Drachenschiffe vor Vinland: Ein Wikinger-Abenteuer für junge Leser. Alfred Bekker
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СКАЧАТЬ trug ihr silbernes Kreuz um den Hals – das Zeichen dafür, dass sie dem neuen Glauben anhing. „Jesus Christus schütze euch“, murmelte sie.

      „Aber auch Thor und Odin!“, meinte Freya. „Und Njörd, weil wir doch über das Meer fahren!“ Die kriegerischen Götter der Wikinger erschienen Freya nämlich stärker zu sein, als der Christengott, für den die Nächstenliebe am wichtigsten war.

      Sigrun lächelte. „Geh jetzt!“, sagte sie.

      Freya ging zum Bug und setzte sich neben Einar. Hier an der Spitze war das Schiff schon so schmal, dass sowieso kein Erwachsener dort hätte sitzen können.

      Außer Freya und Einar waren noch einige andere Kinder an Bord. Die Meisten waren schon größer als Einar und Freya, aber es gab auch einen Säugling.

      170 Männer, Frauen und Kinder befanden sich insgesamt auf allen drei Schiffen. Genug, um in Vinland eine neue Siedlung zu gründen.

      Einar blickte zurück zur Küste – aber schon bald konnte man nichts mehr von der alten Heimat sehen. Überall umgab sie jetzt nur noch das Meer. Die drei Drachenschiffe pflügten durch die aufgewühlte See.

      Manchmal spritzte Einar die kalte Gischt ins Gesicht, wenn der Bug sich durch eine Welle drängte.

      Aber noch schien die Sonne und es war gutes Wetter. Der Wind blies kräftig und sorgte dafür, dass alle drei Schiffe gute Fahrt bekamen.

      Einars Vater Sven kam zur Schiffsspitze. Er brachte Einar und Freya zwei Tau-Enden und gab jedem der beiden Zwillinge eins davon. „Hier, schlingt es euch um die Brust und bindet das andere Ende am Schiff fest!“, sagte er. „Schließlich sollt ihr nicht bei der ersten wirklich großen Welle über Bord gerissen werden!“

      „Meinst du, die Wellen werden noch größer?“, fragte Freya.

      Ihr Vater, den man wegen seiner hellen Haare Sven Bleichhaar nannte, lachte. „Natürlich werden sie noch höher! Und in den Gewässern, die wir durchqueren müssen, ist es besonders wüst! Das Wetter kann jederzeit umschlagen.“

      Einar knüpfte eine Schlinge und schlüpfte mit Kopf und Armen hindurch, ehe er sie stramm zog. Schließlich wollte er ja nicht erwürgt werden, wenn er tatsächlich über Bord gehen sollte!

      Dann befestigte er das andere Ende des Taus mit einem Knoten. Sein Vater hatte ihm beigebracht, wie man Knoten machte, die schnell zu knüpfen aber genauso schnell wieder zu lösen waren. Freya brauchte etwas länger dazu – aber Knoten machen hatte auch sie gelernt.

      „Leif Erikson, der Sohn von Erik dem Roten, war ja als Allererster in Vinland und soll dabei ein ganzes Schiff im Sturm verloren haben!“, erklärte Sven Bleichhaar und sah Einar dabei an. „Du warst doch dabei, wie Thorfinn das am Lagerfeuer erzählte…“

      Einar erinnerte sich gut, wie Thorfinn von Vinland berichtet hatte. Manches hatte Thorfinn nur von denen gehört, die vor ihm dort gewesen waren, anderes hatte er bei seiner ersten eigenen Fahrt dorthin selbst erlebt.

      Die unruhige See vor Vinland war auch der Hauptgrund dafür, dass Thorfinn auf dieser Fahrt nur breite, bauchige Schiffe mitnehmen wollte, die man Knorr nannte – und nicht die schmaleren Draken oder Schniggen. Die waren zwar viel schneller, kenterten dafür aber auch leichter.

      „Gut so?“, fragte Freya, woraufhin ihr Vater die Knoten überprüfte.

      Sven Bleichhaar nickte. „Jetzt kann euch nichts passieren“, meinte er. Dann ging er wieder zurück zum Heck.

      Die Stunden gingen dahin. Zwischendurch gab es Stockfisch zu essen. Einar starrte hinaus auf das glitzernde Wasser, so dass man denken konnte, dass er nach etwas suchte.

      „Wonach schaust du eigentlich die ganze Zeit?“, fragte Freya.

      „Nach Walen!“, erklärte Einar. Er streckte die Hand aus. „Sieh mal, dort! Da sind welche!“

      Freya kniff die Augen zusammen. Ein paar Wasserfontänen spritzen in einiger Entfernung in die Höhe. Einar wusste, dass es Wale gab, denen ein Horn aus Elfenbein aus dem Kopf wuchs – länger als ein Schwert. Narwale hießen die. Wie schwimmende Einhörner sahen die aus und wurden gejagt, wann immer sie auftauchten. Elfenbein war nämlich sehr wertvoll.

      Einige der Männer an Bord schauten ebenfalls zu den Walen. Einar hörte ihren Gesprächen zu. Die Meisten meinten erkennen zu können, dass es keine Narwale waren.

      „Die dort sind viel größer als die Einhörner!“, meinte Orm Einauge, ein großer, kräftiger Mann, der alle anderen an Bord um mindestens eine halben Kopf überragte. Er trug eine Augenklappe, weil er im Kampf ein Auge verloren hatte. Er wandte sich an Sven Bleichhaar. „Wir sollten uns von diesen Meeresriesen fernhalten, sonst zerschmettern sie das Schiff mit einem Flossenschlag!“

      Von den Walen hielten sich die drei Schiffe fern und schließlich war von den Meeresriesen nichts mehr zu sehen.

      Die Wolken türmten sich zu dunklen Gebirgen auf und der Wind blies immer heftiger. Zwei Männer mussten jetzt das Steuerruder halten. Manchmal wehte eine plötzliche Böe so stark in das Segel, dass der Schiffsrand, an dem die Schilde der Krieger befestigt worden waren, nur noch eine Handbreit über der Wasseroberfläche war.

      Ab und zu schwappte dann etwas Wasser herein. Die Rinder und Ziegen wurden dadurch sehr unruhig. Sie waren zwar festgebunden und fingen nun aber an, an den Seilen zu ziehen. Orm versuchte, die Tiere zu beruhigen.

      Eine große Welle schlug über dem Drachenkopf zusammen. Einar und Freya waren vollkommen nass. Das Wasser troff von ihrer Kleidung. Dann drückte der Wind den Rand des Schiffes so tief, dass eine zweite Welle hineinschwappen konnte.

      Das Schiff lag sehr schief. Männer, Frauen und Kinder hielten sich fest. Manche schrien. Die Welle riss selbst einem so kräftigen Mann wie dem einäugigen Orm die Beine weg. Er rutschte über den Boden und bekam schließlich eine Kiste zu fassen, die gut festgebunden war.

      Auch Einar klammerte sich so fest er konnte. Er hatte große Angst. Zwar hatte er oft den Geschichten der Seefahrer am Lagerfeuer gelauscht und wusste daher, dass die Schiffe bei Sturm und hohen Wellen oder starkem Regen so voller Wasser liefen wie eine Viehtränke. Er hatte auch von den Wellen gehört, die höher als ein Haus waren. Aber das hatte trotzdem alles nicht so schlimm angehört. Schließlich waren die Erzähler ja wohlbehalten zurückgekehrt!

      Doch jetzt begriff Einar, wie mächtig das Meer und der Sturm waren – und dass selbst die größten Schiffe dort wie Nussschalen wirkten.

      Mit aller Kraft klammerte er sich fest. Egal, welche Götter uns jetzt auch helfen, ich werde ihnen dafür ewig danken!, dachte er. Salzwasser spritzte ihm ins Gesicht. Es war so kalt, dass er einen Moment nicht atmen konnte. Eigentlich wollte er schreien, aber es ging nicht. Seine Hände, mit denen er sich festhielt, spürte er kaum noch.

      Dann gab es einen Knall, der sogar das Getöse des Sturms übertönte.

      Ein Tau riss und mehrere Fässer mit Met lösten sich. Sie rollten auf die Seite, zu der sich das Schiff neigte. Dadurch lag die WELLENDRACHE noch schiefer im Wasser. Zwei Fässer gingen dann über Bord. Es war sinnlos, sie zurückholen zu wollen. Innerhalb weniger Augenblicke waren sie versunken. Einar sah sich das an und dachte: Genauso geht es wahrscheinlich jedem, der über Bord schleudert wird.

      „Schöpfen!“, dröhnte der Befehl seines Vaters, der schreien musste, damit er gehört wurde. СКАЧАТЬ