Название: Flug in den Weltraum
Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754175743
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Als er danach griff, stäubte der feste Wollstoff in der Umgebung der Rocktasche wie mürber Zunder auseinander, und das Zeitungspapier, in das er seinen Fund gestern eingeschlagen hatte, wirbelte in Form einer weißen Staubwolke auf.
Watson versuchte, sich mit Gewalt zu logischem Denken zu zwingen. Eine zerstörende Kraft mußte von diesem geheimnisvollen Metall ausgehen. Mit dem geübten Blick des Physikers erkannte er auch, daß sie nicht nach allen Richtungen hin gleichmäßig wirkte. Nur nach der Außenseite hin waren Anzugstoff und Zeitungspapier zermürbt, während sie nach innen hin keine Spur einer Zerstörung zeigten.
Halb im Unterbewußtsein ging Watson der Gedanke durch den Kopf, daß er gestern viel Glück hatte, als er das Metallstück gerade so und nicht anders herum in seine Tasche steckte. Wer weiß, so wanderten seine Gedanken weiter, was geschehen wäre, wenn diese unheimliche Kraft den langen Tag über nach der anderen Seite hin auf seinen Körper gewirkt hätte . . . Wie durch eine Ideenassoziation . . . fast zwangsläufig kam ihm im gleichen Augenblick auch die Erinnerung an jene Strahlungen, die von Röntgenröhren und radioaktiven Substanzen ausgehen und manchem Forscher Siechtum und vorzeitigen Tod gebracht haben. Diesmal hatte das Unheil nur ein Kleidungsstück betroffen, aber die Art der Zerstörung ließ über die Gefährlichkeit der Kräfte, die hier im Spiele waren, keinen Zweifel zu.
Als Watson mit seinen Überlegungen bis zu diesem Punkt gekommen war, brachte er den Metallbrocken mit großer Vorsicht wieder an seine alte Stelle, faltete den so schwer beschädigten Rock zusammen und schob ihn in seine Aktentasche. Sorgsam trug er die Tasche während des Weges zu dem Carnegie Building der Howard-Universität so, daß die gefährliche Seite des Metallstückes von seinem Körper abgewandt war.
Die letzten Beobachtungen und Überlegungen in seiner Wohnung hatten doch so viel Zeit in Anspruch genommen, daß er verspätet zum Dienst kam. Seine erste Frage im Institut war nach Robert Jones.
»Mr. Jones ist bei Professor O'Neils«, wurde ihm geantwortet.
Ohne sich weiter aufzuhalten, griff Watson wieder nach seiner Aktentasche, ging über den Flur und klopfte an O'Neils' Tür . . .
»Da kommt er ja!« unterbrach Jones sein Gespräch mit Professor O'Neils. »Jetzt werden Sie das Corpus delicti selber sehen, Herr Professor. Pack aus, Henry!«
Watson öffnete die Aktentasche und zog den zusammengewickelten Rock heraus.
»Was bringen Sie da?« fragte O'Neils und zog die Brauen in die Höhe.
»Was ist das, Henry?« fragte auch Jones. »Warum schleppst du den alten Rock mit?«
»Um Ihnen etwas Interessantes zu zeigen, Herr Professor.« Watson breitete das Kleidungsstück auf der Tischplatte aus und wies auf die zerzunderten Stellen, während er weitersprach. »Sehen Sie sich den Stoff an. Die Struktur der Wollfäden ist vollständig zerstört. Nicht einmal Schwefelsäure hätte das vermocht, aber dieses Metall hat es fertiggebracht. Auch das Papier fällt wie Staub auseinander.« Er wischte mit der Hand darüber, und unter einer grauweißen Staubschicht kam das Metall des Brockens zum Vorschein.
»Ah, das ist bemerkenswert«, meinte O'Neils und vertiefte sich in das Protokoll, das Watson und Jones am vorangegangenen Tag über ihren Fund abgefaßt hatten. Als er mit der Lektüre fertig war, schnitt er das Blatt aus dem Notizbuch heraus und klebte es in ein neues Protokollbuch.
»So, meine Herren«, sagte er, nachdem das geschehen war, »jetzt wollen wir weiteruntersuchen. Kommen Sie mit in das Laboratorium. Wir wollen den Stoff gemeinsam analysieren.«
Für die nächsten Stunden ging es jetzt in dem Laboratorium in Washington ganz ähnlich zu wie achtzehn Stunden vorher an Dr. Thiessens Arbeitsstätte in den Gorla-Werken, denn hier wie dort erregten die gefundenen Resultate immer wieder Verwunderung und Kopfschütteln. Weiter ergab die Untersuchung, daß es sich bei der merkwürdigen Substanz um einen bleiähnlichen, radioaktiven Stoff handelte, der in einem ganz außergewöhnlich lebhaften Zerfall begriffen war und unaufhörlich Protonen, Neutronen und Elektronen mit einer bisher noch niemals beobachteten Geschwindigkeit ausschleuderte.
»Ich wundere mich nicht, daß dieses Bombardement Ihrem Rock schlecht bekommen ist«, sagte O'Neils, während er das Ergebnis der Messungen niederschrieb. »Protonen, die fast mit Lichtgeschwindigkeit in den Raum spritzen, müssen verheerend auf die Umgebung wirken. Auch für die Gewichtsdifferenz sehe ich jetzt die Möglichkeit einer Erklärung. Die abgeschleuderten Protonen üben auf das Metall natürlich einen Rückstoß aus . . . Wir haben es hier mit einer Art von Atomrakete im kleinen zu tun, das scheint mir jetzt ziemlich sicher zu sein . . . Aber noch bleibt die Frage offen: Wo stammt das Stück her?«
»Vielleicht aus dem Weltraum?« Jones wiederholte damit die Vermutung, die er bereits gestern Watson gegenüber geäußert hatte.
»Wäre es nicht möglich«, fuhr er fort, »daß wir ein Sprengstück von einer Sternenkatastrophe vor uns haben? . . . daß dieser Brocken hier als der Zeuge eines fernen Weltunterganges nach einem Flug von tausend oder zehntausend Jahren zu unserer Erde kam?«
O'Neils schüttelte den Kopf. »Impossible, my dear! Dafür ist seine Form zu regelmäßig. Eine Bearbeitung durch Menschenhand ist unverkennbar. Ein Meteorit müßte anders aussehen. Das Stück scheint durch irgendwelche Gewaltwirkung aus einer größeren Platte herausgerissen worden zu sein.«
Die Äußerung O'Neils' gab Watson Veranlassung, mit seiner Theorie herauszukommen. Er vertrat die Meinung, daß es von den rotierenden Teilen eines Flugkörpers abgeschleudert worden sei, traf dabei aber auf den lebhaften Widerspruch von Jones und O'Neils.
»Ein Flugzeug war nicht zu sehen, Henry«, unterbrach ihn Jones, »wir hätten auch etwas von ihm hören müssen, wenn es dagewesen wäre!«
»Mag es dagewesen sein oder nicht«, mischte sich O'Neils wieder ein, »jedenfalls bestehen die Teile eines Flugzeuges nie und nimmer aus einem derartig radioaktiven Stoff, wie wir ihn hier vor uns haben. Ihre Hypothese ist nicht haltbar, Mr. Watson.«
»Zum Teufel, wo stammt der verdammte Brocken her?« murmelte Jones vor sich hin.
Professor O'Neils sprach weiter. »Es ist ein Erzeugnis von Menschenhand, also muß das Stück von einer menschlichen Arbeitsstätte herstammen. Das ist doch unbestreitbar?« fügte er wie fragend hinzu. Watson und Jones nickten schweigend Zustimmung.
»Dann wäre weiter aufzuklären, wie das Stück so hoch in die Luft gelangte«, führte O'Neils seine Schlußkette weiter. »Eine Idee, meine Herren! Es könnte durch eine Explosion hochgeschleudert worden sein . . . jawohl! Das ist die einzige Möglichkeit. Wir müssen Erkundigungen einziehen, ob und wo in der Umgebung von Washington eine Explosion stattgefunden hat. Wenn wir das erfahren, werden wir dem Ursprung dieses Stückes auch auf die Spur kommen.«
Professor O'Neils hatte seine Folgerungen logisch aufgebaut und war mit seinen Vermutungen auch ziemlich dicht an die Wahrheit herangekommen. Nur darin war ihm ein Irrtum unterlaufen, daß er an eine Explosion in der Nähe von Washington dachte. Aber freilich war es dem Brocken, der da harmlos und unscheinbar vor ihm auf dem Tisch lag, ja auch nicht anzusehen, daß er bereits einen Flug von viertausend Meilen hinter sich hatte, als er in den Vernon Hills eine СКАЧАТЬ