Nils Holgerssons wunderbare Reise mit den Wildgänsen. Selma Lagerlöf
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Читать онлайн книгу Nils Holgerssons wunderbare Reise mit den Wildgänsen - Selma Lagerlöf страница 27

Название: Nils Holgerssons wunderbare Reise mit den Wildgänsen

Автор: Selma Lagerlöf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752995510

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СКАЧАТЬ sagte nichts mehr, und als Reineke noch ein paar heulende Töne ausgestoßen hatte, wurde alles still. Der Junge aber lag noch immer wach. Jetzt hinderten ihn die Worte, die Akka zu dem Fuchs gesagt hatte, am Schlafen. Nie hatte er sich träumen lassen, etwas so Großes zu hören, daß nämlich jemand sein Leben für ihn wagen wollte. Von dem Augenblick an konnte man von Nils Holgersson nicht mehr sagen, daß er niemand lieb hatte.

      Karlskrona

       Sonnabend, den 2. April

      Es war an einem Abend in Karlskrona, und es war Mondschein. Es war still und schön, aber früherhin am Tage hatte es gestürmt und geregnet, und die Leute glaubten wohl, daß noch schlechtes Wetter sei, denn kaum ein Mensch hatte sich auf die Straße hinausgewagt.

      Wie nun die Stadt so verlassen dalag, kamen die wilde Gans Akka und ihre Schar über die Vämmö und den Pantorholm auf Karlskrona zugeflogen. Sie waren in der späten Abendstunde darauf aus, einen sichern Schlafplatz in den Schären zu suchen. Sie konnten nicht an Land bleiben, weil Reineke Fuchs sie störte, wo sie sich auch niederließen.

      Als nun der Junge hoch oben in der Luft dahergeritten kam und das Meer und die Schären sah, die sich vor ihm ausbreiteten, fand er, daß alles so wunderlich und gespensterhaft aussah. Der Himmel war nicht mehr blau, er wölbte sich über ihm wie eine Kuppel aus grünem Glas. Das Meer lag milchweiß. So weit er sehen konnte, kamen kleine, weiße Wellen mit Silberglanz auf dem Kamm dahergerollt. Mitten in all dem Weiß lagen die vielfachen Schäreninseln ganz kohlschwarz. Mochten sie groß sein oder klein, mochten sie flach sein wie Wiesen oder voll von Klippen, sie waren gleich schwarz. Ja, selbst Häuser und Kirchen und Windmühlen, die sonst weiß oder rot sind, heben sich schwarz gegen den grünen Himmel ab. Der Junge fand, es war so, als sei die Erde unter ihm vertauscht, als sei er in eine andere Welt gekommen.

      Er sagte zu sich selbst, heute nacht wolle er tapfer aushalten und nicht bange sein, aber dann erblickte er sogleich etwas, das ihm einen großen Schrecken einjagte. Es war eine hohe Felseninsel, die mit großen, eckigen Steinblöcken bedeckt war, und zwischen den schwarzen Steinblöcken glitzerten Punkte von klarem, schimmerndem Gold. Er konnte es nicht lassen, an den Maglestein bei Trolle-Ljungby zu denken, den die Kobolde einstmals auf hohen goldenen Säulen errichtet hatten, und er dachte, daß dies vielleicht etwas von derselben Art sei.

      Aber das mit den Steinen und dem Gold hätte noch angehen können, wenn da nur nicht so viel Teufelkram rings um die Insel herum im Wasser gelegen hätte. Das sah aus wie Walfische und Haie und andere große Meerestiere, aber der Junge wußte ja sehr wohl, daß es Wassergeister waren, die sich um die Insel geschart hatten und nun da hinaufklettern und mit den Landgeistern kämpfen wollten, die dort wohnten. Und die da oben an Land waren gewiß bange, denn er konnte einen großen Riesen oben auf der Spitze der Insel stehen und, wie in Verzweiflung über all das Unglück, das über ihn und die Insel kommen würde, die Arme ausstrecken sehen.

      Der Junge war nicht wenig erschrocken, als er merkte, daß Akka den Flug abwärts nahm, sobald sie über der Insel waren. »Huh! Wir wollen uns doch nicht dort niederlassen!« sagte er.

      Aber die Gänse schwebten ruhig abwärts, und bald mußte der Junge staunen, daß er sich so geirrt hatte. Denn erstens waren die großen Steinblöcke nichts weiter als Häuser. Die ganze Insel war eine Stadt, und die schimmernden goldenen Punkte waren Laternen und Reihen von erleuchteten Fenstern. Der Riese, der oben auf der Spitze der Insel stand und die Arme in die Höhe streckte, war eine Kirche mit zwei viereckigen Türmen, und alle die Meeresgeister und Ungeheuer, die er zu sehen geglaubt, waren Boote und Schiffe jeglicher Art, die rings um die Insel vertäut lagen. Auf der Seite, die dem Lande zunächst lag, waren die meisten Ruderboote und Segelboote und kleinen Küstendampfer, aber auf der Seite nach dem Meere zu lagen gepanzerte Kriegsschiffe, einige breit, mit mächtig dicken, hintenüberliegenden Schornsteinen, andere lang und schmal und so gebildet, daß sie wie Fische durchs Wasser gleiten mußten.

      Was für eine Stadt konnte dies nur einmal sein? Ja, der Junge ward sich klar darüber, sobald er die vielen Kriegsschiffe sah. Er hatte Schiffe geliebt, seit er klein war, obwohl er mit keinen anderen zu schaffen gehabt, als mit den Fahrzeugen, die er zum Segeln in den Gräben ausgesetzt hatte. Es unterlag keinem Zweifel, daß die Stadt, wo so viele Kriegsschiffe lagen, keine andere als Karlskrona sein konnte.

      Der Junge hatte einen alten Großvater mütterlicherseits gehabt, der in der Marine gedient und so lange er lebte, jeden Tag von Karlskrona erzählt hatte, von der großen Marinewerft und von all dem andern, das in dieser Stadt zu sehen war. Hier fühlte sich der Junge ganz wie zu Hause, und er freute sich, daß er nun all das zu sehen bekam, wovon er so viel hatte reden hören.

      Aber er bekam nicht mehr als einen Schimmer von den Türmen und Festungswerken, die die Einfahrt des Hafens sperrten, und von den vielen Gebäuden auf der Werft zu sehen, denn Akka ließ sich auf einem der beiden flachen Kirchtürme nieder.

      Das war ja freilich ein sicherer Ort für jemand, der einem Fuchs entkommen wollte, und der Junge meinte, diese Nacht könne er gewiß ruhig unter den Flügel des Gänserichs schlüpfen. Ja, das konnte er wohl, es würde gut tun, ein wenig zu schlafen. Sobald es hell wurde, wollte er versuchen, etwas mehr von der Werft und von den Schiffen zu sehen.

      Der Junge fand es selber wunderlich, daß er sich nicht ruhig verhalten und den nächsten Morgen abwarten konnte, bis er die Schiffe sah. Er hatte wohl kaum fünf Minuten geschlafen, als er schon unter dem Flügel hervorkroch und an dem Blitzableiter und den Dachrinnen auf die Straße hinabglitt.

      Bald stand er auf einem großen Marktplatz, der vor der Kirche lag. Er war mit spitzigen Steinen gepflastert, und es war für ihn ebenso schwer dort zu gehen wie für Erwachsene auf einer Wiese voller Erderhöhungen. Leuten, die in der Einöde hausen oder weit draußen auf dem Lande wohnen, wird immer unheimlich zumute, wenn sie in eine Stadt kommen, wo die Häuser schnurgerade stehen und die Straßen offen liegen, so daß ein jeder den sehen kann, der darin geht. Und so erging es jetzt dem Jungen. Als er auf dem großen Karlskronaer Marktplatz stand, und die deutsche Kirche und das Rathaus und die große Kirche sah, von der er eben herabgestiegen war, da konnte er sich nicht enthalten, zu wünschen, daß er wieder oben auf dem Turm bei den Gänsen sein könne.

      Zum Glück war es ganz leer auf dem Marktplatz. Da war kein Mensch, wenn man nicht eine Statue mitrechnen will, die auf einem erhöhten Sockel stand. Der Junge sah die Statue lange an, sie stellte einen großen, starkknochigen Mann dar mit dreieckigem Hut, langem Rock, Kniehosen und dicken Schuhen. Er grübelte nach, wer das wohl sein könne. Der Mann hatte einen langen Stock in der Hand und sah auch wohl aus, als ob er ihn gebrauchen könne, denn er hatte ein schrecklich strenges Gesicht mit einer großen, krummen Nase und einem häßlichen Mund.

      »So eine Langlippe!« sagte der Junge. »Was will der Kerl hier?« Nie war er sich selbst so klein und elend vorgekommen wie an diesem Abend. Er suchte sich Mut zu machen, indem er ein flottes Wort sagte. Dann dachte er nicht mehr an die Statue, sondern ging eine breite Straße hinab, die an die See führte.

      Aber er war noch nicht weit gegangen, als er hörte, daß jemand hinter ihm drein kam. Es ging einer hinter ihm und stampfte mit schweren Schritten und stieß mit einem eisenbeschlagenen Stock hart auf das Pflaster. Es klang so, als sei es der große Bronzemann vom Marktplatz selber, der sich auf die Wanderschaft begeben hatte.

      Der Junge lauschte den Schritten, während er die Straße hinabging, und er wurde immer mehr davon überzeugt, daß es der Bronzemann war. Die Erde bebte und die Häuser zitterten. Kein anderer als er konnte so schwer auftreten, und der Junge wurde bange und dachte daran, was er eben noch zu ihm gesagt hatte. Er wagte nicht, den Kopf umzudrehen, um zu sehen, ob er es wirklich sei.

      »Vielleicht geht er СКАЧАТЬ