In Amerika. Gerstäcker Friedrich
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Название: In Amerika

Автор: Gerstäcker Friedrich

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783753136028

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СКАЧАТЬ dem Grunde nicht schaffen, weil er gar keins hat. Er war selber in Deutschland Barbier und hat sich hier wie tausend andere in Amerika nur eigenhändig zu einem ,berühmten Arzt’ gemacht. Aber lassen wir den unangenehmen Menschen, Wolf. Wir wollen dafür lieber einmal die Auswanderer aufsuchen, die, wie ich gehört habe, in dem deutschen Wirtshaus da drüben sitzen.“

       Herr „Doktor“ Hückler blieb bei Ezra Ludkins zurück und hatte sich, um nur etwas zu tun, schon das dritte Glas brandy cocktail geben lassen. Er war, durch die nicht gerade übermäßig aufmerksame Behandlung Donners, des früheren Zwischendeckpassagiers, in seinem Stolz und Eigendünkel gekränkt und beleidigt worden und – das Schlimmste dabei – er konnte sich nicht verhehlen, dass eben dieser Donner jetzt eine ganz andere Stellung im Leben einnahm, wie er, während er sich fest überzeugt fühlte, dass er ihm selber in geistiger Beziehung nicht das Wasser reichte. Und trotzdem s u c h t e er jetzt eine Stellung und dieser Donner hatte eine zu v e r g e b e n.

       Wir finden das übrigens sehr häufig in Amerika, dass Kajüten- und Zwischendeckpassagiere an Land ihre Stellungen wechseln und die Letzteren nach einiger Zeit von den Ersteren, Hilfe erbittend, aufgesucht werden. An Bord hielten sie es unter ihrer Würde, mit irgendwem aus dem Zwischendeck zu verkehren, einmal aber erst mit vier Wochen in Amerika in allen Erwartungen getäuscht, in allen Hoffnungen betrogen, werden sie sehr rasch entsetzlich zahm und fallen dabei in den entgegengesetzten Fehler, in einen vollkommen ungerechtfertigten Kleinmut, in dem sie sich dann törichterweise für völlig verloren halten.

       Das Letztere war nun allerdings mit Hückler nicht der Fall, denn er hatte eine zu gute Meinung von sich selber, und wusste auch etwa schon, wie man sich in Amerika durchbrachte; aber er fühlte sich gerade durch diese Abweisung eines D e u t s c h e n, denen allen er sich überlegen glaubte, in seinem Stolz, in seiner Eitelkeit gekränkt, und das besonders ärgerte ihn dabei, dass der B a r b i e r Zeuge gewesen. D e m musste er wenigstens beweisen, dass er sich nicht s o viel daraus mache und überall mit Kusshand aufgenommen würde. So wenig er sonst daran gedacht haben würde, sich mit ihm einzulassen, so suchte er jetzt selber ein Gespräch mit ihm.

       „Nun, Roßwein“, sagte er, nachdem sie jeder e i n z e l n ihr Glas getrunken, was sonst in Amerika gar nicht Sitte ist, „Sie haben sich also ganz hier in Donnersville niedergelassen und leben hier Ihrer K u n s t ?“

       Roßwein schmunzelte leise vor sich hin, sagte aber dann, mit einem Seufzer: „Ach, Herr D o k t o r, die K u n s t allein nährt hier in Amerika ihren Mann nicht, oder w e n n sie es tut, bringt sie ihn wenigstens nicht vorwärts. In Deutschland sagt man freilich:

       Ein Kerl, der spekuliert,

       ist wie ein Tier auf dürrer Heide

       von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt.

       Und rings umher liegt schöne grüne Weide.52

      Das passt aber nicht für Amerika, und gerade die Kerle, die spekulieren, bringen es hier zu etwas und werden reiche, und damit angesehene Leute.“

       „Das Spekulieren hat mich s e h r viel Geld gekostet, Roßwein.“

       „Haben es dann nicht beim richtigen Zipfel angefasst“, bemerkte Roßwein trocken. „Ich selber beschäftige mich jetzt mit einer sehr bedeutenden Spekulation, an der Sie sich vielleicht beteiligen könnten.“

       „Und die wäre?“, frug Hückler gespannt.

       „Ich beabsichtige, oben am Erie-See eine Störzucht anzulegen.“

       „Eine Störzucht?“, sagte Hückler verwundert. „Aber wo wollen Sie denn hier die Eier bekommen?“

       „Ich nehme Kaviar“, sagte Roßwein und sah den Doktor dabei mit einem so gutmütigen Gesicht an, dass Hückler, in der Naturwissenschaft sehr vernachlässigt, ganz verwundert zu ihm aufschaute.

       „Und geht das?“, fragte er.

       „Und warum soll es nicht gehen? Ich sage Ihnen, lieber Herr Doktor, dass in der Natur noch Kräfte verborgen liegen, von denen wir gar keine Idee haben. Ahnungslos birgt dabei unser eigener Geist die größten Schätze, die wir selber nicht einmal kennen, und von denen wir nur in lichten Augenblicken überrascht werden. Sehen Sie z.B. nur einmal den Ochsen da drüben, der vor dem Wagen geschirrt steht – bemerken Sie, wie ihm die Zunge da vorn heraushängt? Das dumme Beest hat aber das ganze Jahr die delikateste Ochsenzunge im Maul und weiß nicht einmal, wie sie schmeckt.“

       „Hm“, lächelte der Doktor doch etwas verlegen, „das ist eigentlich wahr – aber was ich Sie fragen wollte, Roßwein – eignet sich Donnersville in der Tat für einen Arzt?“

       „Wenn sich der Arzt für Donnersville eignet, warum nicht?“

       „Aber die Gegend scheint sehr gesund.“

       „Was hilft einem deutschen Bauern eine gesunde Gegend“, meinte Roßwein. „Er lässt sich doch jedes Jahr ein paar Mal zur Ader, oder braucht Schröpfköpfe, bis er sich so herunterbringt, dass er einen Arzt nötig hat. Die Menschen w e r d e n nicht klug.“

       „Und kann mir Herr Donner verwehren, mich hier niederzulassen? Ich bin amerikanischer Bürger und darf wohnen, wo es mir gefällt.“

       „Wenn Sie mir m e i n e Kundschaft nehmen, vergifte ich Sie“, sagte Roßwein.

       „Haben Sie keine Angst, mein guter Roßwein“, erwiderte der Doktor mit einem halb mitleidigen Lächeln, „ich rasiere mich nicht einmal selber, viel weniger andere.“

       „Sie rasieren sich nicht s e l b e r ?“, fragte Roßwein.

       „Ich – habe keine geschickte Hand dazu.“

       „Na, so lüg’ Du und der Deubel“, brummte der Barbier, schob beide Hände in seine Hosentaschen und verließ das Haus.

       Georg und Wolf hatten sich indes dem deutschen Wirtshaus zugewandt, wo in der Tat eine Anzahl von angekommenen Deutschen eingetroffen war, die hier großenteils Verwandte oder Freunde in Donnersville und die Absicht hatten, sich in der ihnen als gut geschilderten Gegend niederzulassen. Andere, die sie auf dem Schiff getroffen und mit denen sie darüber gesprochen, schlossen sich, wie das sehr häufig geht, ihnen an, und so waren es acht Familien geworden, die sich hier zusammenfanden.

       Es ist eigentümlich, wie leicht der Mensch verwildert. Den Leuten hier waren von dem Wirt für den nächsten Tag – da er nicht über mehr Raum verfügte, vier große Zimmer angewiesen worden und sie hatten sich dort, so gut es eben ging, einrichten müssen. Fünf Familien blieben ja überhaupt nur eine einzige Nacht dort, da sie am nächsten Morgen jedenfalls von ihren Verwandten abgeholt wurden. Die ganze Masse war hier auch erst seit gestern eingetroffen, aber wie sah es, in der kurzen Zeit, schon in den Räumen aus, die sie jetzt bewohnten. An das Zwischendeck eines Segelschiffs gewöhnt, auf dem sie über sieben Wochen in Schmutz und Unordnung zugebracht, setzen sie natürlich hier das Leben fort, und mit der Masse schmutziger Wäsche und feuchter Kleidungsstücke, die sie mit an Land gebracht, herrschte ein Dunst und ein Wirrwarr in den Räumen, der einem den Magen umdrehen konnte, wenn man sie nur betrat.

       Die Leute hatten in den engen Räumen und bei schlechtem Wetter vollkommen verlernt, sich reinlich zu halten, und der schauderhafte Tabakgeruch dabei, mit einem warmen Fuselgestank außerdem, erhielt bei der fast drückenden Wärme eine wahrhaft qualvolle Atmosphäre.

       Die Männer saßen zum großen Teil unten an СКАЧАТЬ