haus lockt, wie ein Kirschbaum, der am Fenster in Blüte steht, Wespen und Bienen in die Stube zieht. Es war nicht eines jeden Sache, wenn er ein gescheutes Wort – d. h. eines, das der Vater nicht hörte – mit ihr reden wollte, erst vor diesem Argus das Flötenregister zu ziehen und eine Stunde zu orgeln und hundert grüne Augen zuzusperren, um in zwei blaue zu schauen; meine Sache war es zwar, aber die Welt höre, was mir für ein Dankpsalm und für eine Dankadresse dafür ward.

      Der Alte hatte sich nämlich – mißtrauisch durch mein langes Dasitzen am vorigen Abend geworden – an diesem nur angestellet, als schlief' er, um zu sehen, auf was ich ausginge. Sein eiliges Entschlafen, wie sich der Leser aus dem Anfange dieser Vorrede besinnt, hätte mich überhaupt mehr frappieren sollen; ich hatte noch dazu selber schon aufs Gegenteil gerechnet und ihm deswegen Extrakte aus mehren Vorreden als dieser zu Niklasruhen oder Schlafpulvern zugedacht. Denn obgleich die Rabbinen lehren, daß zwölf Heukörbe mit leerem Gewäsche vom Himmel gefallen wären und daß neun davon bloß die Weiber aufgegriffen hättenBuxt. lex. p. 221. : so ists doch nur mit der Einschränkung wahr, daß sich die Vorredner – und die Rechtsfreunde – besagte neun Körbe zu ihrer Nutznießung erheiratet haben, von ihren Weibern als Eingebrachtes.

      Der diebische Horcher wartete liegend meinen Rapport von den zwei Blumenstücken und von den vier Kapiteln dieses Werkleins ab: am Ende des vierten prallte er in die Höhe wie eine aufschnellende Maulwurffalle, worauf man getreten hat, und fiel mich von hinten mit folgender Huldigungpredigt an: »Hat Sie denn der lebendige Teufel beim Schopf? – Sie kommen aus Berlin und wollen meiner leiblichen Tochter da atheistisches windiges Romanenzeug in den Kopf setzen, daß sie in kein Kontor mehr taugt, wie? Machen Sie mir meinen nicht warm, Herrrrr!« –

      »Nur auf ein Wort!« sagt' ich gelassen und zog ihn in die finstre ungeheizte Nebenstube hinaus, »Hr. Zopfhaupt, nur auf ein halbes Wort!«

      In der dunkeln Sakristeistube legte ich die zwei Hände auf seine Achseln und sagte: »Hr. Zopfhaupt, denn so hieß unter Karl dem Großen ein jeder Hauptmann, weil damals die Soldaten – wie jetzo die Weiber – einen Zopf statt einer Fahne vor sich hattenMösers Osnabrückische Geschichte etc. 1. Tl. . – – Ich beiße mich heute, wo das alte Jahr untergeht und ein neues auf, mit Ihnen nicht herum; ich beteur' Ihnen, daß ich der SohnWer den Hesperus später lieset als diese Vorrede, dem muß die unschuldige Neubegierde gelassen werden. Der andere hat sie schon gestillt. des ****en bin und daß ich Sie nicht wieder sehe und daß Sie gleichwohl alle Wiener Briefe haben sollen. Aber ich bitte Sie um Gottes willen, lassen Sie Ihre Dlle. Tochter lesen. Jetzo lieset jeder Kaufherr, der sie heiraten kann, und jede Kauffrau, die schon einen hat: und gesponnen und gekocht wird in unsern Tagen – das sehen Sie aus den Hemden und Wänsten – bei aller Lektüre noch immer genug. Und verführen – kann ein Leser gerade eine Leserin am schwersten und eine ABC-Schützin am besten. – – Das sehen Sie an der Stenzin. Hr. Hauptmann, ich bitte Sie!«

      »Ei, daß dich – über den lebendigen Windfächel! was kümmert Sie mein Ding drinnen (seine Tochter)?« war seine Replik. – Ein wahrer Glückhafen wars für mich, daß ich in den СКАЧАТЬ