Название: Von Bagdad nach Stambul - 400 Seiten
Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742705907
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später verloren. Er lebte nun bis zu seinem vierzigsten Jahre als
Kaufmann und Händler. Er kam auf seinen weiten Reisen mit
Juden und Christen, mit Bramahnen und Feueranbetern
Juden und Christen, mit Bramahnen und Feueranbetern
zusammen und gab sich Mühe, ihre Religionen kennen zu lernen.
Er litt an Epilepsie und infolgedessen an einer Verstimmung des
Nervensystems, die ihn sehr zu Halluzinationen geneigt machte.
Seine religiösen Grübeleien waren der Heilung dieser Krankheit
nicht sehr förderlich. Er zog sich schließlich gar in eine Höhle
zurück, die in der Nähe von Mekka auf dem Berge Hara lag.
Hier hatte er seine ersten Visionen.
Der Kreis der Gläubigen, der sich um ihn versammelte, bestand
zunächst nur aus seiner Frau Chadidscha, aus seinem Sklaven
Zaïd, aus den beiden Mekkanern Othman und Abu Bekr und
aus seinem jungen Vetter Ali, der später den Ehrennamen Areth-
Allah (* Löwe Gottes; auch Assad Allah el Ahalib, Löwe des
siegreichen Gottes.) erhielt und zu den unglücklichsten Helden
des Islam gehört.
Dieser Ali, dessen Name auf deutsch "der Hohe, der Erhabene"
bedeutet, war im Jahre 602 geboren und stand bei Muhammed
in solchem Ansehen, daß er dessen Tochter Fatime zur Gemahlin
erhielt. Als der Prophet im Kreise seiner Familie zum ersten
Male seine neuen Glaubenssatzungen vortrug und dann fragte:
"Wer unter euch will mein Anhänger sein?" da schwiegen alle;
nur der junge Ali, begeistert von der gewaltigen Poesie des
soeben gehörten Vortrages, rief in lautem, entschlossenem Tone:
"Ich will es sein und nimmer von dir lassen!" Das hat ihm
"Ich will es sein und nimmer von dir lassen!" Das hat ihm
Mohammed niemals vergessen.
Er war ein tapferer, verwegener Kämpfer und hatte großen Teil
an der so ungemein schnellen Ausbreitung des Islam. Dennoch
wurde er, als Mohammed ohne letztwillige Verfügung starb,
übergangen, und man wählte Abu Bekr, den Schwiegervater
Mohammeds, zum Kalifen (** Kalif heißt Stellvertreter). Diesem
folgte im Jahre 634 ein zweiter Schwiegervater des Propheten,
namens Omar, welchem wieder Othman, ein Schwiegersohn
Mohammeds, nachfolgte. Dieser wurde im Jahre 656 von einem
Sohne Abu Bekrs erstochen. Man beschuldigte Ali der
Anstiftung dieses Mordes, und als er von seiner Partei erwählt
wurde, verweigerten ihm viele von den Statthaltern die
Huldigung. Er kämpfte vier Jahre lang um das Kalifat und wurde
im Jahre 660 von Abd-er-Rahmann erstochen. Er liegt in Kufa
begraben, wo ihm auch ein Denkmal errichtet worden ist.
Von hier an datiert sich die Spaltung, die die Mohammedaner in
zwei gegnerische Heerlager, in die Sunniten und die Schiiten,
teilt. Diese Spaltung bezieht sich weniger auf die islamitischen
Grundsätze als vielmehr auf die Personalfrage der
Nachfolgerschaft. Die Anhänger der Schia behaupten nämlich,
daß nicht Abu Bekr, Omar und Othman, sondern nur allein Ali
das Recht gehabt hätte, der erste Stellvertreter des Propheten zu
sein. Die zwischen den beiden Parteien dann ausgebrochenen
Streitigkeiten über die Attribute Gottes, das Fatum, die Ewigkeit
des Kuran und die einstige Vergeltung sind nicht als so
des Kuran und die einstige Vergeltung sind nicht als so
wesentlich zu betrachten.
Ali hinterließ zwei Söhne, Hassan und Hosseïn. Der erstere
wurde von den Schiiten zum Kalifen erwählt, während die
Anhänger der Sunna Muawijah I¨, den Gründer der
Ommajjaden-Dynastie, erkoren. Dieser letztere verlegte seine
Residenz nach Damaskus, machte das Kalifat erblich und
erzwang bereits zu seinen Lebzeiten die Anerkennung seines
Sohnes Dschezid, der sich später als ein solcher Wüterich zeigte,
daß sein Andenken selbst von den Sunniten mit Fluch belegt
wird. Hassan konnte sich gegen Muawijah nicht behaupten und
starb im Jahre 670 in Medinah an Gift.
Sein Bruder Hosseïn widersetzte sich der Anerkennung
Dschezids. Er ist der Held einer der tragischsten Episoden aus
der Geschichte des Islam.
Die Hand des Kalifen Muawijah ruhte schwer auf den Provinzen,
und seine Statthalter unterstützten ihn dabei aus allen Kräften. So
befahl zum Beispiel Zijad, der Statthalter zu Basra, daß nach
Sonnenuntergang sich bei Todesstrafe niemand auf der Straße
sehen lassen dürfe. Am Abend nach der Bekanntmachung dieses
Befehls wurden über zweihundert Personen außerhalb ihrer
Wohnungen angetroffen und unverzüglich geköpft; am nächsten
Tage war die Ziffer schon weit geringer, und am dritten Abend
war kein einziger Mensch zu sehen. Der grimmigste aller
Ommajjaden war Hadjasch, der Statthalter von Kufa, dessen
Tyrannei 120 000 Menschen das Leben kostete.