Ein Frosch zum Küssen. Mila Summers
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Название: Ein Frosch zum Küssen

Автор: Mila Summers

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738065046

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СКАЧАТЬ dergleichen gehört, obwohl ich ja selbst im Marketing tätig war. Aber irgendwann musste mal Schluss sein. Schließlich ging es hier um Weihnachten.

      »Wie lange dauert das denn noch?« Meine Zwillingsschwester Sue hielt meine schlafende Nichte im Arm.

      Die kleine Hannah war zwar mit ihren vier Monaten viel zu jung, um dem Weihnachtsmann ihre ellenlange Wunschliste zu präsentieren. Dennoch hatten wir uns mitten in der Rushhour ans andere Ende der Stadt aufgemacht, um ihn zu sehen. Den Mann, der auch meine Kindheit maßgeblich mitgeprägt hatte, für den ich jedes Jahr Milch und Kekse herausgelegt hatte, während ich Wochen vor seiner Ankunft feierlich gelobte, ein besserer Mensch zu werden: Santa.

      Kopfschüttelnd stand ich da. Doch wie bei einem Verkehrsunfall war ich einfach nicht in der Lage, wegzusehen und meine Schwester davon zu überzeugen, dass es für alle besser wäre, nicht länger an dieser Veranstaltung teilzunehmen.

      Das ersehnte Foto mit Santa und der kleinen Hannah war nun eh Geschichte. Wie hätte Sue ihrer Tochter später erklären sollen, warum anstatt Santa ein quietschgrüner Frosch mit seinen hervorstehenden Glubschaugen in die Kamera glotzte, während über dem Bild in allerschönster, geschnörkelter Sonntagsschrift stehen würde: Dein erstes Weihnachtsfest mit Santa.

      Das Ganze war eine Farce und ich würde keinen Moment länger diesem absonderlichen Schauspiel beiwohnen.

      »Sue, lass uns gehen! Das bringt hier nichts, Liebes«, versuchte ich möglichst einfühlsam auf meine hormongeschüttelte Schwester einzureden. Wer glaubte, dass Frauen nach der Geburt wieder ganz die Alten waren, sollte mal sehen, wie eine stillende Mutter in Tränen ausbrechen konnte, wenn man das letzte Gummibärchen aus der Packung nahm.

      Tja, und so stand sie nun vor mir. Den Tränen nahe blickte mich meine zehn Minuten ältere Schwester zutiefst betrübt an. Ihre Mundwinkel hingen schlaff nach unten und in ihrem Kinn bildete sich dieses kleine Grübchen, das ich auch von mir kannte.

      Noch ehe ich weitere triftige Argumente anbringen konnte – wobei ein Blick auf das Podium für jeden vernünftig denkenden Menschen hätte ausreichen müssen – wachte meine Nichte schreiend auf. Respekt. Sogar diesem kleinen Wesen war ohne Umschweife in wenigen Sekunden klar geworden, wie bizarr das Ganze war.

      Mittlerweile kaute Sue nervös auf ihrer Unterlippe herum. Sie haderte mit sich, ob sie gehen oder bleiben sollte. Jedes Mitglied unserer Familie hatte ein Baby-Foto mit dem Santa aus der Morris-Mall in dem allerersten Fotobüchlein, das unsere Mum für jeden von uns gemacht hatte.

      Ich kannte meine eineiige Schwester nur zu gut, um zu wissen, wie traditionsbewusst sie war. Sie eiferte in allen Dingen ihrem großen Vorbild nach und wagte es oft nicht, von den Vorgaben abzuweichen.

      Mum war für uns alle eine wahre Überlebenskünstlerin. Sie hatte es geschafft, unseren großen Bruder und uns beide unter einem Dach großzuziehen, ohne dass wir uns in den rebellischen Jahren der Pubertät die Schädel eingeschlagen hatten.

      »Ich weiß nicht. Ich hätte schon gerne ein Bild gehabt«, äußerte sie ihre Bedenken, derweil sie das weinende Kind in ihren Armen zu beruhigen versuchte.

      »Mit Freddy, dem Frosch? Komm schon, Sue, das kann nicht dein Ernst sein. Ich bastel dir was in Photoshop. Versprochen!« Händeringend setzte ich alles auf eine Karte und schüttelte meinen letzten Trumpf aus dem Ärmel: »Außerdem hat Mum bei unserem Bild auch getrickst. Hast du dir das mal genauer angesehen? Nie im Leben waren wir auf dem Bild zehn Monate alt. Die Aufnahme muss aus dem Folgejahr stammen.«

      »Das glaub ich nicht. Mum würde nie … Nein, das hätte sie nicht … Schließlich lügt sie heute nur in den allerausweglosesten Situationen. Nein, ich glaub dir nicht.«

      Noch ehe wir die Sache wie zwei erwachsene Frauen ausdiskutieren konnten, bildete sich ein Tumult in der Masse und ein kleines Mädchen stapfte, schwer beladen mit einem riesigen Behälter voller Zuckerstangen, freudestrahlend an uns vorbei.

      Ein Blick nach vorne bestätigte meine Vermutung: Freddy, der Frosch, hatte die Bühne verlassen. Die Show war vorbei.

      »Miss Havisham, ich bedaure sehr, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir Sie zum Ende des Monats kündigen müssen.«

      »Was? Ich meine … Wie bitte?«, erwiderte ich perplex auf den wenig einfühlsam verpackten Rausschmiss meines Chefs.

      Mr. MacDoughall oder, wie ich ihn in Gedanken nannte, das Walross blickte stoisch auf das weiße Papier, das vor ihm auf dem Tisch lag. Während er mit der einen Hand immer wieder über die ergrauten Spitzen seines Schnurrbartes strich, wiederholte er: »Ja, ohne Zweifel, Sie stehen auf der Liste. Emily Havisham. Ich habe es soeben noch einmal geprüft. Ihr Abteilungsleiter hatte die Vorgabe, seine Mitarbeiterzahl zu dezimieren, um die Ressourcen des Unternehmens besser ausschöpfen zu können. Es tut mir sehr leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Sie in diesem Fall auch von der Maßnahme betroffen sind. Aber nehmen Sie sich’s nicht allzu sehr zu Herzen, Kindchen.“

      Kindchen? Ich hatte mich doch wohl hoffentlich verhört.

      „Sie sind jung und haben das ganze Leben noch vor sich. Mr. Ferguson hat keinerlei Beanstandungen angebracht, die mit Ihrer Leistung einhergehen würden. Ihre Entlassung ist lediglich dem Zufall geschuldet. Kopf hoch, Miss Havisham! Da draußen gibt es noch unzählige Herausforderungen, denen Sie sich voller Mut und Tatendrang stellen können. Glauben Sie an sich!«, endete er seinen Wortschwall pathetisch, während er mich durchdringend ansah und sein Doppelkinn bedrohlich zu beben begann.

      »Aber es ist doch bald Weihnachten«, stotterte ich. Dieses Gespräch mit dem Chef hatte ich mir definitiv anders vorgestellt.

      »Papperlapapp, es gibt immer eine Möglichkeit, wenn man nur will. Miss Havisham, lassen Sie nicht zu, dass Sie in dieses tiefe, schwarze Loch hinabblicken, das ihre Aufmerksamkeit vom Wesentlichen ablenkt. Bleiben Sie auf dem richtigen Pfad der Tugend und kämpfen Sie! Den Kopf in den Sand stecken, kann schließlich jeder. Erst gestern hab ich zu meinem Golfpartner gesagt: Arthur, es ist nicht alles Gold, was glänzt, aber es ist auch nicht alles Scheiße, was stinkt.« Sein zufriedenes Röcheln ließ mich erschrocken zusammenfahren.

      Abertausende Gedanken schossen mir durch den Kopf. Meine eigene Wohnung konnte ich mir nun endgültig abschminken. Nach dem Studium hatte ich gehofft, bald auf eigenen Füßen stehen zu können.

      Ich wollte nicht undankbar klingen, aber mit Mitte zwanzig wäre ich wirklich gerne langsam flügge geworden. Meine Schwester war bereits verheiratet und hatte eine Tochter, mein Bruder hatte ebenfalls eine Familie gegründet.

      So langsam musste ich echt schauen, dass ich aus den Puschen kam, wollte ich nicht als alte Jungfer enden. Doch jetzt musste ich erst mal einen neuen Job suchen. Damit hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet.

      Als mich Mr. MacDoughalls Sekretärin anrief und mir erklärte, ich hätte heute einen Termin mit dem Big Boss, hatte ich mir noch in den schillerndsten Farben ausgemalt, was für tolle Nachrichten er für mich haben könnte.

      Verträumt hatte ich solch klangvollen Worten wie Gehaltserhöhung oder Beförderung nachgehangen und sah mich endlich am Ziel angelangt. Nur leider war des Walross’ Offenbarung so gar nicht mit meinen Wunschvorstellungen kompatibel.

      »So müssen Sie es auch sehen. Nehmen Sie den Anlass dazu, Ihr Leben neu zu strukturieren. Steigen Sie wie Phönix aus der Asche und überraschen Sie all Ihre Kritiker. Lassen Sie sich von solch banalen Dingen wie Weihnachten СКАЧАТЬ