Ein Frosch zum Küssen. Mila Summers
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Название: Ein Frosch zum Küssen

Автор: Mila Summers

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738065046

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СКАЧАТЬ nicht unbedingt aus den Sitzen gesprungen. Aber dennoch, es kam vor.

      Das war eine meiner großen Schwächen, an der ich dringend arbeiten musste. Aber nicht jetzt und hier. Vielmehr galt es jetzt, eine Zigarette ohne Feuerzeug zu entflammen und dann all meinen Kummer wegzupaffen.

      Glücklicherweise war ich in der Damentoilette im fünfundzwanzigsten Stockwerk allein. Nachdem ich gecheckt hatte, dass alle drei Kabinen frei waren, hatte ich mich in die mittlere verkrümelt, den Deckel heruntergeklappt und darauf Platz genommen.

      Was für ein beschissener Tag! Wutschnaubend zerquetschte ich die Glimmstängel in meiner Hand, die noch immer jungfräulich in der Schachtel ruhten.

      Mittlerweile liefen mir die ersten Tränen über die Wangen und ich verfluchte das World Wide Web dafür, dass es mich auf die versnobte Werbeagentur Hammersmith & Porter aufmerksam gemacht hatte.

      In meinem Kopf spulte ich all die Abende ab, an denen ich mir von Mr. Song Hühnchen süß-sauer hatte liefern lassen, um nicht einmal dafür meinen Arbeitsplatz verlassen zu müssen. Bis zu sechzehn Stunden hatte ich an meinem Schreibtisch gesessen, hatte überlegt, geplant und recherchiert, nur um dann alles wieder über den Haufen zu werfen und von vorne zu beginnen.

      Auch das war eines meiner Probleme: Perfektionismus. Doofes Wort und noch viel doofer die Bedeutung, die dahintersteckt. Aus diesem Grund war ich nicht in der Lage, einfach mal spontan meine Meinung zu sagen. Nein, jedes Wort musste wohlüberlegt sein. Schließlich musste man ja präzise äußern, was sein Anliegen war. Blödsinniges Geschwafel und Small Talk waren definitiv keine meiner Meisterdisziplinen.

      Das Päckchen in meiner Hand war aufgeplatzt. Langsam strömte dieser unnachahmliche Geruch aus Nikotin, Filter, Teer und den anderen mehr als dreitausendachthundert chemischen Verbindungen in meine Kabine.

      Das unerwartete Quietschen der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Ich war nicht mehr allein. Mühsam versuchte ich das Schluchzen zu unterbinden, das sich ungewollt zu den Tränen gesellt hatte.

      Mit dem Handrücken trocknete ich die Tränen. Anschließend fuhr ich mit dem Zeigefinger unter das Auge, um die Wimperntuscherückstände zu beseitigen, die die Wassermassen mit sich gerissen hatten.

      »Ist alles okay mit Ihnen?«, meldete sich eine mir unbekannte weibliche Stimme zu Wort.

      »Hm«, antwortete ich einsilbig, in der Hoffnung, sie würde mir glauben und wieder gehen.

      »In Ordnung. Ich hatte mir Sorgen gemacht, da ich durch die Glasscheibe meines Office mitbekommen habe, wie Sie zur Toilette gegangen sind und nicht mehr herauskamen. Sind Sie sicher, dass es Ihnen gutgeht? Soll ich vielleicht jemanden rufen? Brauchen Sie etwas? Mein Name ist Jil Aimée. Falls ich etwas für Sie tun kann, geben Sie mir ein Zeichen, ja?«

      Es war ja wirklich nett von ihr, dass sie sich offensichtlich um eine Wildfremde derart sorgte, dennoch war ich momentan überhaupt nicht dazu aufgelegt, mich mit dieser Frau zu unterhalten oder gar meine Probleme hier im Restroom zu wälzen. Schmutzige Wäsche würde ich hier eh nicht waschen wollen, also war es besser, den Mund zu halten und freundlich zu winken.

      »Nein, machen Sie sich keine Sorgen. Es ist alles bestens. Danke Ihnen. Ich komm gleich raus«, erwiderte ich in der Hoffnung, sie würde dann das Feld räumen und mir die Möglichkeit geben, heimlich, still und leise abzuhauen.

      »Oh, schön, dann kann ich mich ja selbst gleich davon überzeugen, dass es Ihnen gut geht. Wissen Sie, meine Mutter hat immer gesagt: Wenn wir aufhören, darauf zu achten, wie es unseren Mitmenschen geht, dann haben wir verlernt, Mensch zu sein.«

      Na, prima. Was sollte ich denn nun machen? Erhobenen Hauptes verheult aus der Kabine marschieren, Hände waschen und einen Grund vortäuschen, warum ich ganz schnell weg musste? Würde nicht klappen, da ich mich mit mir selbst nicht auf die stimmigste Ursache einigen könnte.

      Außerdem war ich eine furchtbar schlechte Lügnerin. Mum erkannte meine Ausreden sogar am Telefon. Sie musste mir nicht mal gegenüberstehen, um zu erkennen, dass ich geflunkert hatte.

      Vielleicht brachte es ja was, wenn ich Magen-Darm-Probleme vortäuschte? Wie genau sollte das aussehen? Nein, darüber konnte ich mir jetzt wirklich keine Gedanken machen. Das war einfach zu entwürdigend, um auch nur eine Sekunde länger darüber nachzudenken.

      Also trat ich die Flucht nach vorne an, schwang mich wenig enthusiastisch von dem Klodeckel, legte den Hebel des Schlosses um und öffnete die Kabinentür. Vor mir stand ein zierliches Wesen, das mir nicht mal bis zur Schulter reichte.

      Mit braunen Knopfaugen blickte sie mich mitleidig an, ehe sie sich am Papierhandtuchspender bediente und mir kommentarlos das Bündel hinstreckte. Dankend nahm ich es entgegen. Im Spiegel warf ich einen ersten Blick auf mein derangiertes Äußeres.

      Warum sah man eigentlich nach dem Heulen immer so total verquollen aus, als hätte man sich mit Mohammed Ali einen Boxkampf geliefert? Okay, nach einem solchen Aufeinandertreffen wäre mein Gesicht sicher von Blessuren übersät und nicht nur aufgedunsen.

      Eilig schritt ich zum Waschbecken, um mit einer Ladung kalten Wassers die verlaufene Schminke zu entfernen und die Schwellungen zu kühlen.

      »Magst du darüber reden?«, meldete sich Jil Aimée leise zu Wort.

      »Sei mir nicht böse. Ich hatte einen verdammt beschissenen Tag und wäre einfach gerne ein paar Minuten für mich alleine«, blaffte ich wenig freundlich.

      Im selben Moment, als die Worte meinen Mund verließen, taten sie mir auch schon wieder leid. Was konnte Jil Aimée denn dazu, dass ich von meinem Chef gekündigt worden war? Sie war der einzige Mensch, der heute nett zu mir gewesen war, und ich stieß sie dermaßen schroff vor den Kopf, dass sie eigentlich wütend auf mich hätte sein müssen. War sie aber nicht.

      »Ist schon gut. Das Gefühl kenne ich ganz gut. Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid. Ich bin, wie gesagt, gleich überm Flur hinter der Glasscheibe. Komm vorbei, wenn du reden möchtest.« Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

      Ich hob meinen Blick und starrte in den Spiegel. Es blieben mir nun genau zwei Optionen: entweder weiterhin in Mitleid zerfließen und die Flinte ins Korn werfen oder aufstehen, den Staub von den Schultern klopfen und weitergehen. Ich entschied mich für Letzteres und eilte, warum auch immer, Jil Aimée hinterher.

      »Was machen wir denn jetzt?«, fragte Jil Aimée und bezog sich wie selbstverständlich in die Problemlösung mit ein, nachdem ich ihr von meinem Rausschmiss berichtet hatte.

      »Wir?«, fragte ich verdattert. Wieso denn nun wir? Schließlich war ich es doch, die in naher Zukunft ihren Schreibtisch räumen musste und nicht dieses freundliche Wesen, das mir gegenüberstand.

      Ganz im Gegenteil. Sie hatte nämlich eines der begehrten Einzelbüros in der fünfundzwanzigsten Etage ergattert. Wer es bis dorthin geschafft hatte, brauchte sich eigentlich keine größeren Sorgen mehr machen.

      Dort oben saßen diejenigen, die sich durch besondere Leistungen von all den anderen Mitarbeitern im Unternehmen abhoben und nur noch die ganz großen Projekte betreuten. Bei den Männern war es natürlich nur ihrem Ehrgeiz und der guten Leistung geschuldet, dass sie hier Platz nehmen durften.

      Über die Frauen in der Firma, die ebenfalls diesen enormen Schritt auf der Karriereleiter vorangegangen waren, munkelte man hinter vorgehaltener Hand, СКАЧАТЬ