Seefahrt 1956-58 – Asienreisen vor dem Mast – Nautischer Wachoffizier. Klaus Perschke
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СКАЧАТЬ Wenn man 04-08-Wache hatte, dann bedeutete das, zunächst morgens um 20 Minuten vor 04 Uhr aufzustehen, sich anzuziehen, Katzenwäsche, sich schnell einen Pott Kaffee hinterzukippen und fünf Minuten vor Wachbeginn auf der Brücke zu erscheinen, eine Stunde und 20 Minuten am Ruder zu stehen, eine Stunde und 20 Minuten Ausguck in der Nock, eine Stunde und 20 Minuten „stand-by“. Stand-by hieß aber nicht, irgendwo faul in der Ecke herumzusitzen, sondern die Stewards, außer den Chiefsteward, morgens um 05:30 zu wecken, das Kochpersonal, außer den Oberkoch, zu wecken, den Bootsmann, die Zimmerleute und die Deckstagelöhner um 05.30 Uhr zu wecken und etwas ganz Spezielles: für den Nachtsteward die Schuhe der Passagiere zu putzen! Lieber Leser, Sie haben richtig gelesen. Denn, wenn wir seinen Haufen Passagierschuhe geputzt hatten, dann durften wir die Reste der „Kalten Platten“, die spät abends für hungrige Passagiere zubereitet waren, restlos aufessen. Und Hunger hatten wir von der 04-08-Wache immer. Um 08:00 Uhr wurden wir dann von der 08-12-Seewache abgelöst, hatten anschließend von 08:00 bis 08:30 Frühstück, ehe wir wieder nach dem Frühstück beim Bootsmann antanzten. Von 12:00 bis 13:00 Uhr war Mittagszeit, ab 13:00 Uhr bis 16:00 wurde noch einmal rangeklotzt, dann zog der erste Mann von der 04-08-Wache wieder auf, um den Rudersmann abzulösen. Die restlichen beiden Wachgänger arbeiteten noch weiter bis 17:30 Uhr, bis zum Abendbrot in der Mannschaftsmesse. Die letzten Stunden bis 20:00 Uhr musste man sich wieder starken Kaffee hinter die Binde kippen. Manchmal konnte man sich auch Streichhölzer zwischen die Augenlider klemmen. Aber mit 21 Jahren steckt man diese Art maritimen Stress noch „mit links“ weg.

      Bis Colombo auf Ceylon waren es dreieinhalb Tage Seereise. Und in Colombo sollten wir unsere letzte Ladung für Europa an Bord nehmen. Also am 8. April umrundeten wir mit der BAYERNSTEIN das Leuchtfeuer Dondra Head. Eine Stunde später stoppten wir vor der Hafeneinfahrt von Colombo, wo uns bereits der britische Harbour Pilot mit zwei Hafenschleppern erwartete und uns anschließend an den Berth brachte. Nachdem wir das Schiff vertäut und das Fallreep ausgebracht hatten, erschienen zunächst die Herren von des Immigration Office, vom Custom, die Shipping Agent Einklarierer und die Stevedoring Company own tallymen and shipsforemen. Letztere wollten vom Ladungsoffizier, Herrn Hanuschke, wissen, welche Laderäume angefasst werden sollten und welche nicht. Herr Hanuschke überreichte ihnen seinen bereits vorgefertigten Stauplan und erläuterte ihnen seine Wünsche. No problems. Bootsmann Tietjens bekam die Anweisung, die Luken 3, 4 (Postluke) und 5 ladeklar zu machen. Zwei Gangs von uns machten die Luken 3 und 5 und eine Gang machte die Postluke oben auf dem Promenadendeck ladeklar. In den Zwischendecks von Luke 3 und 5 sollten Teekisten und in der Postluke sollten 50 Zimtballen übernommen werden. Das Klarmachen von Luke 4 gestaltete sich am schwierigsten. Zum einen mussten zuerst die Sonnensegel von den niedergelegten Ladebäumen abgenommen werden, das heißt, wir hatten es bereits auf See getan. Anschließend wurden die Ladebäume getoppt, nicht in Position gestellt, denn zunächst mussten erst die Ponton-Lukendeckel entsichert, aus der Lukenöffnung herausgenommen und bei den Rettungsbooten abgestellt werden. Zum Schluss wurde die Lukenöffnung mit Sicherheitsstützen abgesichert und das gesamte Promenadendeck für die Passagiere gesperrt. Passagiere hatten während des Ladebetriebs nichts auf dem Promenadendeck verloren. Die ceylonesischen Hafenarbeiter stiegen über einen Betriebsgang auf dem Hauptdeck in die Postluke ein. Raumwache während der Ladearbeiten ging Matrose Ernst Tesch. Ernst hatte alles im Griff. Während der Ladearbeiten in Luke 4, also der Postluke, entfaltete sich in den inneren Betriebsgängen auf dem Hauptdeck ein intensiver Zimtgeruch, ich empfand ihn als sehr angenehm. In manchen Hamburger Lagerschuppen am Petersenkai roch es auch stark nach Zimt. Andere rümpften die Nase darüber. Unsere Köche wollten gleich ein paar Hände voll Zimtstangen von Ernst abstauben. Es war aber nichts zu holen, denn sie waren alle gut in Jutetuch eingenäht. Nach zwei Stunden waren alle 50 Zimtballen in der Postluke verstaut, und als der letzte Hafenarbeiter aus dem Laderaum gekommen war, konnten wir sie wieder schließen. Das heißt, zuerst wurden wieder die Ponton-Lukendeckel oben auf dem Promenadendeck eingesetzt und mittels Schraubbolzen fest angezogen, so dass die Luke wieder wasserdicht war, danach beide Ladebäume in ihre Halterungen niedergelegt und beide Runner und der Ladehaken abgetakelt und zum Schluss das Sonnensegel über beiden Bäumen angebracht, so dass unsere sonnenempfindlichen Passagiere endlich wieder in Ruhe überall im Liegestuhl liegen und sich entspannen konnten.

      Am nächsten Tag wurden auch im Laufe des Tages Luke 3 und 5 fertig, so dass wir das gesamte Schiff seeklar zum Auslaufen machen konnten. Irgendwann am Nachmittag hieß es dann wieder „Klar vorn und achtern, zwei Schlepper fest!“ Der Harbour Pilot wartete bereits mit Kapitän Schott und dem 1. Offizier, Herrn Vetter, auf der Brücke. „All lines let go!“ und schon wurden alle Vor- und Achterleinen eingeholt, die Schlepper tauten das Schiff vom Berth weg, drehten es mit dem Steven in Fahrtrichtung, und schon passierten wir die Breakwater mit ihren Leuchttürmen. Das offene Meer hatte uns wieder. Ein Pilot Boat holte den Hafenlotsen ab. Die beiden Schlepper hatten schon in der Hafenausfahrt ihre Leinen eingeholt und ließen zum Abschied ihre Sirenen heulen. Am 9. April 1956 gegen 16:30 Uhr Bordzeit wurde der Maschinentelegraph auf „Voll voraus“ gelegt. Herr Schulz, unser 2. Ingenieur, fuhr die Maschine langsam hoch und kitzelte sie zum Schluss noch ein bisschen, oder, wie man es oft aus der Maschine hörte, „er legte den Nachbrenner ein“! Laut Lloyd’s Maritime Atlas (page 34) beträgt die Distanz Colombo - Port Said 3.481 sm. Der Suezkanal ist ca. 100 km lang, also 54 sm! Folglich beträgt die Strecke bis Ankunft Suez Außenreede immer noch 3.427 Seemeilen oder 201,6 Stunden oder 8 Tage und 9,5 Stunden.

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      Die Tagelöhner auf der Rückreise beim Farbewaschen in den äußeren Betriebsgängen. Vorne unser Fremdenlegionär (Name vergessen), ein völlig unberechenbarer Kadett. Unser OA Knull wurde einmal von ihm angegriffen und hatte ihm daraufhin das Nasenbein gebrochen. Im Hintergrund Ernst Tesch in Ölzeug mit Südwester beim Abspülen der Schotten mit Frischwasser.

      Auch Kurt Tietjen legte bei uns seinen Nachbrenner ein, jetzt wurde nicht gekleckert sondern rangeklotzt. Zunächst kam das große Deckwaschen, also alle Decks von der Brücke bis zum Hauptdeck, danach von vorn bis achtern. Die Foulbrassen wurden alle nach außenbords entleert und mit dem dicken Wasserstrahl ausgewaschen. Marpol-IV–Sewage gab es damals noch nicht, darauf waren die großen Strategen der Klassifikationsgesellschaften noch nicht gekommen. Das Thema Umweltverschmutzung existierte damals noch nicht. Danach wurden alle zu malenden Flächen mit Frischwasser abgeschwabbelt. An den weißen Flächen der Aufbauten wurde „Farbe gewaschen“, wie man auf dem vorangegangenen Foto erkennen kann. Als wir die „nassen Arbeiten“ abgeschlossen hatten, kamen die Malarbeiten an die Reihe, zuerst die Aufbauten von der Brücke bis in die Niederungen des Hauptdecks. Vorkante Brücke wurden Stellagen angebracht, die Abweiser mit weißen Putzlappen umwickelt, und jeder Mann, der auf eine Stellage kam, wurde mit einem Sicherheitsgurt um den Bauch vom Peildeck aus gesichert. Martin Imbusch hatte bereits an die 15 kleinere Farbtöpfe mit weißer Vorstreichfarbe, Pinsel und Kuttenlecker bereitgestellt. Eine Gang malte die Brücke abwärts. Und die Leute, die uns fieren mussten, malten die Brückennocken. Die Brückennocken waren mit Jutebahnen ausgelegt, damit kein Farbspritzer auf das Holz kam. Und wie bereits erwähnt, Kurt Tietjen ließ alle Flächen nur mit dem Pinsel malen, nichts mit der Rolle, jedenfalls nicht die Aufbauten. Da wir nach Westen fuhren, arbeiteten wir am Vormittag im Schatten. Ab Mittag, wenn die Sonne in der Kulmination stand, wurde es langsam unangenehm, denn die weiße Farbe blendete gewaltig. Aus diesem Grund bekam die „Vorkante-Brückengang“ Sonnenbrillen ausgehändigt, damit man beim Malen keine „Feiertage“ hinterließ, ein gängiger Begriff unter den Seelords. Für jeden „Feiertag“, den der Bootsmann entdeckte, musste man ihm eine Flasche Bier bezahlen! Und das konnte teuer werden. Nach der Vorstreichfarbe kam, als sie trocken war, am nächsten Tag die weiße Lackfarbe drauf. Und die blendete noch unangenehmer, wenn die Sonne da raufknallte. Was anfangs für den Laien chaotisch aussah, entwickelte sich nach dem dritten Tag als eine gute Arbeitsstrategie. Natürlich konnte man in 8 Tagen keine Luxusyacht aus der BAYERNSTEIN machen, doch die Mittschiffsaufbauten glänzten wie ein Kinderpopo, als wir am 16. April auf der Außenreede von Suez ankamen, von der Kanalbehörde einklariert wurden und den Kanallotsen an Bord nahmen. „Scheun Schipp, jeden Dag Pudding, de Kaptain kookt sölbst!“ Die Vorschiff-Gang hatte in der Zwischenzeit bis Suez die Luken, die Innenverschanzungen und die Decks auf СКАЧАТЬ