Название: Verschiedene Texte
Автор: Martin Luther
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783753184326
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Nicht, daß jemand die ganze Kirche tadeln soll, welche die Messe mit vielen anderen Bräuchen geziert und erweitert hat; sondern das wollen wir, daß sich niemand durch solch äußerlichen Glanz der Zeremonien irreleiten und durch den vielfältigen Pomp den Zugang zu dieser ganz einfachen Messe verbauen läßt und in Wahrheit eine Art ›Transsubstantiation‹ treibt, wenn er die Messe in ihrer Einfachheit aus den Augen verliert und an den vielen äußerlichen Zutaten des Gepränges hängen bleibt. Denn was über das Wort und Beispiel Christi hinaus hinzukommt, ist eine äußerliche Zutat zur Messe, deren jede wir nicht höher achten sollen als jetzt die Monstranzen (wie sie sie nennen) und die Altartücher, in denen die Hostien aufbewahrt werden. Wie es darum im Widerspruch zueinander steht, ein Testament auszuteilen, eine Verheißung zu empfangen und ein Opfer zu opfern, so widerspricht es sich, daß die Messe ein Opfer sein soll, weil wir jene empfangen, dies aber geben. Nun kann aber etwas nicht zugleich empfangen und gegeben werden und auch nicht von demselben zugleich gegeben und empfangen werden, ebenso wenig, wie das Gebet und die erlangte Sache dasselbe sein können, oder beten und das Erbetene nehmen.
Von daher kann jeder leicht verstehen, was gar oft bei Gregor d. Gr. gesagt wird: die Messe eines schlechten Priesters ist nicht geringer zu achten als die eines guten. Die Messe des heiligen Petrus ist nicht besser gewesen als die des Verräters Judas (wenn sie beide Messen gehalten hätten). Denn mit diesem Deckmantel wollen viele ihre Unfrömmigkeit bemänteln und haben daher den Unterschied zwischen dem opus operatum und dem opus operantis erfunden, damit sie auf diese Weise selbst sicher ein schlimmes Leben führen, und dennoch anderen Gutes zu tun in Anspruch nehmen können. Gregor hat tatsächlich recht, nur verstehen sie ihn falsch. Denn es ist ganz wahr, daß durch gottlose Priester nicht weniger vom Testament und Sakrament gegeben und empfangen wird als selbst durch die allerheiligsten. Denn wer wollte daran zweifeln, daß das Evangelium auch durch Gottlose verkündigt wird? Nun ist aber die Messe ein Teil des Evangeliums, ja die Summe und eine Zusammenfassung des Evangeliums. Denn was ist das ganze Evangelium anders als die frohe Botschaft von der Vergebung der Sünden? Was lang und breit über die Sündenvergebung und die Barmherzigkeit Gottes gesagt werden kann, das ist kurz in dem Wort des Testaments zusammengefaßt. Daher sollten auch die Predigten vor dem Volk nichts anderes sein als Auslegungen über die Messe, d. h. Erklärungen der göttlichen Verheißungen dieses Testaments; denn das hieße den Glauben lehren und recht die Kirche erbauen. Aber die jetzt die Messe auslegen, die gaukeln und betrügen mit Allegorien über von Menschen erdachte Zeremonien.
Wie deshalb ein gottloser (Priester) taufen kann, d. h. das Wort der Verheißung und das Zeichen des Wassers an den Täufling heranbringen, so kann er auch die Verheißung dieses Sakraments den Teilnehmern darreichen und es mit ihnen nehmen, wie Judas der Verräter beim (letzten) Mahl des Herrn. Es bleibt trotzdem allezeit dasselbe Sakrament und Testament, das im Gläubigen sein Werk (d. h. die Seligkeit) und im Ungläubigen das fremde Werk (d. h. die Verdammung) wirkt. Aber mit dem Opfer verhält es sich ganz anders. Denn weil nicht die Messe, sondern die Gebete Gott geopfert werden, ist es klar, daß die Opfer eines gottlosen Priesters nichts gelten. Sondern (wie derselbe Gregor sagt) wenn ein Unwürdiger geschickt wird, um zu bitten, so wird der Richter zu größerer Strafe herausgefordert. Darum darf man dies beides nicht vermengen: die Messe und das Gebet, das Sakrament und das Werk, das Testament und das Opfer. Denn das eine kommt von Gott zu uns durch den Dienst des Priesters und fordert Glauben; das andere kommt von unserm Glauben zu Gott durch den Priester und bittet um Erhörung, jenes steigt herunter, dieses steigt hinauf. Darum erfordert jenes nicht notwendig einen würdigen und frommen Priester, aber dieses forderts; denn Gott erhöret die Sünder nicht; er kann durch Böse Gutes tun, aber er nimmt keines Bösen Werk an, wie er an Kain gezeigt hat (1. Mose 4, 5). Und in den Sprüchen 15, 8 heißt es: ›Der Gottlosen Opfer ist dem Herrn ein Greuel‹, und Röm. 14, 23: ›Was nicht aus dem Glauben geht, ist Sünde.‹
Damit wir aber mit diesem ersten Teil zu Ende kommen, denn auch das übrige – wo immer der Verderber sich erhoben hat – wollen wir ans Licht bringen, kommen wir aus diesen Gründen allen zu dem Schluß, wem zugute die Messe eingesetzt ist und wer würdig kommuniziert: Nämlich allein die, welche traurige, angefochtene, betrübte, verwirrte und irrige Gewissen haben. Denn weil das Wort der göttlichen Verheißung dieses Sakraments die Sündenvergebung anbietet, so tritt getrost der hinzu, der von seinen Sünden geängstigt wird, sei es durch die Reue über begangene, sei es durch die Versuchung zu künftigen. Denn dieses Testament Christi ist die einzige Arznei für vergangene und zukünftige Sünden. Nur mußt du mit ungezweifeltem Glauben daran festhalten und glauben, daß dir aus Gnade gegeben werde, was die Worte des Testaments sagen. Wenn du das nicht glaubst, kannst du dein Gewissen niemals, nirgends, mit keinen Werken und keinem noch so großem Eifer zur Ruhe bringen. Denn allein der Glaube ist des Gewissens Friede, der Unglaube aber ist allein des Gewissens Beunruhigung.
Vom Sakrament der Taufe
›Gebenedeit sei Gott und der Vater unseres Herrn Jesu Christi‹ (Eph. 1, 3), der ›nach dem Reichtum seiner Barmherzigkeit‹ (Eph. 1, 7) wenigstens dieses einzige Sakrament in seiner Kirche ungeschmälert und unbefleckt durch Menschensatzungen erhalten hat und es für alle Völker und alle Stände der Menschen freigehalten hat. Er hat nicht geduldet, daß es durch schändliche Gewinnsucht und gottlosen Aberglauben unterdrückt würde, sicher mit der Absicht, die kleinen Kinder, die des Geizes und des Aberglaubens noch nicht fähig sind, dadurch einweihen und sie mit dem ganz einfältigen Glauben an sein Wort geheiligt werden zu lassen. Ihnen ist die Taufe zur jetzigen Zeit auch am meisten nützlich. Denn wenn den Erwachsenen und den Großen dieses Sakrament gegeben werden sollte, so scheint es, daß seine Kraft und Herrlichkeit wegen der Tyrannei des Geizes und Aberglaubens nicht hätte bewahrt bleiben können, der uns alles Göttliche niedergestürzt hat. Die Klugheit des Fleisches hätte ohne Zweifel auch hier ihre ›Vorbereitungen‹ und ›Würdigkeiten‹ gefunden, danach Vorbehalte, Einschränkungen und was dergleichen Geldnetze mehr sind, infolge deren das Wasser nicht wohlfeiler als jetzt Pergamente verkauft würde.
Aber obwohl der Teufel die Kraft der Taufe in den Kindern nicht hat auslöschen können, hat er sie doch in allen Erwachsenen zu vertilgen vermocht, so daß es jetzt fast niemanden mehr gibt, der es beherzigt, daß er getauft ist, viel weniger, daß er sich dessen rühmt, nachdem so viele andere Wege zur Sündenvergebung und in den Himmel zu kommen erfunden worden sind. Zu dieser Auffassung hat ihnen eine gefährliche Rede des Hieronymus Anlaß gegeben, die entweder übel geredet oder übel verstanden worden ist, wo er die Buße das ›zweite Brett nach dem Schiffbruch‹ nennt, gerade als ob die Taufe nicht eine Buße wäre. Denn daher kommts, daß sie, wenn sie in Sünden fallen, an dem ersten Brett oder Schiff, als ob sie es verloren hätten, verzweifeln und anfangen, sich allein auf das andere Brett, nämlich die Buße, zu stützen und zu verlassen. Von daher sind die unzähligen Lasten an Gelübden, Mönchsorden, Werken, Genugtuungen, Wallfahrten, Ablässen und Sekten gekommen, und über sie dann diese große Flut der Bücher, Fragen, Meinungen und Menschensatzungen, die die ganze Welt jetzt nicht fassen kann, so daß diese Tyrannei die Kirche Gottes viel ärger plagt als sie jemals der Juden Synagoge oder eine einzige andere Nation unter dem Himmel geplagt hat.
Aber die Bischöfe hätten das alles abtun und die Christen mit allem Fleiß zum wahren Wesen der Taufe zurückrufen sollen, damit sie verstünden, was sie wären und was den Christen zu tun zukäme. Aber allein das halten sie heutzutage für ihre Aufgabe, das Volk so weit wie möglich von der Taufe wegzuführen und alle in die Sintflut ihrer Tyrannei einzutauchen und zu erreichen, daß das Volk Christi (wie der Prophet sagt, Jer. 2, 32) seiner ewig vergesse. O wie unselig sind alle, die zu dieser Zeit Bischöfe genannt werden, die weder wissen noch tun, was Bischöfen zusteht, sondern auch nicht einmal wissen, was sie wissen und tun müßten! Sie erfüllen den Spruch, Jesaja 56, 10 f.: ›Alle ihre Wächter sind blind, sie wissen alle nichts; denn die Hirten kennen keinen Verstand, ein jeglicher sieht auf seinen Weg, ein jeglicher geizt für sich in seinem Stande‹ usw.
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