Название: Gesundheit - Begriff, Phänomen, Konstrukt
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Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Theologisch-praktische Quartalschrift
isbn: 9783791762180
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15 Vgl. u. a. Erwin H. Ackerknecht, Geschichte der Medizin (s. Anm. 10), 90.
16 Zur genaueren Information über die Medizin des 18. Jahrhunderts vgl. ebd., 90 ff. Zur Frage der sich entwickelnden Bakteriologie vgl. ebd., 123 ff.
17 Vgl. dazu Matthias Beck, Seele und Krankheit (s. Anm. 6), 117–263. Hier wird die Seelenlehre des Thomas von Aquin in moderner Interpretation durch Karl Rahner und Hans Urs von Balthasar dargestellt.
18 Ignatius von Loyola, Die Exerzitien (übertr. v. H. U. v. Balthasar), Einsiedeln-Freiburg i. Br. 152016.
19 Vgl. dazu die Aufteilung der Exerzitien in den vier Wochen Rhythmus im Exerzitienbuch (Nr. 24–260).
20 Karl Rahner, Die Logik der existentiellen Erkenntnis bei Ignatius von Loyola, in: ders., Das Dynamische in der Kirche (QD 5), Freiburg i. Br.–Basel–Wien 1958, 103.
21 Ebd.
22 Ebd., 105 f.
23 Ebd., 106.
Klara-Antonia Csiszar
Wohlauf
Existenzanalytische Zugänge und ihre Bedeutung für die Kirchenpraxis
♦ Die Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl gilt als die dritte Wiener Schule der Psychotherapie. Anthropologische Grundlage hierfür ist die Dimensionalontologie, auf der er seine Theorie und Therapiepraxis aufbaut. Unterschiedlichste Bereiche des modernen Lebens (Unternehmensberatung, Pädagogik, Seelsorge etc.) entdecken ihn und sein Menschenbild neu. Der Beitrag lädt dazu ein, die Logotherapie und Existenzanalyse als sinnzentrierte Therapie wie auch das Menschenbild und die Motivationstheorie nach Frankl kennenzulernen, um zu eruieren, welche Möglichkeiten sie für die Optimierung der kirchlichen Praxis zum Wohl des Menschen böten. (Redaktion)
Der Gegensatz von gesund ist krank und von Heil Unheil. Wenn wir hingegen den Ausdruck „wohlauf“ benutzen, meinen wir damit nicht nur eine körperlich, sondern auch eine seelisch gute Verfassung, eine Art ganzheitliches Heil. Aus Erfahrung wissen wir, dass Leib und Seele über eine Eigendynamik verfügen. Körperliche oder leibliche Gesundheit ist stets gefährdet, Krankheiten können sich trotz oder gerade auch im gesunden Leben einstellen, ihre Ursachen bleiben oft ungeklärt. Ärztliche, physiologische oder pharmakologische Behandlungen können uns beim Prozess der Genesung helfen. Ähnliche Erfahrungen machen wir bei seelischen Erkrankungen. In diesen Fällen haben wir aber oft mit innerpsychischen Interaktionen zu tun, und die therapeutischen Eingriffsmöglichkeiten stehen uns nur begrenzt zur Verfügung. Es ist klar, sowohl Seele als auch Körper können krank werden und der Weg der Heilwerdung ist oft lang und ein sehr unangenehmer Prozess der Re-Stabilisierung physischer oder psychischer Vorgänge.
Gibt es denn nichts Intaktes in unserem menschlichen Wesen, das nicht krank werden kann? Warum glauben manche Menschen kaum an Heilung und andere wiederum tun alles nur Mögliche, auch in den aussichtslosesten Situationen, um wieder gesund zu werden – das womöglich mit einer Lebenseinstellung, die Bewunderung hervorruft? Viktor E. Frankl behauptet, dass der Mensch nicht nur über eine seelische und körperliche Dimension seines Mensch-Seins verfügt, sondern auch über eine geistige Dimension, die eben nicht erkrankt, jedoch durch psychische und physische Krankheiten eingeschränkt werden kann: „[…] in Wirklichkeit ist der Mensch zwar eine leiblich-seelische Einheit, aber diese Einheit macht noch nicht den Menschen, macht nicht dessen Ganzheit aus, sondern zu ihr, zur wahren Ganzheit, gehört eben das Geistige wesentlich mit dazu.“1 Die geistige Dimension des Menschen macht es möglich, dass er, anders als Tiere, Triebe nicht abreagiert, auf Reize nicht nur reagiert, sondern in die Welt auch hineinagiert. Die geistige (noetische) Dimension des Menschen ist ein spezifisch menschliches Phänomen; sie zeigt sich in der Sinnstrebigkeit und in seiner Verantwortlichkeit sowie in seiner Fähigkeit, zu den Gegebenheiten Stellung zu nehmen. Aus dieser Überzeugung heraus gründete Frankl die erste sogenannte sinnorientierte Psychotherapie, die Logotherapie und Existenzanalyse als ihre philosophische und anthropologische Fundierung. In seinem sinnorientierten Konzept hat der Sinn im Leben des Menschen Heilungskraft und trägt dazu bei, dass auch der leidende Mensch ein qualitativ gutes Leben führen kann, trotz widrigster Umstände. Dieser Beitrag lädt in einem ersten Schritt dazu ein, die Logotherapie und die Existenzanalyse als sinnzentrierte Therapie kennenzulernen und dabei die Heilkraft des Sinnes zu entdecken. In einem zweiten Schritt werden mit fünf Thesen zur Person nach Frankl einige Anhaltspunkte für die kirchliche Praxis aufgegriffen und damit Anwendungsmöglichkeiten für dieselbe zum Wohl des Menschen vorgeschlagen.
1 Logotherapie und Existenzanalyse – eine kurze systematische Darstellung
Logotherapie und Existenzanalyse ist eine international anerkannte sinnzentrierte Psychotherapie, benannt auch als die Dritte Wiener Richtung der Psychotherapie. Nach der Psychoanalyse von Sigmund Freud und nach der Individualpsychologie nach Alfred Adler entwickelte der Wiener Arzt und Philosoph Viktor E. Frankl (1905–1997) die Logotherapie und Existenzanalyse.
1.1 Die Anfänge
Als der junge Arzt Viktor E. Frankl von 1933 bis 1937 im psychiatrischen Krankenhaus Steinhof in Wien den „Selbstmörderinnenpavillon“ leitete, wo er bis zu 3000 selbstmordgefährdete Frauen zu betreuen hatte, drehte er die damals selbstverständliche Gretchenfrage der Psychiatrie, warum denn diese Menschen krank würden, um, und fragte danach, was denn Menschen gesund hielte? Weshalb würden nicht alle Traumatisierten krank? In einer Studie mit 1000 gesunden Probanden befragte Frankl Frauen nach ihrem Grund, warum sie trotz miserabler Situationen nicht Suizid begangen hätten? Die Ergebnisse bestätigten, dass eine vom Menschen selbst erkannte Sinnperspektive ihn gesund hielte und vor psychischen Krankheiten schützte.2
1.2 Biographische Verifizierung der Logotherapie
Während des II. Weltkrieges erlebte Frankl in vier Konzentrationslagern hautnah die inhumansten Bedingungen mit und machte die Erfahrung, wie das Wissen um einen Sinn im Leben Kraft zum Überleben gibt:
„Und dann sprach ich schließlich noch von der Vielfalt der Möglichkeiten, das Leben mit Sinn zu erfüllen. Ich erzählte meinen Kameraden […] davon, dass menschliches Leben immer und unter allen Umständen Sinn habe, und dass dieser unendliche Sinn des Daseins auch noch Leid und Sterben, Not und Tod in sich mit einbegriffe. Und ich bat diese armen Teufel, die mir hier in der stockfinsteren Baracke aufmerksam zuhörten, den Dingen und dem Ernst unserer Lage ins Gesicht zu sehen und trotzdem nicht zu verzagen, sondern im Bewusstsein, dass auch die Aussichtslosigkeit unseres Kampfes seinem Sinn und seiner Würde nichts anhaben könne, den Mut zu bewahren. Auf jeden von uns, sagte ich ihnen, sehe СКАЧАТЬ