Название: Abende auf dem Gut Dikanka
Автор: Nikolai Gogol
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752962369
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Hier unterbrach der gestrenge Tscherewik wiederum unseren Erzähler:
»Gott, was du da redest, Gevatter! Wie ist denn das möglich, daß jemand den Teufel in die Schenke hineinläßt? Er hat doch, Gott sei gelobt, Krallen an den Tatzen und Hörner auf dem Kopf.«
»Das ist’s ja eben! er hatte eine Mütze aufgesetzt und Däumlinge angezogen. Wie sollte man ihn da wohl erkennen? Er fing an, ein lustiges Leben zu führen und endlich kam es so weit, daß er alles versoffen hatte, was er bei sich trug. Der Schankwirt gab ihm längere Zeit Kredit, aber endlich hörte er damit auf. Da war der Teufel gezwungen, seinen roten Kittel fast für ein Drittel des Wertes bei dem Juden zu versetzen, der damals auf dem Jahrmarkt zu Sorotschintzy den Schnapsausschank in Besitz hatte. Er versetzte ihn also und sprach: »Gib acht, Jude, genau nach einem Jahre hole ich mir den Kittel wieder, heb ihn wohl auf!« — und weg war er, wie in die Erde gesunken. Der Jude sah sich den Kittel genau an: solches Tuch war in Mirgorod nicht zu bekommen, und die rote Farbe brannte wie Feuer, daß man sich an ihr gar nicht satt sehen konnte. Nun wurde es dem Juden aber zu viel, den Termin abzuwarten. Er kratzte sich die Schläfenlöckchen, und nahm einem zugereisten Pan ganze fünf Dukaten für den Kittel ab! denn den Termin hatte der Jude schon längst vergessen. Einmal, so gegen Abend, kam da ein Mensch angerückt: »Nun Jude, gib mir meinen Kittel!« Der Jude erkannte ihn zuerst nicht, aber dann tat er so, als ob er ihn nie gesehen hätte: »Was für einen Kittel? Ich weiß von keinem Kittel!« Jener ging seiner Wege, aber gegen Abend, als der Jude, der seine Bude schon geschlossen und das Geld in den Kästen gezählt hatte, ein Bettuch umnahm und nach Judenart zu Gott zu beten anfing, — da hörte er ein Geräusch ... Sieh da — aus allen Fenstern gucken Schweineschnauzen herein ...«
Hier wurde tatsächlich ein undeutlicher Laut hörbar, der dem Grunzen eines Schweines sehr ähnlich war; alle erbleichten ... Der Schweiß trat dem Erzähler auf die Stirn.
»Was gibt’s!« fragte Tscherewik ganz erschrocken.
»Es ist nichts!« ... antwortete der Gevatter, der am ganzen Leibe zitterte.
»Ah!« rief einer der Gäste.
»Hast du was gesagt?« ...
»Nein!«
»Wer hat da gegrunzt?«
»Ach Gott, warum sind wir nur so erschrocken? Es war ja nichts!«
Alle begannen sich scheu umzusehen und die Winkel abzusuchen. Chiwrja war mehr tot als lebendig. »Ach was seid ihr doch für Weiber, was seid ihr für Weiber!« rief sie laut aus: »Ihr wollt Kosaken und Männer sein! Man sollte euch ein Spinnrad in die Hände geben und an den Rocken setzen! Einem von euch ist wohl, mit Verlaub zu sagen, eine Sünde entfahren, oder die Bank hat unter jemandem geknarrt, und ihr springt in die Höhe, als ob ihr halb toll seid!«
Das beschämte unsere Helden und gab ihnen neuen Mut. Der Gevatter schlürfte aus dem Krug und erzählte weiter: »Der Jude war fast tot vor Schreck; aber die Schweine krochen auf ihren Beinen, die so lang wie Stelzen waren, in die Fenster, machten ihn im Nu mit dem dreischwänzigen Kantschu wieder lebendig und ließen ihn höher springen, als dieser Balken da oben ist. Der Jude fiel auf die Knie und gestand alles ein. Aber der Kittel war nicht so schnell wieder zu finden. Der Pan war unterwegs von einem Zigeuner bestohlen worden, der den Kittel an eine Händlerin verkauft hatte. Die brachte ihn wieder auf den Jahrmarkt von Sorotschintzy, aber von Stund an wollte niemand etwas bei ihr kaufen. Die Händlerin wunderte sich lange Zeit, aber endlich kam sie der Sache auf den Grund. Sicher hatte der rote Kittel an allem schuld; daher fühlte sie auch immer, wenn sie ihn anzog, daß sie etwas drückte. Ohne lange zu überlegen, warf sie ihn ins Feuer — aber der Teufelsrock wollte nicht brennen! ... »Ah so, das ist also ein Teufelsgeschenk!« Die Händlerin war so klug, ihn einem Bauern unter den Wagen zu schieben, der Butter zum Verkauf brachte. Der Dummkopf war hocherfreut, aber niemand fragte mehr nach seiner Butter. »O weh, da haben mir böse Hände den Kittel da unter den Wagen gesteckt!« Er ergriff eine Axt und hackte ihn in Stücke; aber sieh da, ein Stück kriecht zum andern, und wieder ist’s ein ganzer Kittel! Er bekreuzigte sich, schlug noch mal darauf, streute die Stücke auseinander und machte sich davon. Und seit jener Stunde geht jedes Jahr, pünktlich zur Jahrmarktszeit, der Teufel in Gestalt eines Schweines auf dem Platze um, grunzt und sucht die Stücke seines Kittels zusammen. Jetzt soll ihm nur noch der linke Ärmel fehlen. Die Leute hüten sich seitdem vor jenem Orte, und bald werden es zehn Jahre sein, daß dort kein Jahrmarkt mehr gewesen ist. Da muß nun der Böse den Präsidenten reiten, daß er gerade hier den Jahr...«
Die andere Hälfte des Wortes erstarb dem Erzähler auf den Lippen: krachend sprang das Fenster auf; klirrend flogen die Scheiben herum, und eine schreckliche Schweinsfratze erschien in der Öffnung, die Augen rollend, als ob sie fragen wollte: »Was treibt ihr hier, ihr lieben Leute?«
8
Dem Hunde gleich, dem man den Schwanz geklemmt,
So steht dies Jammerbild, wie Kain zitternd,
Und aus der Nase tropft Tabak aufs Hemd.
Kotljarewski: »Äneas«
Entsetzen packte alle in der Stube. Der Gevatter saß offenen Mundes da und schien zu Stein erstarrt; seine Augen krochen hervor, als ob sie schießen wollten, und die Finger blieben regungslos in der Luft gespreizt. Der lange Kerl, der so mutig getan hatte, sprang in unverkennbarer Angst bis zur Decke und stieß mit dem Kopf gegen den Balken; die Bretter klafften auseinander, und der Popensohn flog Knall und Fall zu Boden.
»Au! au! au!« schrie der eine verzweifelt, fiel entsetzt auf eine Bank und zappelte mit Armen und Beinen.
»Hilfe!« brüllte ein anderer und zog sich schnell seinen Pelz über die Augen.
Der Gevatter, den dieser zweite Schreck aus seiner Erstarrung geweckt hatte, kroch, an allen Gliedern zitternd, seiner Ehefrau unter den Rock. Der lange Maulheld kroch, trotz der kleinen Öffnung, in den Ofen und schlug selbst die Klappe zu. Tscherewik stülpte sich, wie von brühheißem Wasser begossen, statt der Mütze einen Topf über den Kopf, stürzte zur Tür hinaus und rannte besinnungslos, ohne auf den Weg zu achten, wie ein Wahnsinniger durch die Straßen; erst die Ermüdung zwang ihn, seinen schnellen Lauf zu hemmen. Sein Herz ratterte wie eine Mühlenstampfe, und die Schweißtropfen rollten an ihm herunter wie die Hagelkörner. Ganz erschöpft wäre er fast zu Boden gesunken, als er auf einmal hörte, wie jemand hinter ihm herjagte ... Sein Atem stockte ...
»Der Teufel! der Teufel!« schrie er ganz außer sich, seine Kräfte verdreifachend, und einen Augenblick später stürzte er besinnungslos zu Boden.
»Der Teufel! der Teufel!« schrie es hinter ihm her: er hörte nur noch, wie etwas lärmend auf ihn herabstürzte; aber da verließ ihn die Besinnung, und er blieb wie der grausige Bewohner eines engen Sarges stumm und reglos mitten auf dem Wege liegen.
9
Vorne geht die Sache noch halbwegs,
Aber hinten ist’s der ganze Teufel!
Aus einem Volksmärchen
»Hörst du, Wlas!« sprach einer von den Leuten, die im Freien geschlafen hatten, nachts aus dem Schlafe auffahrend. »Jemand in der Nähe hat hier ›Teufel‹ geschrien.«
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