Sinclair Lewis: Die großen Romane . Sinclair Lewis
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Название: Sinclair Lewis: Die großen Romane

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121196

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СКАЧАТЬ als mit Gerechtigkeit. Er studierte Pläne und las Auktionsbekanntmachungen.

      So war er in der Lage, hundertsechzig Morgen Land zu hundertfünfzig Dollar zu kaufen und nach ein oder zwei Jahren, wenn er den Fußboden in der Scheune zementiert und Wasser ins Haus eingeleitet hatte, zu hundertachtzig oder gar zweihundert zu verkaufen.

      Diese Einzelheiten besprach er mit Sam Clark … ziemlich oft.

      Carola sollte an allen seinen Spielen, an Automobilen und Flinten und Land Interesse zeigen. Aber er erzählte ihr nichts, was in ihr Interesse hätte wachrufen können. Er sprach nur von selbstverständlichen und langweiligen Dingen; nie von seinen finanziellen Zielen oder von den mechanischen Prinzipien, nach denen ein Motor arbeitet.

      In diesem Monat der Romantik war sie voll Eifer, seine Steckenpferde zu verstehen. Sie zitterte in der Garage, während er eine halbe Stunde dazu brauchte, um sich zu entschließen, ob er den Kühler mit Alkohol oder mit einer nichtfrierenden Patentflüssigkeit füllen, oder ob er das Wasser ganz ablassen sollte. »Oder nein, dann würd' ich ihn nicht 'rausnehmen müssen, wenn's warm wird – trotzdem, natürlich, ich könnt' ja den Kühler wieder füllen – das würde ja gar nicht so fürchterlich lang dauern – 's sind ja nur ein paar Kannen Wasser – trotzdem, wenn's dann wieder kalt wird, bevor ich's abgelassen hab' – es gibt natürlich Leute, die Petroleum einfüllen, aber dann sollen ja wieder die Schlauchverbindungen zum Teufel gehen, und – wo hab' ich denn den Schlüssel hingetan?«

      In diesem Augenblick gab sie es auf, Automobilistin zu sein, und ging ins Haus zurück.

      Jetzt, da ihr Verhältnis inniger geworden war, erzählte er ihr mehr von seiner Praxis; er teilte ihr, mit dem unveränderlichen Gebot, nicht darüber zu sprechen, mit, daß Frau Sunderquist wieder ein Baby erwarte, und daß das »Dienstmädel von Howlands Pech gehabt habe«. Aber wenn sie nach technischen Dingen fragte, wußte er nicht zu antworten; wenn sie wissen wollte: »Aber wie nimmt man denn die Mandeln heraus?« gähnte er: »Mandeloperation – na, da muß man doch bloß – wenn's eitert, schneidet man. Man nimmt sie ganz einfach raus. Hast du die Zeitung gesehen? Wo hat die Bea sie denn schon wieder hingesteckt?«

      Sie versuchte es nie wieder.

      3

      Sie waren ins Kino gegangen. Das Kino war für Kennicott und die übrigen soliden Bürger Gopher Prairies fast ebenso wichtig wie Bodenspekulation, Jagdgewehre und Automobile.

      Der Hauptfilm schilderte einen wackeren jungen Yankee, der eine südamerikanische Republik eroberte. Er riß die Eingeborenen aus ihren barbarischen Gewohnheiten des Singens und des Lachens heraus und brachte sie zur gesunden und rüstigen Vernunft, zum Grips und Pfiff und Schwung des Nordens. Sogar die Natur verwandelte er. Ein Berg, auf dem es nur Lilien und Zedern und faule Wolken gegeben hatte, wurde von seiner Geschäftigkeit so gepackt, daß er lange Holzschuppen und Unmengen von Eisenerz hervorbrachte; das Eisenerz diente dazu, in Dampfer verwandelt zu werden, die Eisenerz transportieren sollten, das wieder dazu diente, in Dampfer verwandelt zu werden, die wieder Eisenerz transportieren sollten.

      Die geistige Anstrengung, die der Meisterfilm verursacht hatte, wurde von einem fröhlicheren, lyrischeren und weniger philosophischen Stück entspannt: Mack Schnarken und die Badenymphen in einer Sittenkomödie, »Der geplagte Ehemann«. Herr Schnarken war abwechselnd Koch, »Lebensretter« im Bad, Komiker und Bildhauer. Polizisten stürmten einen Korridor entlang, einzig zu dem Zweck, von Gipsbüsten, die aus zahllosen Türen flogen, betäubt zu werden. Der Handlung fehlte es vielleicht an Klarheit, aber das Doppelmotiv, Beine und Backwerk, war einwandfrei deutlich. Baden und Modellieren boten gleich günstige Gelegenheiten für Beine; die Hochzeitsszene war nichts weiter als eine Vorbereitung für den unerhörten Höhepunkt, an dem Herr Schnarken dem Geistlichen einen Windbeutel in die Gehrocktasche steckte.

      Das Publikum im Filmpalast Rosenknospe kreischte und wischte sich die Augen; sie tappten unter den Sitzen nach Überschuhen, Fäustlingen und Schals, während auf der Leinwand die Ankündigung erschien, Herr Schnarken könne in der nächsten Woche in einem neuen flotten Lustspiel, »Unter Mollys Bett«, gesehen werden.

      »Ich freue mich sehr,« sagte Carola zu Kennicott, während sie sich gegen den Nordweststurm, der durch die Straße fegte, vorwärts arbeiteten, »daß wir in einem moralischen Land leben. Wir lassen diese eklig freimütigen Romane nicht zu.«

      »Ja. Die Lastergesellschaft würde sich so etwas nicht gefallen lassen. Das amerikanische Volk hat nichts für schmutzige Sachen übrig.«

      »Ja. Es ist schön. Ich freue mich, daß wir so nette Romane haben wie ›Der geplagte Ehemann‹.«

      »Sag' mal, worauf willst du denn schon wieder hinaus? Willst du mich aufziehen?«

      Sie schwieg. Sie wartete auf einen Zornausbruch. Er lachte aber, und das verwirrte sie. Als sie zu Hause waren, lachte er wieder. Er sagte:

      »Ich muß dir ja sagen, konsequent bist du wirklich. Ich hätte gemeint, nachdem du jetzt eine ganze Menge braver Farmer gesehen hast, würdest du deinen Kunstfimmel loswerden, aber du bleibst dabei.«

      »Also –« Bei sich selbst sagte sie: »Er mißbraucht es, daß ich nett sein wollte.«

      »Paß mal auf, Carola: 's gibt ganz einfach drei Arten Menschen: Leute, die überhaupt nicht denken; Verrückte, die über alles schimpfen müssen; und richtige Kerle, die Menschen, die was schaffen und sehen, daß die Welt weiterkommt.«

      »Dann bin ich wahrscheinlich eine Verrückte.« Sie lächelte gleichgültig.

      »Nein. Das kann ich nicht zugeben. Du redest gern, aber wenn's drauf ankommt, ist dir Sam Clark lieber als alle verdammten Künstler mit ihren langen Haaren.«

      »Ach – na ja –«

      »Ach, na ja!« spöttisch. »Du lieber Gott, wir wollen ja alles ändern, nicht wahr! Wir wollen den Leuten, die seit zehn Jahren Filme machen, erzählen, wie sie's machen sollen; den Architekten wollen wir sagen, wie sie Häuser bauen sollen; und die Magazine sollen nichts anderes als eine Menge obergescheite Geschichten über alte Jungfern drucken und über Weiber, die nicht wissen, was sie wollen. Ach, wir sind schrecklich! … Ich versteh' dich nicht. Pass' einmal auf –«

      Als er schon schlief, lag sie wach«.

      »Ich muß weiterarbeiten. An meinen ›verrückten Ideen‹, wie er sagt. Ich dachte, ihn zu bewundern, ihm beim Operieren zuzusehen, würde genügen. Es genügt nicht. Nach der ersten Begeisterung nicht mehr.

      Ich will ihm nicht weh tun, aber ich muß weiterarbeiten.

      Es genügt nicht, dabeizustehen, wenn er einen Kühler füllt und mir ab und zu eine Erklärung hinwirft.

      Wenn ich lang genug dabeistände und ihn bewunderte, wäre ich zufrieden. Ich würde eine ›nette kleine Frau‹ werden. Der Dorfbazillus. Schon – Ich lese nichts. Seit einer Woche hab' ich das Klavier nicht angerührt. Ich will nicht! Ich will nicht unterliegen!

      Aber wie? Alles ist mir mißlungen. Jetzt will ich nicht mehr ›die Stadt reformieren‹. Ich will nur meine Seele retten.

      Will Kennicott, der hier schläft, vertraut mir, glaubt, er hält mich fest. Und ich verlasse ihn. Alles in mir hat ihn verlassen, wie er mich ausgelacht hat. Es war ihm nicht genug, daß ich ihn bewundert habe; ich sollte mich ändern und werden wie er. Er treibt Mißbrauch. Nie wieder. Es ist vorbei. Ich will weiterarbeiten.«

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