Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1. Giacomo Casanova
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Читать онлайн книгу Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1 - Giacomo Casanova страница 5

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      Doch muss ich gestehen, ich kann mich der Furcht vor dem Ausgepfiffenwerden nicht ganz erwehren; sie ist nur zu natürlich, und daher brauche ich mich nicht damit zu brüsten, unempfindlich gegen sie zu sein; und ich bin weit entfernt, mich damit zu trösten, dass ich nicht mehr am Leben sein werde, wenn diese Erinnerungen erscheinen. Nur mit Entsetzen kann ich daran denken, dass ich dem Tode, den ich verabscheue, für etwas dankbar sein müsste; denn das Leben – mag es glücklich, mag es unglücklich sein – ist das einzige Gut, das der Mensch besitzt, und wer das Leben nicht liebt, der ist des Lebens nicht würdig. Wenn man ihm die Ehre vorzieht, so geschieht dies nur, weil die Schande es unauslöschlich brandmarkt. Vor solche Wahl gestellt, kann man wohl dazu kommen, sich zu töten; aber dann hat die Philosophie zu schweigen.

      O Tod! Grausamer Tod! Verhängnisvolles Gesetz, das die Natur verwerfen müsste, denn es zielt nur auf ihre Zerstörung ab. Cicero sagt, der Tod befreie uns von den Schmerzen. Aber der große Philosoph trägt nur die Ausgabe ein, bucht jedoch nicht die Einnahme. Ich erinnere mich nicht, ob seine Tullia schon gestorben war, als er seine Tuskulanen schrieb. Der Tod ist ein Ungeheuer, das den aufmerksamen Zuschauer aus dem großen Welttheater hinausjagt, bevor das Stück, das ihn unendlich interessiert, zu Ende gespielt ist. Schon dieser Grund allein muss genug sein, um den Tod zu verabscheuen.

      Man wird in diesen Erinnerungen nicht alle meine Abenteuer finden; ich habe diejenigen ausgelassen, die den daran beteiligten Personen hätten missfallen können; denn sie würden eine schlechte Figur dabei spielen. Trotz dieser Zurückhaltung wird man mich bisweilen nur allzu indiskret finden; das tut mir leid. Wenn ich vor meinem Tode noch vernünftig werde und die Zeit dazu finde, werde ich alles verbrennen; jetzt habe ich nicht den Mut dazu.

      Sollte man bisweilen finden, dass ich gewisse Liebesszenen zu sehr im Einzelnen ausmale, so tadle man mich doch nicht; es sei denn, dass man mich für einen schlechten Maler befindet. Denn man darf doch meiner alten Seele keinen Vorwurf daraus machen, dass sie nur noch in der Erinnerung genießen kann. Übrigens können tugendhafte Gemüter alle jene Schilderungen überschlagen, durch die sie sich verletzt fühlen könnten; diesen Rat glaube ich hier geben zu müssen. Wenn jemand meine Vorrede nicht liest, umso schlimmer für ihn! Ich werde dann keine Schuld tragen; denn jeder muss wissen, dass eine Vorrede für ein Werk dasselbe bedeutet, wie der Theaterzettel für eine Komödie: Man muss sie lesen.

      Ich habe diese Erinnerungen nicht für die Jugend geschrieben; denn diese muss in der Unwissenheit erhalten werden, damit sie nicht zu Fall komme. Ich schrieb sie für solche, die durch das Leben der Verführung unzugänglich geworden find, gleichsam wie der Salamander dadurch, dass er im Feuer lebt, feuerfest wird. Da die wahren Tugenden nur Gewohnheiten sind, so erkühne ich mich zu sagen: Wahrhaft tugendhaft ist nur, wer Tugend übt, ohne dass es ihm die geringste Mühe macht. Solchen ist jede Unduldsamkeit fremd, und für sie habe ich geschrieben.

      Ich habe französisch geschrieben und nicht italienisch, weil die französische Sprache weiter verbreitet ist als die meinige. Wenn Eiferer für die Reinheit der Sprache an mir zu tadeln finden, weil sie in meinem Stil heimatliche Redewendungen entdecken, so werden sie recht haben, sobald sie mich darüber unklar finden müssen. Den Griechen gefiel Theophrast trotz seinen eresischen Ausdrücken, und den Römern ihr Titus Livius trotz seinen paduanischen Provinzialismen. Wenn ich interessant bin, kann ich – dünkt mich – auf dieselbe Nachsicht Anspruch machen. Übrigens findet ganz Italien an Algarotti Gefallen, obgleich sein Stil mit Gallizismen gespickt ist.

      Es ist bemerkenswert, dass von allen lebenden Sprachen, die in der Republik der Wissenschaften eine Rolle spielen, die französische die einzige ist, die von ihrer Akademie verurteilt wurde, sich nicht auf Kosten der anderen bereichern zu dürfen. Die anderen dagegen, die sämtlich an Worten reicher sind als sie, plündern sie und nehmen ihr Worte sowohl wie Redewendungen, so oft sie bemerken, dass sie durch solche Anleihen ihre eigene Schönheit vermehren können. Und noch eins: gerade die, die sie am meisten in Anspruch nehmen, schreien am lautesten über ihre Armut, wie wenn sie dadurch ihre Aneignungen rechtfertigen wollten. Man sagt, die französische Sprache habe sich jetzt so weit entwickelt, dass sie alle Schönheiten besitze, deren sie fähig sei – und man muss einräumen, dass dieser Schönheiten viele sind – und darum würde der geringste fremde Zusatz sie hässlicher machen; ich glaube aber behaupten zu können, dass diese Meinung auf einem Vorurteil beruht. Denn obwohl die französische Sprache die klarste und logischste von allen ist, so wäre es doch allzu kühn zu behaupten, dass sie nicht über die jetzt erreichte Höhe hinaus sich weiter entwickeln kann. Man wird sich noch erinnern, dass zu Lullis Zeit die ganze Nation einig war in ihrem Urteil über seine Musik: Rameau kam und alles änderte sich. Der neue Aufschwung, den das französische Volk genommen hat, kann es auf bisher unbemerkt gebliebene Wege führen, und neue Schönheiten, neue Vollkommenheiten können aus neuen Verhältnissen und aus neuen Bedürfnissen entstehen.

      Der Wahlspruch, den ich meinem Werke vorgesetzt habe, rechtfertigt meine Abschweifungen und meine, vielleicht zu häufigen, Erörterungen über meine Taten aller Art: nequidquam sapit qui sibi non sapit. – Der ist nicht weise, der es für sich selbst nicht ist. Aus demselben Grunde war es mir stets Bedürfnis, in guter Gesellschaft mich loben zu hören:

       Excitat auditor studium, laudataque virtus Crescit et immensum gloria calcar habet.

      Eifer wird durch Hörer belebt, es wächst die gelobte Tugend, mit schärfstem Sporn treibet den Menschen der Ruhm.

      Gern hätte ich hier den stolzen Wahlspruch aufgepflanzt: nemo laeditur nisi a se ipso. – Jeder ist selber schuld, wenn ihn Schaden trifft. Aber ich fürchte, ich errege damit Anstoß bei allen den ungeheuer vielen, die, so oft ihnen etwas schief geht, sofort schreien: Das war nicht meine Schuld! Man muss ihnen diesen kleinen Trost lassen, denn wenn sie dieses Aushilfsmittel nicht hätten, so würden sie schließlich sich selber hassen, und der Selbsthass hat oft die verhängnisvolle Folge des Selbstmordes.

      Ich aber erkenne gerne stets in mir selber die Hauptursache des Guten oder Bösen, das mir zustößt. Daher sah ich mich stets mit Behagen imstande, mein eigener Schüler zu sein, und machte es mir zur Pflicht, meinen Lehrer zu lieben.

      * * *

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       Der Autor Giacomo Casanova

      Erstes Kapitel

       Erstes Kapitel

       Nachrichten aus meiner Familie

       Meine Kindheit

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      Don Jacob Casanova, geboren zu Saragossa, der Hauptstadt von Aragonien, natürlicher Sohn Don Franciscos, entführte im Jahre 1428 Donna Anna Palafor aus dem Kloster; dies geschah einen Tag, nachdem sie ihr Gelübde abgelegt hatte. Er war Geheimschreiber des Königs Alfonso. Er floh mit ihr nach Rom, wo Anna ein Jahr im Gefängnis zubringen musste; nach Verlauf dieser Zeit entband Papst Martin der Dritte sie von ihrem Gelübde und gab ihrer Ehe seinen Segen auf Empfehlung des Don Juan Casanova, Haushofmeisters des Allerheiligsten Palastes und Oheims des Don Jacob. Die aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder starben sämtlich in zartem Alter mit Ausnahme Don Juans, der im Jahre 1475 Donna Eleonora Albini heiratete und von ihr einen Sohn, Namens Marco Antonio, hatte.

      Im Jahre 1481 tötete Don Juan einen Offizier des Königs von Neapel und musste deshalb Rom verlassen; er floh mit seiner Frau und seinem Sohn nach Como; später verließ er diese Stadt wieder, um sein Glück in der Ferne zu suchen, und starb im Jahre 1493 als Reisegefährte von Christof Columbus.

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