Название: SPQR - Der Fluch der Mumie
Автор: Norbert Wibben
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
Серия: SPQR
isbn: 9783742770516
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»Lange Reaktionszeiten sind schlecht für eine Detektei«, dozierte Emma beim Einrichten der Seite. Sie hatten vorsichtshalber das gewünschte Funktionieren überprüft, dennoch zuckt Luke beim Erhalt der Nachricht kurz zusammen. Er hatte schon nicht mehr an diese Eigenschaft des Formulars gedacht. Der Junge schaut auf das Display und kraust zuerst verwundert die Stirn. Warum bekommt er zwei Meldungen? Gleichzeitig zu der Erkenntnis, dass er in diesem Fall schließlich Auftraggeber und Detektiv ist, schießt ihm eine weitere durch den Kopf. Eine Fehlfunktion für die Übertragung der Eingaben kann also ausgeschlossen werden. Der einfache Grund, weshalb sie keine Anfragen erreichen, ist der, dass niemand das Kontaktformular nutzt! Und die Kontaktaufnahme per E-Mail ebenso wenig.
Sollte Britta mit ihrem Vorschlag recht haben, mehr Reklame auf den verschiedenen Social Media Seiten zu machen? Der Junge ist nicht davon überzeugt, zumal Emmas dagegensprechenden Argumente in seinen Augen zutreffen. Er denkt an die Liste abgeschlossener Fälle. Wenn es über Wochen keine neuen Aufgaben für die Detektive gibt, wirkt das auf mögliche Kunden wenig vertrauenerweckend. Deshalb ist er entgegen seiner ersten Auffassung der Meinung, Remus‘ Verschwinden doch als Aufgabenstellung in die Übersicht aufzunehmen. Das ist dann eben ein aktueller Fall, an dem die Freunde arbeiten.
Luke hat eine Idee. Er will durch Emma in der Gestaltung der Liste eine Änderung vornehmen lassen. Sie soll zusätzliche Statusmeldungen in die Tabelle integrieren. Er stellt sich vor, dass für ein Rätsel, beziehungsweise jeden Vorgang, zuerst eine Zeile angelegt wird. Darin wird die Aufgabe mit einem Begriff oder Schlagwort versehen. In diesem Fall ist das: »Kolkrabe entflogen«. Darunter kommt eine Reihe mit den Spalten »angefragt«, »gestartet«, »Erkenntnisse« und »abgeschlossen«. Hier wird das jeweilige Datum eingetragen, woraus indirekt die Schwierigkeit eines Auftrags abgelesen werden kann. Anschließend folgt eine dritte Zeile, in die abschließende Bemerkungen platziert werden sollen. Der neue Aufbau nimmt vor den Augen des Jungen bereits Gestalt an, da meldet sich sein Handy erneut.
Wie so oft reagiert Britta als Erste der Freundinnen. Sie nutzt den Gruppenchat ihres Messengers.
»Was ist los, Luke? Hast du nochmal einen Probelauf des Kontaktformulars gemacht?«
»Das war es natürlich auch. Ich bin aber der Auffassung, dass wir sozusagen offiziell mit der Suche nach Remus starten sollten.«
»Sorgst du dich so sehr um unseren Freund? Das verstehe ich durchaus, denn mir geht es ähnlich! Ich vermisse sein keckes und oftmals drolliges Verhalten.«
»Macht euch nicht lächerlich«, antwortet nun auch Emma. »Remus findet sich recht gut in der Welt zurecht. Das hat er in vielen Situationen bewiesen. Ihm ist es vermutlich einfach zu langweilig geworden, jetzt, wo wir keinen Fall bearbeiten. Ihr werdet es erleben, er wird quietschvergnügt auftauchen und nach uns krakeelen. Ich kann schon sein: »Hallo Mädels!«, hören.«
Das Mädchen beabsichtigt offensichtlich, mit diesen Worten nicht nur die anderen, sondern auch sich selbst zu beruhigen.
»Schön wär’s«, denkt Luke. »Bis morgen. Wir sehen uns in der Schule«, sendet er zurück und schaltet sein Smartphone auf stumm. Er will versuchen, trotz seiner Sorge um den Freund, zu schlafen. Das gelingt nicht so einfach. Ihm gehen die bisher gelösten Fälle durch den Kopf, bei denen der Kolkrabe ebenfalls seinen Teil zur Lösung beigetragen hat.
Alleine drei von den vier Vorgängen beziehen sich auf den ursprünglich vor Jahrzehnten gefundenen, aber dann verschwundenen Schatz. Durch Remus‘ laute Rufe wurden sie auf das Mausoleum auf der Insel aufmerksam und konnten den viele Jahre zurückliegenden Diebstahl des Silberschatzes rekonstruieren. Das waren im Grunde genommen selbstgestellte Aufgaben. Der vierte Fall bezog sich dagegen auf das Verschwinden von Gisbert und Jens. Er ist der erste Auftrag, den sie von außen, nämlich von Ilse Lemkul erhalten hatten.
Lukes Gedanken driften in eine andere Richtung. Welches Anfangs- und Abschlussdatum ist für die einzelnen Vorgänge zu setzen, wenn die Seite, so wie vorhin überlegt, geändert wird? Soll der Tag genannt werden, an dem sie sich zum ersten Mal mit der Schatzsuche beschäftigten? Für den vierten Fall ist das einfach. Ilse Lemkul hatte sie am letzten Schultag vor den Herbstferien mit der Suche nach Jens beauftrag. Das Datum steht somit unzweifelhaft fest.
»Das ist alles unwichtig«, drängt er die Überlegungen in den Hintergrund. Viel wichtiger ist doch, wo Remus geblieben sein mag. – Soll er Kontakt zu Hiram Paltow aufnehmen? Das Tier könnte zu ihm geflogen sein. Auch wenn das nicht zutreffen sollte, hat der Leiter des Vogelparks womöglich eine Idee, wo die Freunde suchen könnten.
Der Junge schimpft mit sich, weshalb er dem Kolkraben beim letzten Fortfliegen nicht mit seinem Mofa gefolgt ist. Dann fällt ihm eine bessere, aber ebenfalls nicht genutzte Möglichkeit ein. Emma hatte den Vogel vor Monaten an das Tragen eines GPS-Tracker zu gewöhnen versucht. Die Freundin hatte lange nach einem besonders kleinen Exemplar gesucht und immer wieder mit Remus geübt. Obwohl der Tracker nur ein Gewicht von unter zwanzig Gramm besitzt und die Akkulaufzeit etwa eine Woche beträgt, sträubte sich der Kolkrabe meistens, das kleine Gerät zu akzeptieren. Es behinderte ihn keineswegs beim Fliegen, wie er beim bisher einmaligen Tragen unter Beweis gestellt hatte. Damals half gerade die Ortungsfunktion, den gefiederten Freund aus einer misslichen Lage zu befreien. Doch in den Tagen danach wollte Remus den Fremdkörper immer wieder entfernen, weshalb der Tracker seitdem ungenutzt in Remus‘ Prätorium herumliegt.
Luke schlägt sich vor die Stirn. Warum hatte er den Vogel nicht erneut an das Gerät zu gewöhnen versucht? Dann wüsste er vermutlich, wo der Vogel in diesem Augenblick steckt! Dabei wäre es egal, ob der vor Langeweile einfach nur ziellos in der Gegend herumfliegt. Das hatte Emma so ähnlich ausgedrückt. Wäre der Akku in dem Fall nicht bereits leer, bevor die Freunde den Vogel lokalisiert hätten?
Am Morgen wacht Luke völlig gerädert auf. Sein forschender Blick richtet sich sofort zum Fenster. Er springt aus dem Bett und öffnet es weit.
»Remus, komm zu mir!«, fordert er mit weithin schallender Stimme. Doch der Kolkrabe ist nirgends zu entdecken, und ein Krächzen ist auch nicht zu hören. Der Junge schließt die Fensterflügel und trottet enttäuscht erst ins Bad und dann nach unten. In der Küche wird er von seiner Mutter mit einem Morgengruß empfangen. Danach fragt sie:
»Ist er noch nicht heimgekehrt?«
Sie hat die Miene ihres Sohns richtig interpretiert. Der schüttelt den Kopf und lässt sich am Tisch auf einen Stuhl fallen.
»Ich habe kaum Lust, zur Schule zu gehen und würde stattdessen lieber nach Remus suchen.« Er spült einen ersten Bissen mit einem Schluck Orangensaft hinunter und fährt schnell fort. »Nein, keine Sorge, Mom. Ich fahre mit dem Mofa zum Gymnasium. Wir schreiben in der zweiten Stunde eine Mathearbeit, da möchte ich nicht fehlen. Obwohl ich mich vermutlich nur schlecht konzentrieren können werde. Aber möglicherweise haben Britta und Emma ja eine Idee …« Der Junge unterbricht sich und schaut schnell auf das Display seines Handys. Da er es auf lautlos gestellt hatte, hätte ihm eine Nachricht entgehen können. Doch es gibt nichts Neues. Er isst sein Brot, packt das für die Pause in seinen Rucksack und verabschiedet sich.
Draußen richtet Luke den Blick zum Himmel. Er ruft erneut nach dem Vogel, aber ebenso ohne Erfolg. Er schließt die Jacke und startet sein Mofa. Es ist Anfang April und noch empfindlich kalt, besonders auf dem СКАЧАТЬ