Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1. Giacomo Casanova
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СКАЧАТЬ und an meine Großmutter sandte. Da das Halbjahr zu Ende ging und meine Mutter sich damals nicht in Venedig aufhielt, war keine Zeit zu verlieren. In diesen Briefen entwarf ich eine Schilderung aller meiner Leiden und erklärte, ich würde bald sterben, wenn man mich nicht aus den Händen der Slavonierin befreite und mich meinem Schullehrer übergäbe, der bereit wäre, mich bei sich aufzunehmen, dafür jedoch monatlich zwei Zechinen beanspruchte.

      Herr Grimani antwortete mir gar nicht, sondern ließ mich durch seinen Freund Ottaviani ausschelten, dass ich mich hätte verführen lassen. Herr Baffo aber ging zu meiner Großmutter, die nicht schreiben konnte, besprach die Sache mit ihr und meldete mir in einem Brief, in ein paar Tagen würde ich glücklich sein.

      * * *

      Meine Großmutter gibt mich dem Doktor Gozzi in Pension

       Meine Großmutter gibt mich dem Doktor Gozzi in Pension

      Und wirklich kam acht Tage darauf die ausgezeichnete Frau, die mich bis an ihr Lebensende liebgehabt hat, nach Padua und zwar gerade in dem Augenblick, als ich mich zu Tisch setzen wollte, um zu Mittag zu essen. Sie trat mit der Hausfrau zusammen ins Zimmer und sobald ich sie erblickte, fiel ich ihr um den Hals und weinte strömende Tränen, in die sie sogleich auch die ihrigen mischte. Als sie dann saß und mich auf ihren Schoß genommen hatte, fühlte ich meinen Mut wieder erwachen und zählte ihr im Beisein der Slavonierin alle meine Qualen auf; nachdem ich ihr den Bettlertisch gezeigt hatte, an dem ich mich sattessen sollte, führte ich sie an mein Bett. Zum Schluss bat ich sie, sie möchte mich mit sich zum Essen nehmen, nachdem ich sechs Monate lang gehungert und geschmachtet hätte. Die Slavonierin ließ sich das nicht anfechten; sie sagte nur, mehr könnte sie für das Geld, das man ihr gäbe, nicht tun. Da hatte sie recht; aber wer zwang sie, ein Kosthaus zu halten, um die Kinder hinzumorden, die der Geiz ihr anvertraute und die doch der Nahrung bedurften?

      Meine Großmutter bedeutete ihr in aller Ruhe, sie werde mich mitnehmen, und sagte ihr, sie möchte alle meine Kleider in meinen Koffer packen. Entzückt, mein silbernes Besteck wiederzusehen, ergriff ich es und steckte es schnell in die Tasche. Zum ersten Male fühlte ich die Macht der Zufriedenheit, die den, der sie empfindet, zu Verzeihung und zum Vergessen alles Ungemachs nötigt.

      Meine Großmutter führte mich in die Herberge, wo sie wohnte, und wir speisten zu Mittag. Aber sie aß fast gar nichts vor Erstaunen über meine Gefräßigkeit. Unterdessen kam der Doktor Gozzi, den sie hatte benachrichtigen lassen, und seine Erscheinung stimmte sie zu seinen Gunsten. Er war ein schöner Priester von sechsundzwanzig Jahren, rundlich, bescheiden und von ehrerbietigem Wesen. In einer Viertelstunde war alles abgemacht. Die gute Großmutter zählte ihm vierundzwanzig Zechinen für Kostgeld auf ein Jahr im Voraus und ließ sich Quittung darüber geben, zunächst aber behielt sie mich drei Tage bei sich, um mich als Abbate zu kleiden und mir eine Perücke machen zu lassen; denn wegen meiner Unsauberkeit musste sie mir die Haare abschneiden lassen.

      Nach Ablauf dieser drei Tage brachte sie mich selber zum Doktor, um mich dessen Mutter zu empfehlen. Diese sagte ihr sofort, sie möchte mir ein Bett schicken oder in Padua eins für mich kaufen. Der Doktor sagte ihr aber, ich würde bei ihm in seinem sehr breiten Bett schlafen; für diese Güte war ihm meine Großmutter sehr dankbar. Hierauf geleiteten wir sie zum Burchiello, mit dem sie nach Venedig zurückreisen wollte.

      Die Familie des Doktors Gozzi bestand aus seiner Mutter, die großen Respekt vor ihm hatte, weil sie als einfache Bäuerin sich nicht für würdig hielt, einen Priester und gar einen Doktor zum Sohn zu haben; sie war hässlich, alt und zänkisch. Ferner aus seinem Vater, einem Schuster, der den ganzen Tag arbeitete und niemals, auch bei Tische nicht, ein Wort sprach. Gesellig wurde er nur an den Feiertagen, die er regelmäßig mit seinen Freunden in der Schenke verbrachte, aus der er um Mitternacht, den Tasso singend und so betrunken, dass er sich nicht auf den Beinen halten konnte, nach Hause kam. War er in diesem Zustand, so wollte der gute Mann durchaus nicht ins Bett, und er wurde brutal, wenn man ihn dazu zwingen wollte. Er hatte nur so viel Vernunft und Geist, wie der Wein ihm verlieh; denn wenn er nüchtern war, konnte er nicht mal die unbedeutendsten Familienangelegenheiten behandeln, und seine Frau sagte, er würde sie nie geheiratet haben, wenn man nicht zur Vorsicht ihn tüchtig hätte frühstücken lassen, ehe sie zur Kirche gingen.

      * * *

      Meine erste zärtliche Bekanntschaft

       Meine erste zärtliche Bekanntschaft

      Doktor Gozzi hatte auch eine dreizehnjährige Schwester, Bettina; sie war hübsch, lustig und eine große Romanleserin. Vater und Mutter zankten beständig mit ihr, weil sie sich so oft am Fenster sehen ließe, und der Doktor schalt sie wegen ihrer Lesewut. Das Mädchen gefiel mir sofort, ohne dass ich wusste warum. Sie schleuderte dann später in mein Herz die ersten Funken einer Leidenschaft, die in der Folge meine herrschende wurde.

      Sechs Monate nach meinem Eintritt in das Haus hatte der Doktor keine Schüler mehr; denn alle verließen ihn, weil ich der einzige Gegenstand seiner Zuneigung geworden war. Dies brachte ihn zu dem Entschlusse, ein kleines Institut einzurichten, indem er junge Schüler in Kost nähme; aber es dauerte zwei Jahre, bis ihm dieser Plan gelang. Während dieser Zeit teilte er mir alles mit, was er wusste, und das war allerdings nicht viel, doch aber genügend, mich in alle Wissenschaften einzuführen. Er lehrte mich auch Violine spielen; eine Kunst, die ich mir später unter Umständen, von denen der Leser noch hören wird, zunutze machen musste. Der gute Doktor, der ganz und gar kein Philosoph war, ließ mich die Logik der Peripatetiker und die Kosmographie des alten Ptolomäischen Systems lernen, über das ich mich beständig lustig machte, indem ich ihn durch Lehrsätze auf die er nie zu antworten wusste, zur Verzweiflung brachte. Übrigens waren seine Sitten untadelhaft, und in religiösen Dingen war er sehr streng, obgleich er kein Frömmler war. Da alles für ihn Glaubensartikel war, so fand er nichts schwer zu begreifen. Nach seiner Meinung hatte die Sintflut die ganze Erde bedeckt; vor dieser Katastrophe wurden die Menschen tausend Jahre alt und Gott unterhielt sich mit ihnen in Gesprächen; Noah hatte in hundert Jahren die Arche gebaut, und die Erde hing unbeweglich im Mittelpunkt des Weltalls, das Gott aus dem Nichts erschaffen hatte. Als ich ihm sagte und bewies, dass das Vorhandensein des Nichts ein Unsinn wäre, fiel er mir ins Wort und sagte, ich sei ein Dummkopf.

      Er liebte ein gutes Bett, seinen Schoppen Wein und Fröhlichkeit im Familienkreise. Dagegen liebte er weder Schöngeister, noch Witzworte, noch Kritik, denn diese wird leicht zur bösen Nachrede; er lachte über die Dummheit der Leute, die sich mit Zeitunglesen abgäben; denn die Zeitungen, sagte er, lögen immer und wiederholten ewig dasselbe. Er sagte, nichts sei so lästig wie Ungewissheit, und darum verdammte er das Denken, weil aus diesem der Zweifel entspringe.

      Seine Hauptleidenschaft war Predigen; dabei kam ihm nämlich Gesicht und Stimme zustatten. Seine Zuhörerschaft bestand denn auch nur aus Frauen; trotzdem war er ein geschworener Weiberfeind, und er sah niemals einer ins Gesicht, wenn er mit ihr sprechen musste. Die fleischliche Sünde war nach seiner Meinung die allergrößte; deshalb ärgerte er sich, wenn ich ihm sagte, dass gerade diese nur die allerkleinste sein könne. Seine Predigten waren gespickt mit Zitaten aus der griechischen Literatur, die er aber ins Lateinische übersetzte. Als ich mich eines Tages erkeckte, ihm zu sagen, er müsste sie ins Italienische übersetzen, weil die Frauen Latein ebenso wenig verständen wie Griechisch, da wurde er so böse, dass ich niemals wieder den Mut fand, hierüber mit ihm zu sprechen. Übrigens rühmte er mich seinen Freunden als ein Wunderkind, weil ich ganz allein, ohne andere Beihilfe als die Grammatik, die griechischen Schriftsteller lesen gelernt hatte.

      In der Fastenzeit des Jahres 1736 schrieb meine Mutter dem Doktor, sie müsse bald nach Petersburg abreisen und wünsche mich vorher noch einmal zu sehen; er möge daher auf drei oder vier Tage mit mir nach Venedig kommen. Diese Einladung machte ihn СКАЧАТЬ