Название: Erzählungen aus 1001 Nacht - 1. Band
Автор: Anonym
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783966512213
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Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Da sagte Dunyazad: »O meine Schwester, wie schön ist deine Erzählung, und wie entzückend, und wie lieblich und wie berückend!« Sie aber erwiderte: »Und was ist sie erst, verglichen mit der, die ich in der kommenden Nacht erzählen könnte, wenn ich lebte und der König mich verschonte!« Da dachte der König: »Bei Allah, ich will sie nicht erschlagen, bis ich den Schluß der Geschichte hörte, denn wahrlich, sie ist wunderbar.« So schliefen sie in dieser Nacht in gegenseitiger Umarmung bis zum Tage. Dann aber ging der König in seine Staatshalle, und der Vezier und die Truppen traten ein, und der Hof war voll, und der König gab seine Befehle und sprach Recht und ernannte und setzte ab, ordnete an und verbot während des ganzen Tages. Und schließlich brach der Diwan auf, und der König Schahryar kehrte in seinen Palast zurück. Als nun die Dritte Nacht da war, und der König an der Tochter des Veziers seinen Willen genossen hatte, sagte Dunyazad, ihre Schwester: »Erzähle uns deine Geschichte zu Ende«; und sie erwiderte: »Mit Freude und großer Lust! Ich habe gehört, o glücklicher König, als der dritte Alte dem Dschinni eine Geschichte erzählte, wunderbarer noch als die beiden früheren, da habe der Dschinni in höchstem Staunen gestaunt; und indem er sich vor Vergnügen schüttelte, rief er: ›Siehe, ich habe dir den Rest der Strafe des Kaufmanns geschenkt, und um deinetwillen gab ich ihn frei.‹ Da umarmte der Kaufmann die Alten und dankte ihnen, und die Schaykhs wünschten ihm Freude zu seiner Rettung und zogen davon, ein jeder in seine Stadt. Und doch ist diese Geschichte nicht wunderbarer als die Geschichte des Fischers.« Und der König fragte: »Welches ist die Geschichte des Fischers?« Und sie erwiderte und erzählte
Die Geschichte von dem Fischer und dem Dschinni
»Ich habe vernommen, o glücklicher König, einst lebte ein Fischer, hochbetagt, der hatte ein Weib und drei Kinder und war doch von großer Armut. Nun war es seine Gewohnheit, das Netz viermal am Tage auszuwerfen, und nicht mehr. Eines Tages ging er um Mittag zur Meeresküste hinunter, wo er seinen Korb niederlegte; und indem er das Hemd aufschürzte, ging er ins Wasser, warf das Netz aus und wartete, bis es zum Grunde sank. Dann faßte er die Stricke zusammen und zog daran, aber er fand es sehr schwer; und so sehr er auch zum Lande hin zerrte, er konnte es nicht heraufziehn; so trug er die Enden ans Land und trieb einen Pfahl in den Boden und band das Netz daran. Dann zog er sich aus und tauchte ins Wasser, rings um das Netz, und ließ nicht ab, bis er es heraufgebracht hatte. Da freute er sich, zog die Kleider an und trat zum Netze hin; aber er fand nur einen toten Esel, der ihm die Maschen zerrissen hatte. Als er nun das sah, rief er in seinem Schmerz: ›Es gibt keine Majestät, und es gibt keine Macht außer bei Allah, dem Glorreichen, Großen!‹ Dann sprach er: ›Dies ist eine sonderbare Art des täglichen Brotes‹; und er begann aus dem Stegreif in Versen zu sprechen:
Halte inne, du Taucher durch Nacht in Fahr und Not – Denn durch Arbeit nicht kommt dir dein tägliches Brot!
Siehst du, wenn die Sterne der Nacht verworren ziehn – Auf der Suche den Fischer in seinem Boot?
Jetzt taucht er dem Stoße der Wogen zum Trotz – Wo bauchig das Netz seinen Blicken sich bot.
Bis der Beute froh einen Fisch er bringt – Dem der Schicksalshaken brachte den Tod.
Und wenn dann den Fisch ein Mann ersteht – Der im warmen Zimmer spottet der Not,
Dann dem Herren Preis, der gibt oder nimmt – Und ihr Tun so dem Fischer wie Schlemmer gebot.
Dann sprach er: ›Auf und daran; ich bin seiner Wohltat gewiß, Inschallah!‹ Und er fuhr fort:
Wenn dich das schlimme Schicksal packt – So zeige in Langmut dich groß:
Nicht Geschaffenen klage: es wäre der Ruf – Um Erbarmen an den, der erbarmungslos.
Und als der Fischer sich den toten Esel angesehen hatte, machte er ihn aus den Maschen frei, preßte das Netz aus, stieg von neuem ins Meer und sagte dabei: ›In Allahs Namen!‹ und er warf es aus und zog daran, doch es wurde schwer und legte sich noch fester nieder als das erstemal. Jetzt aber glaubte er, es seien Fische darin, und er befestigte es, zog seine Kleider aus, ging ins Wasser, tauchte und zog daran, bis er es aufs trockene Land hinaufbrachte. Da fand er einen großen irdenen Topf darin, der voll Sand und Schlamm war; und als er das sah, war er sehr bekümmert, und er begann diese Verse zu sprechen:
Halt inne, Not der Welt – Und willst du nicht, vergib:
Ich suchte wohl mein Brot – Seh, daß ich brotlos blieb:
Das Handwerk bringt mir nichts – Das Glück hat mich nicht lieb:
Wie mancher Stern den Narren lacht – Wo den Weisen und Wachen umhüllt die Nacht!
So bat er Allah um Vergebung, preßte sein Netz aus, säuberte es und kehrte zum drittenmal zum Meer zurück, um es auszuwerfen; und er wartete, bis es gesunken war, und zog daran und fand Scherben und zerbrochenes Glas darin; worauf er diese Verse zu sprechen begann:
Er ist dein täglich Brot, du kannst es nicht lösen, nicht binden – Dir hilft weder Feder noch Schrift, dein täglich Brot zu finden:
Denn Freude und täglich Brot kann nur das Schicksal gewähren – Ist der Boden hier hart und rauh, dort ist er voll Gräser und Winden.
Die Pfeile der Zeit und des Lebens werfen gar manchen Mann von Wert – Während niedere Wichte in Höhe stolz dem Blick des Menschen entschwinden.
So komme du, Tod, denn das Leben ist nicht einen Strohhalm wert – Wenn der Falke fällt, und der Enterich beflügelt schwebt auf den Winden.
Kein Wunder, wenn, wer an Seele groß, arm ist, und wenn – Ein jeder Kerl den Weg vermag zu Höhen des Glücks zu finden.
Ein Vogel durchfliegt die ganze Welt, vom Ost zum fernsten West – Und jenem erfüllt sich ein jeder Wunsch, ob er nie auch ließ das Nest.
Und er hob die Augen zum Himmel und sagte: ›O Allah! wahrlich, du weißt, ich werfe mein Netz täglich nur viermal aus; dreimal tat ich es jetzt, und du gabst mir nichts. Also gib mir diesmal, o mein Gott, das tägliche Brot.‹ Und nachdem er Allahs Namen angerufen hatte, warf er nochmals das Netz aus und wartete, bis es sank und sich legte; dann zog er daran, aber er konnte es wieder nicht heben, denn es war unten festgehakt. In seinem Ärger rief er aus: ›Es gibt keine Majestät, und es gibt keine Macht außer bei Allah!‹ und er sprach:
Pfui auf die elende Welt, wenn so sie ist – Mich erdrücken Elend und Gram:
Ist froh auch am Morgen dein Los, du trinkst – Den Becher des Wehs, eh' der Abend kam:
Und doch war ich einer von denen, die – Man als Beispiel des Glückes nahm.
Da zog er sich aus und tauchte zum Netz hinunter und mühte sich, bis er es am Lande hatte. Dann öffnete er die Maschen und fand darin eine gurkenförmige Flasche aus gelbem Kupfer, in der offenbar etwas war, und deren Mund eine Bleikapsel mit dem Siegel unseres Herrn Sulayman schloß, des Sohnes Davids (Allah behüte die beiden!). Da freute der Fischer sich und sagte: ›Wenn ich sie auf dem Kupfermarkt verkaufe, so ist СКАЧАТЬ