Winnetou. Karl May
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Название: Winnetou

Автор: Karl May

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752992748

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СКАЧАТЬ fragte er.

      »Wohin?«

      »Zu einem Gentleman, der Euch gern kennen lernen will.«

      »Warum mich?«

      »Das könnt Ihr Euch doch denken: weil er noch kein Greenhorn gesehen hat.«

      »So gehe ich mit; er soll uns kennen lernen.«

      Henry machte heut so ein pfiffiges, unternehmendes Gesicht, und wie ich ihn kannte, hatte er irgend eine Überraschung vor. Wir schlenderten durch einige Straßen und dann führte er mich in ein Bureau, in welches von der Straße aus eine breite Glastür führte. Er nahm den Zutritt so schnell, daß ich die goldenen Lettern, welche auf den Glasscheiben standen, nicht mehr lesen konnte, doch glaubte ich, die beiden Worte Office und surveying gesehen zu haben. Bald stellte es sich heraus, daß ich mich nicht geirrt hatte.

      Es saßen drei Herren da, welche ihn sehr freundlich und mich höflich und mit nicht zu verbergender Neugierde empfingen. Karten und Pläne lagen auf den Tischen; dazwischen gab es allerlei Messinstrumente. Wir befanden uns in einem geodätischen Bureau.

      Welchen Zweck mein Freund mit diesem Besuche verfolgte, war mir unklar; er hatte keine Bestellung, keine Erkundigung vorzubringen; er schien nur der freundschaftlichen Unterhaltung wegen gekommen zu sein. Diese kam allerdings sehr bald in einen lebhaften Gang, und es konnte nicht auffallen, daß sie sich schließlich auch auf die Gegenstände, welche sich hier befanden, erstreckte; dies war mir lieb, denn da konnte ich mich besser beteiligen, als wenn von amerikanischen Dingen oder Verhältnissen gesprochen worden wäre, die ich noch nicht kannte.

      Henry schien sich heut außerordentlich für die Feldmesskunst zu interessieren; er wollte alles wissen, und ich ließ mich gern so tief in das Gespräch ziehen, daß ich endlich immer nur Fragen zu beantworten, den Gebrauch der verschiedenen Instrumente zu erklären und das Zeichnen von Karten und Plänen zu beschreiben hatte. Ich war wirklich ein tüchtiges Greenhorn, denn ich merkte nicht die Absicht heraus. Erst als ich mich über das Wesen und die Unterschiede der Aufnahme durch Koordinaten, der Polar- und Diagonalmethode, der Perimetermessung, des Repetitionsverfahrens, der trigonometrischen Triangulation ausgesprochen hatte und die Bemerkung machte, daß die drei Herren dem Büchsenmacher heimlich zuwinkten, wurde mir die Sache auffällig, und ich stand von meinem Sitz auf, um Henry anzudeuten, daß ich zu gehen wünsche. Er weigerte sich nicht, und wir wurden jetzt auch ich noch freundlicher entlassen, als der Empfang gewesen war.

      Als wir dann so weit gegangen waren, daß man uns von dem Bureau aus nicht mehr sehen konnte, blieb Henry stehen, legte mir die Hand auf die Schulter und sagte, indem sein Gesicht in heller Genugtuung leuchtete:

      »Sir, Mann, Mensch, Jüngling, Greenhorn, aber habt Ihr mir eine Freude gemacht! Ich bin ja förmlich stolz auf Euch!«

      »Warum?«

      »Weil Ihr meine Empfehlung und die Erwartung dieser Leute noch übertroffen habt!«

      »Empfehlung? Erwartung? Ich verstehe Euch nicht.«

      »Ist auch nicht nötig. Die Sache ist aber sehr einfach. Ihr behauptetet kürzlich, etwas von der Feldmesserei zu verstehen, und um zu erfahren, ob dies etwa nur Flunkerei gewesen sei, habe ich Euch zu diesen Gentlemen, die gute Bekannte von mir sind, geführt und Euch von ihnen auf den Zahn fühlen lassen. Es ist ein sehr gesunder Zahn, denn Ihr habt Euch höchst ehrenvoll herausgebissen.«

      »Flunkerei? Mr. Henry, wenn Ihr mich solcher Dinge für fähig haltet, werde ich Euch nicht mehr besuchen!«

      »Laßt Euch nicht auslachen! Ihr werdet mich alten Kerl doch nicht der Freude berauben, die mir Euer Anblick macht. Wißt schon, wegen der Ähnlichkeit mit meinem Sohne! Seid Ihr vielleicht einmal beim Pferdehändler gewesen?«

      »Täglich des Morgens.«

      »Und habt den Rotschimmel geritten?«

      »Ja.«

      »Wird etwas aus dem Pferde?«

      »Will es meinen. Nur bezweifle ich, daß der, welcher es kauft, so gut mit ihm auskommen wird wie ich. Es hat sich nur an mich gewöhnt und wirft jeden Andern ab.«

      »Freut mich, freut mich ungeheuer; es will also, wie es scheint, nur Greenhorns tragen. Kommt einmal mit durch diese Seitenstraße! Weiß da drüben ein famoses dining-house, in welchem man sehr gut speist und noch besser trinkt. Das Examen, welches Ihr heut so vortrefflich bestanden habt, muß gefeiert werden.«

      Ich konnte Henry nicht begreifen; er war wie umgetauscht. Er, der einsame, zurückhaltende Mann, wollte in einem dining-house essen! Auch sein Gesicht war ein anderes als gewöhnlich, und seine Stimme klang heller und froher als sonst. Examen hatte er gesagt. Das Wort fiel mir auf, konnte hier aber ein ganz bedeutungsloser Ausdruck sein.

      Von diesem Tage an besuchte er mich täglich und behandelte mich wie einen lieben Freund, den man bald zu verlieren befürchtet. Aber einen Stolz über diese Bevorzugung ließ er in mir nicht aufkommen; er hatte stets einen Dämpfer bereit, welcher in dem fatalen Wort Greenhorn bestand.

      Sonderbarerweise hatte sich zu derselben Zeit auch das Verhalten der Familie, in der ich wirkte, verändert. Die Eltern hatten sichtlich mehr Aufmerksamkeit für mich, und die Kinder waren zärtlicher geworden. Ich überraschte sie bei heimlichen Blicken auf mich, die ich nicht verstehen konnte; ich hätte sie liebevoll und auch bedauernd nennen mögen.

      Ungefähr drei Wochen nach unserm sonderbaren Besuche im Bureau bat mich die Lady, am Abend, der heut für mich ein freier war, nicht auszugehen, sondern das supper mit der Familie zu nehmen. Als Grund dieser Einladung gab sie an, daß Mr. Henry kommen werde, und außerdem habe sie zwei Gentlemen geladen, von denen der eine Sam Hawkens heiße und ein berühmter Westmann sei. Ich als Greenhorn hatte diesen Namen noch nicht gehört, freute mich aber doch darauf, den ersten wirklichen und sogar berühmten Westmann kennen zu lernen.

      Da ich Hausgenosse war, brauchte ich nicht bis Punkt zum Glockenschlage zu warten, sondern stellte mich einige Minuten vorher in dem dining-room ein. Dort sah ich zu meiner Verwunderung nicht das gewöhnliche Arrangement, sondern es war wie zu einem Feste gedeckt worden. Die kleine, fünfjährige Emmy hatte sich allein in dem Raume befunden und den Finger, um zu naschen, in das Beerenkompott gesteckt. Sie zog ihn, als ich eintrat, schnell zurück und wischte ihn spornstreichs an ihrem hochblonden Frisurchen ab. Als ich nun mit strafendem Winke den meinigen erhob, kam sie auf mich zugesprungen und flüsterte mir einige Worte zu. Um ihr Vergehen gut zu machen, teilte sie mir das Geheimnis der letzten Tage, welches ihr das kleine Herzchen fast abgedrückt hatte, mit. Ich glaubte, falsch verstanden zu haben; sie aber wiederholte auf meine Aufforderung dieselben Worte: »Your farewell-feast.«

      Mein Abschiedsschmaus! Das konnte doch unmöglich sein! Wer weiß, durch welches Missverständnis das Kind auf diese jedenfalls irrige Meinung gekommen war. Ich lächelte darüber. Dann hörte ich Stimmen im Parlour; die Gäste kamen, und ich ging hinüber, sie zu begrüßen. Sie waren alle drei zu gleicher Zeit gekommen, auf Verabredung hin, wie ich später erfuhr. Henry stellte mir einen jungen, etwas stumpf und ungelenk aussehenden Mann als einen Mr. Black und dann Sam Hawkens, den Westmann, vor.

      Den Westmann! Ich gestehe offen zu, daß ich, als mein Auge verwundert auf ihm ruhte, wohl nicht sehr geistreich ausgesehen haben mag. Eine solche Gestalt hatte ich denn doch noch nicht gesehen; später freilich habe ich noch ganz andere kennen gelernt. War der Mann schon an sich auffällig genug, so wurde dieser Eindruck dadurch erhöht, daß er hier in dem feinen Parlour ganz genau so stand, wie er draußen in der Wildnis СКАЧАТЬ