"Icke" fährt zur See - Teil 1 - Seefahrt damals um 1961 - Schiffsjunge und Jungmann. Jürgen Emmrich
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Читать онлайн книгу "Icke" fährt zur See - Teil 1 - Seefahrt damals um 1961 - Schiffsjunge und Jungmann - Jürgen Emmrich страница 5

СКАЧАТЬ Für meinen Vater war das selbstverständlich, dass ich die Prüfung an der Seemannsschule geschafft hatte. Kein Lob oder anerkennende Worte. Wie immer wurde ein Erfolg, wenn ich mal einen hatte, nicht anerkannt und gewürdigt. Meine Fehler oder Schwächen wurden natürlich immer altklug bemängelt. Wenn ich erzählte, wie wir Jungs geschliffen wurden, wie hart wir beim Rudern auf der Elbe ‘rangenommen wurden, dann hatte der Alte nur zur Antwort, dass er es früher, beim Militär, viel härter hatte. Fragen wurden nicht gestellt, denn er wusste natürlich immer Bescheid. Er konnte alles, wusste alles und das „kotzte“ uns Söhne an.

       Doch ich glaube heute, er war schon ein bisschen stolz auf mich. Ich war kein Klempner oder Maler. Das wäre für ihn nichts Besonders gewesen, obwohl mir mit der Volksschulbildung damals nichts anderes zugestanden hätte.

       Aber Seemann, das war irgendwie doch etwas Exotisches. Und bis zum Kapitän war das nur eine Übergangszeit. Jedenfalls träumte meine Mutter schon von ihrem Sohn, der als Traumschiffkapitän über die Weltmeere fährt.

       Unsere Oma hatte aber immer ein Ohr für uns. Und wenn wir traurig waren, auch tröstende Worte. Mein Opa war ja noch im Osten, und ich konnte ihn wegen der Mauer nicht besuchen. Da war ich schon sehr traurig.

       Sehnsüchtig wartete ich nun auf eine Nachricht der Reederei, und es sollte bald losgehen. In dieser Zeit liefen im Radio Hits von Freddy Quinn, die von Fernweh, Seemannsromantik und Abenteuer handelten. Wie z. B. auch das Lied: „Junge, komm bald wieder“, und das machte mich ganz sehnsüchtig. Ich wollte endlich los und das ganze verfluchte Elternhaus hinter mir lassen. Nichts konnte mich nun aufhalten. Ich war ausgebildeter Decksjunge und gehörte auf ein Frachtschiff.

       Die Welt wartete auf mich. Ihr werdet euch noch wundern, zu was ich alles fähig bin, so dachte ich zuversichtlich.

       Aber bald sollte mir die Realität zeigen, was an Bord eines Frachtschiffes wirklich abgeht.

       Meine ehemaligen Klassenkameraden, mit denen ich noch Kontakt hatte, vor allem mein Freund Andy, beneideten mich sehr, was ich natürlich sehr genossen habe.

       Und dann war es endlich soweit!

       * * *

      „Icke“ geht an Bord

      „Ickegeht an Bord

       Die erlösende Nachricht kam dann endlich im November 1961. Ich erhielt einen Brief der Reederei, oben auf dem Briefkopf war die farbige Reedereiflagge der HAPAG aufgedruckt.

       Im Text hieß es, dass ich, Herr Emmrich, auf dem Frachter „BRANDENBURG“ in Hamburg anmustern und mich umgehend bei der Reederei in Hamburg, Ferdinandstraße, melden sollte.

       Na, der Schiffsname passte ja zu mir, denn ich bin ja auch in Brandenburg (Biesenthal) geboren.

       Der Abschied in Berlin war nicht so ganz ohne Emotionen. Mein Bruder lag schon im Bett, als ich den Abend zuvor zu ihm an das Bett kam, um Abschied zu nehmen. Ich hatte den Eindruck, dass dieser Abschied ihn mehr schmerzte, als mich. Nun musste er alleine die Tyrannei zu Hause aushalten. Wir sagten uns traurig „tschüß“, und ich versprach auch zu schreiben. Die letzte Nacht in meinem Bett zu Hause war quälend. Auf der einen Seite freute ich mich, auf der anderen Seite war diese Ungewissheit vor der Zukunft. Ich werde ganz allein auf mich gestellt sein. Am nächsten Tag ging es dann zum Hauptbahnhof. Meine Mutter begleitete mich und spielte die Leidende. An dem Abschied meines Vaters, der nicht mit zum Bahnhof kam, kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Der war wahrscheinlich auch nicht so toll, sonst hätte mich das ja auch beeindruckt. Gute Ratschläge für mich, der ja erst 16 Jahre alt und unerfahren war, gab er mir jedenfalls nicht mit auf den Weg.

       Warum auch, er erwartete sowieso von uns Söhnen, dass wir alles richtig machen.

       Mir war das eigentlich egal, obwohl ich schon gerne etwas Beistand von den Eltern gehabt hätte. In Hamburg erwartete mich der Onkel Herbert aus Blankenese, ein ehemaliger Kriegskamerad meines Vaters, bei dem ich noch eine Nacht verbrachte.

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       Bei der HAPAG, in der Ferdinandstraße, wurden dann die Formalitäten (Heuerschein / Vertrag) erledigt und ab 20.11.1961 war ich stolzer Mitarbeiter dieser großen Reederei.

       In Deutschland gab es damals nur zwei richtig große Reedereien, den Norddeutschen Lloyd in Bremen und die HAPAG in Hamburg. Natürlich gab es auch andere Reedereien mit großen Namen, aber diese Beiden waren vor und nun nach dem Krieg führend in Deutschland.

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       Deren Schiffe waren weltweit im Einsatz und das nun mit mir, „Icke“, dem Seemann aus Berlin.

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       Meine monatliche Heuer (Gehalt) betrug: 90 DM brutto. Kost und Logis natürlich frei. An Land verdienten die Lehrlinge ca. 40 DM.

       Also für mich nicht schlecht, und dazu erwarteten mich noch eine Menge Überstunden. Und jeder Sonntag auf See wurde mit einem bezahlten Urlaubstag belohnt.

       Allerdings, wie ich schnell erfahren musste, war ich auch der letzte „Arsch“ an Bord, noch nach dem Bordhund.

       Doch erst mal war das egal, es ging an Bord und das zählte!

       An einem kalten, regnerischen Abend, fuhr ich mit Onkel Herbert von Blankenese zu den Landungsbrücken. Natürlich mit der Bahn, denn er hatte kein Auto. Damals hatten nur wenige Gutbetuchte ein Auto.

       Von den Landungsbrücken ging es auf eine Fähre und dann weiter zum Kaiser-Wilhelm-Hafen.

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       Der Pott sollte am Schuppen 73 liegen, und so stiefelten und stolperten wir im Regen und der Dunkelheit über die Gleise.

       Der Schuppen 73 lag auch noch ganz am Ende des Hafens, ca. 150 Meter am Kai entlang.

       Die dort liegenden Schiffe, alle von der Hapag, wurden beladen und es herrschte reges Treiben an der Pier.

       Wir mussten aufpassen, dass wir keine Hieve an den Kopf bekamen, oder dass uns ein Gabelstapler anfuhr.

       Ich glaube, Onkel Herbert fluchte innerlich. Denn er trug meinen schweren Seesack, da ich eine große Tasche tragen musste. Er war nicht der Stärkste, etwas dünn und kränkelnd. Eben ein Beamter im Innendienst bei der Bundesbahn.

       Am Ziel angekommen, sah ich „mein Schiff“.

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