Dass man den sexuellen Trieb langfristig nicht nur auf einen Menschen fixieren kann, zeigen meine Umfragen, meine Erfahrung und Umfragen in den Medien. Ich habe über 100 Menschen – Männer und Frauen – über ihre Lust, mit anderen Menschen zu schlafen, befragt. Über 50 % der Befragten sagten mir, dass sie mindestens schon einmal fremdgegangen seien. Von den 50% sagten ca. 30%, dass sie es gern getan haben und es öfter tun. Über 65% waren Frauen und das erstaunt mich sehr. Meine eigenen Erfahrungen gehen in die gleiche Richtung: von 100 Frauen, mit denen ich geschlafen habe, als ich noch so unbekümmert war, waren 70 in Beziehungen. Sie waren entweder verheiratet oder fest liiert.
Repräsentative Umfragen in Deutschland besagen, dass mindestens 35% bis 65% der Deutschen fremdgehen, dabei stehen die Frauen den Männern in fast nichts nach. Alle Gelegenheiten werden genutzt, um die Lust auf den „fremden“ Körper auszuleben. Es geht so weit, dass sogar im Kindergarten, an Sportplätzen, in Schulen Eltern vom Deckmantel und Schutz ihrer Kinder profitieren, um Affären zu haben. Es geht sehr versteckt, niemand ahnt etwas und keiner wird es jemals zugeben. Diese Verlogenheit stärkt die Lust in der Partnerschaft nicht.
Ich habe bei der Vorbereitung dieses Buches mit 21 Frauen zwischen 78-85 Jahren interessante Gespräche geführt. Sie sprachen mit mir über ihre Sexualität. Es war erschreckend zu hören, dass über 98% von ihnen behaupten, dass sie Sex niemals genossen haben und gar nicht wissen, wie sich ein Orgasmus anfühlt. Sie behaupten, dass sie Sex nie gemocht haben. Viele haben nur einen Mann kennengelernt, keine von diesen Frauen ist je fremdgegangen.
Das erstaunlichste dabei war, und das hat mich sehr bewegt und es scheint auf den ersten Blick widersprüchlich zu ihrer Behauptung, Sex habe ihnen nie gefallen, dass fast alle diese Frauen mir von ihren sexuellen Fantasien erzählten und mir mitteilten, dass ihre Lustbegierde woanders war.
M., 81 J. sagte mir: „Obwohl ich niemals Lust spürte, wenn mein Mann mit mir schlief, fand ich R., den Bäcker sehr erotisch. Jedes Mal wenn ich ihn sah, spürte ich, dass Sex vielleicht doch gut sein könnte. Nur sein Anblick machte mich feucht.“
Ich fragte sie, warum sie dann nicht mal etwas dafür getan hatte, um den Bäcker zu erobern. Sie antwortete: „Hören Sie mal zu, junger Mann, nicht nur, dass es schlimm gewesen wäre, wenn dies mein Mann erfahren hätte, nein schlimmer wäre gewesen, was die Menschen über mich gesagt hätten! So etwas gehört sich nicht. Ich wollte keine billige Dame sein.“ Wer weiß, hätte M. diese Erfahrung mit R. gehabt, hätte dies vielleicht sogar ihre Sexualität mit ihrem Mann entfaltet und gerettet.
Sie hat in den letzten 25 Jahren ihrer Ehe, bis zum Tod ihres Mannes vor fünf Jahren, keinen Sex mehr gehabt. Irgendwann hatte sie einfach entschieden, keinen Sex mehr zu haben, weil die Lust vergangen war. Wie schade!
Alle diese Frauen haben sehr unter der Sexlosigkeit gelitten.
Die Erfahrungen dieser Frauen durchleben die meisten Paare noch heute.
Ich habe mit Frauen und Männern gemeinsamen und getrennt voneinander Gespräche im Rahmen meines Coachings geführt. Die Beurteilung der Sexualität in den gemeinsamen und den getrennten Sitzungen war unterschiedlich. Sie bekannten sich zu ihren Fantasien und zu ihrer Lust auf etwas anderes nur dann, wenn sie alleine mit mir redeten.
Sie hatten Angst, dass der Partner es falsch verstehen könnte und die Sache persönlich nehmen würde, wenn der eine sagt, dass er manchmal etwas will, aber das nichts mit ihm zu tun hat. Es war auch nicht ganz einfach, diesen Paaren zu verstehen zu geben, dass es keine Demütigung des Partners bedeutet, mit jemand anderem zu schlafen. So fest sitzt die Erziehung im Kopf. Viele merkten erst danach, dass viele Probleme – seien es körperliche oder seelische – mit einer unbefriedigten Sexualität und der Unterdrückung der Fantasien zu tun hatten.
Ich erzähle euch nun von meiner eigenen Erfahrung, davon, wie der Versuch, mit nur einer Partnerin Sex zu haben, beinahe die Sexualität in der Partnerschaft lahmgelegt hätte:
Einmal habe ich das Experiment gewagt, und versucht, meiner Partnerin sexuell treu zu bleiben. Ich war entschlossen, nicht fremdzugehen und habe mir gesagt, ich liebe meine Partnerin über alles, das sollte doch reichen, um meine Potenz und meine Manneskraft lebendig zu halten.
Sie war stolz, als ich ihr verkündete: „Liebling, ab heute bist du die einzige in meinem Bett.“ Ich habe wirklich daran geglaubt, ich wollte es! Ich dachte, dass ich ihr damit das größte Geschenk ihres Lebens mache. Man liebt sich doch gegenseitig so sehr!
Nach circa drei Monaten fing ich an, immer weniger Lust auf Sex zu verspüren. Ein paar Wochen später musste ich mich immer sehr konzentrieren, um mein Glied steif zu bekommen.
Das war für mich sehr belastend, ich versuchte sogar, mit Tricks dem Beischlaf zu entgehen. Das, worauf ich immer stolz gewesen war, war auf einmal verschwunden.
Potenzmittel halfen nur halb so gut wie sonst. Ich fühlte mich immer mehr wie ein halber Mann, aber ich tat alles, um diesen Druck vor meiner Partnerin zu verstecken. Sie tat so, als würde ihr nichts fehlen, als wäre alles total normal, als wäre sie sexuell befriedigt. Aber wenn ich sah, wie unser Sex davor gewesen war, wusste ich innerlich, dass es nur eine Farce war. Irgendwann einmal, als ich mit ihr schlafen wollte, hat mir meine Konzentration nicht mehr geholfen, und an diesem Tag konnte ich gar nicht mehr tricksen, um zu erklären, warum ich keinen Sex haben konnte. Ich konnte nicht tricksen, weil meine Partnerin mich frontal mit den Tatsachen konfrontierte: „Was ist los? Gefalle ich dir nicht mehr? Liebst du mich nicht mehr? Ist die andere schöner als ich, oder ist sie im Bett besser als ich? Warum tust du mir sowas an? Glaubst du, ich habe nicht seit Monaten gemerkt, dass etwas nicht stimmt?“
Zu diesem Zeitpunkt konnte ich überhaupt keinen Zusammenhang zwischen meiner Entscheidung, nur eine einzige Frau zu beglücken, und dem jetzigen Zustand herstellen. Wir hatten ein ganz offenes, direktes, konstruktives Gespräch, um die Gründe herauszufinden; zumal ich ihr glaubhaft erklärte, dass ich keine andere Frau hatte und ich sie wirklich liebte und sie mich sexuell anzog!
Sie war diejenige, die mir sagte „Hey – was hast du mir doch immer gesagt am Anfang? Dass ein Mann mit nur einer Frau mit der Zeit impotent wird ... Kann der Grund vielleicht darin liegen?“
Da habe ich gemerkt, dass das große Geschenk, dass ich ihr machen wollte, das mieseste Geschenk war, das ich je einer Frau in meinem Leben gemacht hatte! Erst da wurde mir bewusst, dass ich diese ganzen Monate unbewusst meine Lust auf andere Frauen unterdrückt hatte. Ich hatte mir eingeredet, dass es, wenn man eine Frau liebt, normal sein muss, nur mit ihr Sex zu haben. Ich hatte dabei jede Lust auf andere Frauen stark unterdrückt, unwissend, dass ich dadurch auch die Lust und Potenz in Bezug auf meine Partnerin unterdrückte.
Irgendwann einmal hat sich dieser Fakt auch auf meine Partnerin ausgewirkt. Sie als treibende Kraft brachte mich dazu, wieder das zu sein, was ich bin und woran ich glaube. Glaube mir, es dauerte nicht mal 48 Stunden, und auf dem Rückweg nach Hause rief ich meine Partnerin spät nachts an und sagte: „Hey Schatz, mach dich bereit, ich komme...“ Sie wusste, ich war wieder ein Mann geworden, und unsere Sexualität hat nie mehr gelitten, und auch das Experiment werde ich nie mehr wagen!
„Ich habe gemerkt, jedes Mal, wenn ich mit einer anderen Frau schlafe, habe ich noch mehr Lust auf meine Partnerin. In allen Beziehungen, wo ich treu sein musste, verlor ich nach einigen Monaten die Lust auf meine Partnerin“, sagte mir Raoul B.
Eine andere Umfrage mit 80 Paaren bestätigt diese Tendenz. Von allen Paaren, die seit Jahren zusammen und sich sexuell treu sind, läuft nur bei ca. 5% das Sexleben noch einigermaßen. Aber bei Paaren, bei denen es mit der Treue nicht so ernst genommen wird, sind über 60% sexuell zufrieden und haben ein reges Sexleben.
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