Die Schiffbrüchigen der JONATHAN. Jules Verne
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Schiffbrüchigen der JONATHAN - Jules Verne страница 2

Название: Die Schiffbrüchigen der JONATHAN

Автор: Jules Verne

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: maritime gelbe Buchreihe

isbn: 9783752926118

isbn:

СКАЧАТЬ weitgedehnten Prärie erhob, wo hohe Schilfhalme in knisterndem Rascheln aneinander streiften und ihre scharfen Blattenden wie spitze Lanzen in das dichte Buschwerk stachlicher Gewächse bohrten.

      Das Tier hielt das Haupt der Luftströmung zugewandt und atmete die Dünste ein, die eine leichte Brise von Osten herbeitrug. Mit wachsamen Blicken, die Ohren lauschend aufgerichtet, sorgsam Umschau haltend, stand es da, bereit, auf das erste verdächtige Geräusch hin die Flucht zu ergreifen.

      Die Ebene zeigte keine einförmige, glatte Oberfläche, sondern war im Gegenteil von zahlreichen Vertiefungen durchfurcht – eine Folge der heftigen Gewitterregen, die den Boden aufgewühlt hatten. Durch einen dieser natürlichen Schutzwälle unsichtbar gemacht, kroch vorsichtig ein Eingeborner, ein Indianer, welchen das Guanako trotz der geringen Entfernung unmöglich bemerken konnte, auf den Hügel zu. Er war fast gänzlich unbekleidet – die zerrissenen Reste eines Tierfelles bildeten seine einzige Bedeckung – und kam langsam näher, indem er sich geräuschlos durch die Gräser schob, um das Wild, nach dem er Begehren trug, nicht zu erschrecken. Trotzdem schien dieses eine Ahnung der bevorstehenden Gefahr zu haben und gab Zeichen großer Unruhe.

      Da sauste ein Lasso pfeifend durch die Luft und rollte sich bei dem Tiere ab; aber der lange Riemen erreichte sein Ziel nicht; er glitt vom Rücken desselben herunter und fiel zu Boden.

      Der Anschlag war verfehlt; das Guanako aber entfloh mit Windeseile und war bereits hinter den Baumgruppen verschwunden, als der Indianer am Gipfel des Hügels ankam.

       Das vom nahen Tode bedroht gewesene Tier war gerettet, nun sollte auch der Mensch seinen Anteil an Todesnot und -gefahr haben!

      Nachdem er das mit dem einen Ende an seinem Gürtel befestigte Lasso an sich gezogen und aufgerollt hatte, wollte er eben den Hügel hinabsteigen, als sich in nächster Nähe ein grimmiges Brüllen hören ließ und fast im gleichen Augenblicke ein wildes Tier vor seine Füße sprang. Es war ein Jaguar von außergewöhnlicher Größe; sein graubraunes Fell war mit schwarzen Flecken gezeichnet, die mit ihren lichten Mittelpunkten der Pupille eines Auges nicht unähnlich sahen.

      Der Eingeborne kannte die Wildheit dieses gefährlichen Tieres und wusste, dass es ihn leicht mit einem einzigen Schlag seiner gewaltigen Tatze, einer Bewegung seiner fürchterlichen Kiefer töten konnte, und machte einen großen Sprung nach rückwärts. Unglücklicherweise kam ein Stein unter seinen Füßen ins Rollen, er verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Mit hoch erhobener Hand suchte er sich mit Hilfe eines aus Seehundsknochen gefertigten, spitzen Messers zu verteidigen, das er aus seinem Gürtel gezogen hatte; einen Augenblick lang hoffte er sogar, sich erheben und eine günstigere Stellung einnehmen zu können, aber es sollte nicht sein. Das leicht verwundete Raubtier warf sich mit der Kraft der höchsten Wut auf ihn, riss ihn nieder und die scharfen Krallen zerfleischten die Brust des Wehrlosen – er war verloren.

       In diesem Augenblicke größter Not erzitterte die Luft von einer lauten Detonation und der Jaguar, dem eine Karabinerkugel das Herz durchbohrt hatte, brach wie vom Blitz getroffen zusammen. Kaum hundert Schritte vom Tatort schwebten leichte, weiße Rauchwölkchen über einer der Klippen; dort stand auf einem Felsblock, den Karabiner schussbereit erhoben, ein Mann.

      Er war kein Stammesgenosse des Verwundeten, sondern zeigte den stark ausgeprägten arischen Typus. Obgleich von der Sonne sehr gebräunt, war er nicht von brauner Hautfarbe; sein Antlitz zeigte weder die (infolge der tiefliegenden Augenhöhlen) breite Nase, noch die hervortretenden Backenknochen, die niedrige Stirne und die kleinen Augen der indianischen Rasse. Im Gegenteil! Sein Gesichtsausdruck zeugte von bedeutender Intelligenz und die hohe, von unzähligen Falten durchfurchte Stirne verriet den Denker.

      Seine Haare waren kurz geschnitten und grau wie der Bart. Sein Alter war unmöglich genau anzugeben, doch mochte er vierzig bis fünfzig Jahre zählen.

      Er war von großer Gestalt und schien sich der Kraft eines Athleten, einer eisernen Konstitution und unverwüstlicher Gesundheit zu erfreuen. Die Züge seines ernsten Antlitzes trugen den Stempel großer Energie und seine ganze Persönlichkeit atmete jenen Stolz, der wohl zu unterscheiden ist vom lächerlichen Hochmut eitler Dummköpfe; Haltung und Gebärden dieses Mannes zeugten von wahrem Adel.

      Bald hatte der neue Ankömmling erkannt, dass ein nochmaliges Abfeuern seiner Waffe unnötig war; er senkte dieselbe, entlud sie, nahm sie unter den Arm und entfernte sich in südlicher Richtung.

       Dort, am Fuße der Klippen, breitete sich unabsehbar weit das Meer aus. Der Mann beugte sich über die Steine und rief: „Karroly!“ Dann fügte er noch einige Worte in einer rauen, an gutturalen Lauten reichen Sprache hinzu.

      Wenige Minuten später erschien in einem Felseneinschnitt ein Jüngling von ungefähr siebzehn Jahren, welchem ein Mann folgte, der die Vollkraft des Lebens bereits erreicht hatte. Auf den ersten Blick musste man in ihnen Indianer erkennen, so verschieden waren sie von dem Manne, dessen Meisterschuss soeben den Beweis seiner großen Geschicklichkeit und Treffsicherheit geliefert hatte. Der ältere der Indianer, welcher sicher mehr als vierzig Jahre zählte, zeigte kräftig entwickelte Muskeln, breite Schultern und einen mächtigen Brustkorb, der große, eckige Kopf saß auf einem breiten Hals; er war von stattlicher Größe, hatte eine tiefdunkelbraune Hautfarbe, schwarze Haare und unter den dünnen Brauen blitzten verschmitzte Augen. In diesem Repräsentanten einer untergeordneten Rasse schienen die tierischen mit menschlichen Eigenschaften um die Oberherrschaft zu kämpfen; aber nicht die Kennzeichen eines wilden Tieres trug der Mann an sich, eher diejenigen eines zahmen, an Liebkosungen gewöhnten Geschöpfes. Man hätte ihn für einen guten, treuen Hund nehmen können, einen jener mutigen Neufundländer, welche so oft zum Gefährten, mehr noch, zum Freunde ihres Herrn werden. Und wie eines dieser ergebenen Tiere kam er herbeigelaufen, als er seinen Namen rufen hörte.

       Der junge Mann war aller Wahrscheinlichkeit nach sein Sohn; sein geschmeidiger Körper war vollständig nackt; in geistiger Hinsicht schien er den Vater weit zu überragen. Aus seinen feurigen Augen sprach ein klarer Verstand und, was vielleicht noch wertvoller ist, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit!

      Als die drei Männer beisammen standen, wechselten die beiden älteren einige Worte in der früher erwähnten indianischen Sprache, die durch eine kurze Atempause in der Mitte der meisten Wörter gekennzeichnet ist; dann eilten alle zu dem Verwundeten hin, welcher neben dem toten Jaguar im Grase lag.

      Der Unglückliche hatte das Bewusstsein verloren. Das Blut strömte aus seiner Brust, die in ganz entsetzlicherweise von den Spuren des wilden Tieres bearbeitet worden war. Aber seine Lider hoben sich ein wenig, als er fühlte, dass eine Hand seine groben Kleidungsstücke beiseiteschob.

      Als er denjenigen erkannte, der ihm Beistand brachte, erhellte ein Strahl der Freude seinen erloschenen Blick und die bleichen Lippen murmelten einen Namen:

      „Der Kaw-djer!“

      Der Kaw-djer! – Dieses Wort bedeutet „Freund“, „Wohltäter“, „Retter“ in der Sprache der Eingebornen; mit diesem schönen Namen war augenscheinlich der Weiße gemeint, denn er senkte bejahend das Haupt.

       Während er dem Todwunden die ersten Hilfeleistungen zuteilwerden ließ, war Karroly zu den Klippen hinabgestiegen und kam bald mit einer Jagdtasche wieder, in der sich ein chirurgisches Besteck und mehrere Fläschchen mit dem Safte gewisser heilkräftiger Pflanzen befanden. Während der Indianer das Haupt des Verwundeten auf seine Knie bettete, wusch der Kaw-djer die zerrissene Brust und suchte die Blutung zu stillen. Dann näherte er die Ränder der Wunden, bedeckte sie mit einem weichen Verbandstoff, der mit dem Inhalt eines der Fläschchen befeuchtet worden war, nahm seinen wollenen Gürtel ab und umschnürte damit die Brust des Indianers, um den Verband dort festzuhalten.

      Konnte der Unglückliche mit dem Leben davonkommen? Der Kaw-djer glaubte es nicht. Es gab kein Mittel, das СКАЧАТЬ