Gesammelte Werke. Sinclair Lewis
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Sinclair Lewis страница 106

Название: Gesammelte Werke

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121103

isbn:

СКАЧАТЬ diese Mysterien kümmern. Das hinge von Gott ab. Man müßte seinen Ruf bekommen, bevor man die Berufung zum geistlichen Dienst in sich fühlte, einen richtigen überwältigenden, geheimnisvollen, zu Boden werfenden Ruf, wie Eddie selbst voll Ekstase einen erlebt hätte, eines Abends, in einem Kohlfeld. Nein, gar nicht daran zu denken. Die Aufgabe, die sie jetzt hätten, hieße: Elmer in den richtigen Gnadenzustand bringen, und das sähe ihm, versicherte ihr Eddie, schwer genug aus.

      Ganz bestimmt hätte Elmer, erklärte Eddie, die Bekehrung empfunden, als er mit sechzehn Jahren getauft worden sei, er hätte die Einladung empfunden, und die Last seiner Sünden wäre von ihm genommen worden. Aber er hätte nicht, Eddie bezweifelte es, voll und ganz das Heil erfahren. Er wäre nicht eigentlich im Zustand der Gnade. Fast könnte man ihn unbekehrt nennen.

      Eddie diagnostizierte den Fall vollständig, mit allen dazu gehörigen pathologischen Fachausdrücken. Welche Schwierigkeiten ihm auch Philosophie, Latein und Rechnen bereitet haben mochten, seit seinem zwölften Lebensjahr hatte es nie eine Zeit gegeben, in der es Eddie Fislinger schwer geworden wäre, zu verstehen, was Gott, der allmächtige Herr, wollte, und warum er, die ganze Geschichte hindurch, so oder so gehandelt hatte.

      »Ich bin der letzte, der den Sport verurteilt«, sagte Eddie. »Wir müssen starke Körper haben, um die Last und Anstrengung, das Evangelium in der Welt zu verbreiten, ertragen zu können. Aber gleichzeitig scheint mir doch, daß Fußball die Tendenz hat, von der Religion abzulenken. Ich hab' ein bißchen Angst, daß Elmer grade jetzt nicht im Stand der Gnade ist. Doch, o Schwester, wir wollen uns nicht bekümmern und sorgen! Wir wollen auf Gott vertrauen. Ich werde persönlich zu Elmer gehen und schauen, was ich machen kann.«

      Daß mußte damals gewesen sein – ganz gewiß war es in den Ferien zwischen ihrem Sophomoren- und Juniorenjahr – als Eddie zu der Farm hinausging, wo Elmer arbeitete, ihn groß, kräftig und bäuerisch aussehend im ärmellosen Unterhemd sah, vernünftig vom Wetter redete und wieder zurückging …

      Obwohl Elmer, sooft er zu Hause war, voll Zärtlichkeit versuchte, nach dem Lebensplan, den seine Mutter für ihn gemacht hatte, zu leben, obwohl er, ohne lang zu brummen, um halbzehn zu Bett ging, das Hühnerhaus tünchte und sie in die Kirche begleitete, argwöhnte Mrs. Gantry dennoch, daß er ab und zu Bier tränke und Zweifel über Jona hegte; voller Unbehagen hörte Elmer sie schluchzen, während sie an ihrem hoch aufgetürmten, altmodischen Bett mit der weißen Steppdecke kniete.

      3

      In aufgeregtem Evangelisteneifer kämpfte Jim Lefferts, damit Elmer nach der frommen Bloßstellung bei Eddies Verteidigung in Cato standhaft bliebe.

      Er war, alles in allem, fast zelotischer und ermüdender als Eddie.

      Nachts, wenn Elmer sich danach sehnte, schlafen zu gehen, trug Jim Argumente vor; morgens, wenn Elmer seine Geschichte vorbereiten sollte, las Jim laut aus Ingersoll und Thomas Paine vor.

      »Wie möchtest du so etwas erklären – wie würdest du es erklären?« drängte Jim. »Hier heißt's im Deuteronomion, daß Gott diese Jidden vierzig Jahre in der Wüste herumgejagt hat, und daß ihre Schuhe dann nicht einmal abgetragen waren. So heißt es, ganz genau, in der Bibel. So was willst du glauben? Und glaubst du, daß Simson seine ganze Stärke verloren hat, bloß weil sein Mädel ihm die Haare abgeschnitten hat? Das glaubst du? Ja? Du meinst, daß die Haare irgendwas mit seiner Kraft zu tun hatten?«

      Jim lief im dumpfigen Zimmer auf und ab und trat nach Stühlen, seine sonst sanften Augen glänzten wie im Fieber, voll Zorn schüttelte er seinen Zeigefinger, während Elmer bucklig auf der Bettkante saß, die Stirn in den Händen, und sich eigentlich darüber freute, daß so um seine Seele gekämpft wurde.

      Um zu beweisen, daß er noch immer ein freigeistiger, ganzer Kerl wäre, unterzog sich Elmer eines Abends mit Jim der ziemlich anstrengenden Arbeit, ein kleines Vorbauhäuschen auszuheben und auf die Stufen des Verwaltungsgebäudes zu setzen.

      Nach dem Kampf zwischen Eddie und Dr. Lefferts vergaß Elmer seine Sorgen fast ganz.

      Jims Vater war praktischer Arzt in einem benachbarten Dorf. Er war ein rundlicher, bärtiger, gelehrter, munterer Mann, voller Stolz auf seinen Atheismus. Er hatte Jim im Glauben und in seiner Vorliebe für Alkohol erzogen; er hatte Jim in dieses Sekten-College geschickt, einerseits weil es billig war, und andererseits weil es ihm eine kitzelnde Freude bereitete, zuzusehen, wie sein Sohn diese Heiligen aus ihrer mürrischen Selbstgefälligkeit aufstörte. Er kam unerwartet ins Zimmer, während Elmer und Jim aufgeregt die Ankunft Eddies erwarteten.

      »Eddie sagte«, klagte Elmer, »er sagte, er kommt her und bringt noch mehr von den Beweisen mit, daß ich direkt in die Hölle komm'. Herr Gott, Doktor, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Sie sollten mich untersuchen. Ich muß blutarm sein oder so was. Tatsächlich, früher einmal, wenn Eddie Fislinger mich angelächelt hätte, der Teufel soll ihn holen, bloß zu denken, daß er sich traut mich anzulächeln! – wenn er gesagt hätte, daß er in mein Zimmer kommt, hätt' ich ihm gesagt: ›Einen Dreck wirst du!‹ und ihm einen Tritt vor die Beine gegeben.«

      Dr. Lefferts schnurrte in den Bart. Seine Augen glänzten auf.

      »Ich will mir Ihren Freund Fislinger vornehmen, daß er was davon hat. Und um dieses widersinnigen imaginären Himmels willen, Jim, tu dein möglichstes, um nicht überrascht auszusehen, wenn du merkst, daß dein ehrwürdiger Vater fromm ist.«

      Als Eddie kam, wurde er einem seidenweich freundlichen Dr. Lefferts vorgestellt, der ihm so lang und so unangenehm die Hand drückte, wie es Politiker, Reisende und Gottesmänner tun. Der Doktor freute sich:

      »Bruder Fislinger, mein Junge da und Elmer erzählen mir, daß Sie versuchen, ihnen zur wahren Bibelreligion zu verhelfen.«

      »Ich hab' mir Mühe gegeben.«

      »Es tut mir in der Seele wohl, Sie das sagen zu hören, Bruder Fislinger! Sie können nicht ermessen, wieviel Kummer es einem alten Mann bereitet, der dem Grabe zuwankt, dessen einziger Trost es ist, zu beten und in der Bibel zu lesen« – Dr. Lefferts war vor drei Nächten bis vier Uhr aufgesessen, hatte Poker gespielt und mit seinen Intimis, dem Nachlaßrichter und dem englischen Viehzüchter, über Biologie diskutiert – »wieviel Kummer es ihm bereitet, daß sein einziger Sohn, James Blaine Lefferts, kein Gläubiger ist. Aber vielleicht können Sie mehr erreichen, als ich, Bruder Fislinger. Mich halten sie für einen fanatischen alten Narren. Jetzt wollen wir mal sehen – Sie sind doch ein Bibelrechtgläubiger?«

      »Oh ja!« Eddie blickte tirumphierend zu Jim hinüber, der sich an den Tisch lehnte, die Hände in den Taschen, ausdruckslos wie Holz. Elmer hockte neugierig im Lehnstuhl, die Hände vor dem Mund.

      Der Doktor sagte erfreut:

      »Das ist großartig. Sie glauben an jedes einzelne Wort darin, hoff' ich, von der ersten bis zur letzten Seite?«

      »Oh ja. Ich sage immer: ›Es ist besser, eine ganze Bibel zu haben, als eine Bibel voller Lücken‹.«

      »Ja, das ist ein richtiger Gedanke, Bruder Fislinger. Den muß ich mir merken, um ihn diesen erklärten höheren Kritikern zu sagen, wenn ich mal mit einem zusammenkommen sollte! ›Ganze Bibel – keine Bibel voller Lücken‹. Oh, das ist ein schöner Gedanke, und ausgezeichnet ausgedrückt. Von Ihnen selbst?«

      »N–nein, nicht ganz.«

      »Aha, aha. Also, das ist ja großartig. Sie glauben natürlich an die praemillenniale Wiederkunft – ich meine die richtige, wirkliche, echte, direkte praemillenniale СКАЧАТЬ