Gesammelte Werke. Sinclair Lewis
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Sinclair Lewis страница 107

Название: Gesammelte Werke

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121103

isbn:

СКАЧАТЬ an die jungfräuliche Geburt?«

      »Oh, aber selbstverständlich.«

      »Das ist großartig! Es gibt natürlich Doktoren, die bezweifeln, daß die jungfräuliche Geburt sich ganz mit ihren Geburtshelfererfahrungen in Einklang bringen läßt, aber den Leuten sag' ich immer: ›Passen Sie mal auf! Woher weiß ich, daß es wahr ist? Weil's in der Bibel so heißt, und wenn's nicht wahr wäre, glauben Sie, daß es dann in der Bibel so heißen würde?‹ Das stopft ihnen immer den Mund! Danach wissen sie herzlich wenig zu sagen!«

      Um diese Zeit hatte sich eine wirklich schöne, edle Kameradschaft zwischen Eddie und dem Doktor angesponnen, und sie warfen mitleidige Blicke auf die verwirrten Gesichter der beiden kaltgestellten Ketzer. Dr. Lefferts kraute seinen Bart und murmelte salbungsvoll:

      »Und, Bruder Fislinger, Sie glauben natürlich auch an die Kinderverdammnis.«

      Eddie erklärte: »Nein; das ist keine baptistische Lehre.«

      »Sie – Sie –« Der gute Doktor schnappte nach Luft, er zerrte an seinem Kragen, keuchte und jammerte:

      »Das ist keine baptistische Lehre? Sie glauben nicht an die Kinderverdammnis?«

      »W–wieso, nein –«

      »Dann möge Gott der baptistischen Kirche und der baptistischen Lehre beistehen! Gott steh' uns allen bei, in diesen verderbten Tagen, daß wir davor bewahrt bleiben mögen, von solchem Unglauben angesteckt zu werden!« Eddie schwitzte, während der Doktor sich in die runden Hände schlug und stöhnte: »Passen Sie mal auf, mein Bruder! Es ist sehr einfach. Sind wir nicht dadurch erlöst, daß wir im Blut des Lamms gewaschen wurden, und nur dadurch, nur durch sein heiliges Opfer?«

      »W–wieso, ja, aber –«

      »Also dann sind wir entweder weiß gewaschen, und erlöst, oder wir sind nicht gewaschen, und wir sind nicht erlöst. Das ist die einfache Wahrheit, und alles Herumdeuteln, alle Erklärungen, alles Stottern und Stammeln über diese schöne und klare Wahrheit, das alles ist einfach vom Teufel, Bruder! Und in welchem Augenblick wird die Menschenkreatur in all ihrer unvermeidlichen Sündhaftigkeit Objekt der Taufe und Erlösung? Mit zwei Monaten? Mit neun Jahren? Mit sechzehn? Mit siebenundvierzig? Mit neunundneunzig? Nein! Im Augenblick, wo sie geboren wird! Und infolgedessen, wenn er nicht getauft wird, muß er ewig in der Hölle brennen. Wie heißt es im Buch der Bücher? ›Denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir erlöst werden können.‹ Es mag ein wenig hart erscheinen, daß Gott hübsche kleine Kinder brät, aber dann denken Sie nur an die hübschen Frauen, die er so gern zur Erbauung der Heiligen röstet! Oh, Bruder, Bruder, jetzt begreif' ich, warum mein Jimmy da und der arme Elmer für den Glauben verloren sind! Nur, weil erklärte Christen wie Sie sie dieser verschnittenen Religion überliefern! Ja, Leute wie Sie sind es, die den Damm des wahren Glaubens einreißen und einen Kanal auftun für höhere Kritik und Sabellianismus und Nymphomanie und Agnostizismus und Ketzerei und Katholizismus und Sabbath-Adventismus und alle diese fürchterlichen deutschen Erfindungen! Sowie man zu zweifeln beginnt, ist das Böse bereits geschehen! Oh, Jim, Elmer, ich habe euch aufgefordert, auf unseren Freund hier zu hören, aber jetzt, wo ich tatsächlich einen Freidenker in ihm finde –«

      Der Doktor wankte zu einem Stuhl. Eddie stand da und schnappte nach Luft.

      Es war das erstemal in seinem Leben, daß ihn jemand anklagte, schwach im Glauben, nicht streng genug zu sein. Er war voller Selbstzufriedenheit daran gewöhnt, als überstreng verschrien zu sein. Es bereitete ihm fast ebensoviel Vergnügen, über den Alkohol zu schimpfen, wie anderen Studenten, ihn zu trinken. Er hatte, teils von seinen Lehrern, teils aus seinem eigenen Verstand, eine beliebige Anzahl schlagfertiger Antworten für Klassenkameraden, die ihm vorwarfen, es wäre altmodisch von ihm, so viel über Dominospielen zu reden, über die freie Gemeinschaft, über die Frevel, sich Tanzmusik anzuhören, einen Talar auf der Kanzel zu tragen, am Sonntag spazierenzugehen, Romane zu lesen, über die Transsubstantiation und diese neueste Erfindung des Teufels, die Film heißt. Er konnte fast jeden lauen Christen in Furcht jagen. Aber daß er selbst wankelmütig genannt wurde, daß er ketzerisch und unsicher genannt wurde – auf diesen unbegreiflichen Angriff hatte er keine Erwiderung.

      Er blickte den entsetzten Doktor an, er blickte zu Jim und Elmer, die offenbar über seinen Sturz aus geistiger Führerschaft bekümmert waren, und dann flüchtete er sich in einsames Gebet.

      Er brachte seine Sorgen bald vor Rektor Quarles, der ihm alles völlig erklärte.

      »Aber dieser Doktor hat doch die Schrift zitiert, um seinen Standpunkt zu beweisen!« blökte Eddie.

      »Vergessen Sie nicht, Bruder Fislinger, daß ›der Teufel die Schrift für seine Zwecke zitieren kann‹.«

      Eddie meinte, das wäre ein sehr hübscher Gedanke, und sehr hübsch ausgedrückt, und hob ihn, obwohl er nicht ganz sicher war, ob er aus der Bibel stammte zum künftigen Gebrauch in Predigten auf. Doch bevor er sich hinreichend erholt hatte, um sich Elmer vorzunehmen, waren die Weihnachtsferien gekommen.

      Als Eddie gegangen war, lachte Elmer noch weit herzlicher als Jim und dessen Vater. Allerdings hatte er nicht ganz verstanden, worum sich alles drehte. Aber, freilich; Eddie hatte es ganz richtig gesagt; Kinderverdammnis war keine baptistische Lehre; sie gehörte zu irgendwelchen von den Presbyterianern, und jeder Mensch wußte, daß die Presbyterianer eine Menge komischer Glaubenslehren hatten. Aber der Doktor hatte entschieden das seinige getan, um Eddie zu zermalmen, und Elmer fühlte sich sicherer als in den letzten Tagen.

      Er fühlte sich weiter sicher bis zu den Weihnachtsferien. Dann –

      Irgend jemand, höchstwahrscheinlich Eddie, hatte Elmers Mutter von seiner neuen und vielversprechenden christlichen Verfassung erzählt. Er selbst hatte mit äußerster Vorsicht derartige kompromittierende Gerüchte aus den Briefen, die er allwöchentlich heimschrieb, ferngehalten. Die ganzen Ferien hindurch spürte er, daß seine Mutter sich enger an ihn drängte als sonst, daß sie darauf wartete, nach seiner Seele zu greifen, sobald er eine Schwäche zeigte. Ihr Pastor zu Hause, der Reverend Mr. Aker – in Paris als Reverend Aker bekannt – schüttelte ihm in der Kirche die Hand mit einer Zuvorkommenheit, die ebenso anklagend war wie das Wohlwollen seiner Lehrer in Terwillinger. Jims Schutz fehlte ihm, er wußte, daß jeden Moment Eddie aus seiner Nachbarstadt auftauchen und von Mrs. Gantry als Verbündeter begrüßt werden könnte – es waren Ferien, in denen es nur sehr wenig Frieden für Elmer gab. Um seinen Mut nicht sinken zu lassen, widmete er besonders ernste Aufmerksamkeit dem Kegelbillard und der Tochter eines Farmers in der Nähe. Aber er fürchtete stets, daß dies die letzten traurigen Aschentage seines ungezwungenen Lebens wären.

      Es schien ein bedrohliches Zeichen zu sein, daß Eddie auf der Rückfahrt ins College im selben Zug war. Eddie hatte noch einen zweiten Vertreter der Frömmigkeit bei sich und sagte Elmer nichts von den Wonnen der Hölle, aber er und sein Gefährte kicherten heimlich mit einer Vertraulichkeit, die mehr als betrüblich war.

      Jim Lefferts fand in Elmers Gesicht nicht die selbstbewußte Biederkeit und Festigkeit, die er erwartet hatte.

      Drittes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      1

      Anfangs Januar fand die jährliche College Y.M.C.A.-Gebetswoche statt. Es war ein Ereignis für das ganze Land, aber im Terwillinger-College СКАЧАТЬ