Название: PLATON - Gesammelte Werke
Автор: Platon
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 4066338120939
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Theaitetos: Zu keinem andern.
Sokrates: Wirst du auch wohl zugeben wollen, daß du dasjenige, (185) was du vermittelst des einen Vermögens wahrnimmst, unmöglich vermittelst eines andern wahrnehmen könntest; als was vermittelst des Gesichtes, das nicht vermittelst des Gehörs, und was vermittelst des Gehörs, das nicht vermittelst des Gesichtes?
Theaitetos: Wie sollte ich nicht wollen?
Sokrates: Wenn du also über beides etwas denkst, so kannst du dies weder mittelst des einen Werkzeuges noch auch mittelst des andern von beiden wahrgenommen haben?
Theaitetos: Freilich nicht.
Sokrates: Von dem Tone nun und von der Farbe, denkst du nicht von diesen beiden zuerst dieses, daß sie beide sind?
Theaitetos: Das denke ich.
Sokrates: Nicht auch, daß jedes von beiden vom andern verschieden, mit sich selbst aber einerlei ist?
Theaitetos: Freilich.
Sokrates: Und daß sie beide zusammen Zwei sind, jedes von beiden aber Eins.
Theaitetos: Auch dieses.
Sokrates: Bist du nicht auch im Stande, mögen sie nun einander ähnlich sein oder unähnlich, dies zu erforschen?
Theaitetos: Vielleicht.
Sokrates: Dieses alles nun, vermittelst wessen denkst du es von ihnen? Denn weder vermittelst des Gesichtes, noch vermittelst des Gehörs ist es dir möglich, das gemeinschaftliche von ihnen aufzufassen. Auch dies ist noch ein Beweis mehr für das was wir sagen. Nämlich wenn es möglich wäre zu untersuchen, ob beide salzig sind: so weißt du doch, was du sagen würdest womit du es untersuchtest, und das ist offenbar weder das Gesicht noch das Gehör, sondern etwas anderes.
Theaitetos: Was wird es nicht, nämlich das Vermögen vermittelst der Zunge.
Sokrates: Ganz recht. Vermittelst wessen wirkt denn nun dasjenige Vermögen, welches dir das in allen und auch in diesen Dingen Gemeinschaftliche offenbart, womit du von ihnen das Sein oder Nichtsein aussagst, und das wonach ich jetzt eben fragte? Für dies alles, was für Werkzeuge willst du annehmen, vermittelst deren unser Wahrnehmendes Jedes davon wahrnimmt?
Theaitetos: Du meinst ihr Sein und Nichtsein, ihre Ähnlichkeit und Unähnlichkeit, Einerleiheit und Verschiedenheit, ferner ob sie Eins sind oder eine andere Zahl. Offenbar begreifst du darunter auch die Frage nach dem Graden und Ungraden, und was damit zusammenhängt, vermittelst welcher Teile des Körpers nämlich wir dies mit der Seele wahrnehmen.
Sokrates: Ganz vortrefflich, o Theaitetos, folgst du mir; denn dies ist es eben, wonach ich frage.
Theaitetos: Aber, beim Zeus, Sokrates, dies wüßte ich nicht zu sagen, außer daß es mir scheint, als gäbe es überall gar nicht ein solches besonderes Werkzeug für dieses wie für jenes, sondern die Seele scheint mir vermittelst ihrer selbst das gemeinschaftliche in allen Dingen zu erforschen.
Sokrates: Schön bist du, Theaitetos, und gar nicht, wie Theodoros sagt, häßlich; denn wer so schön spricht, der ist schön und gut. Außerdem aber, daß dieses schön gesagt war, hast du auch mir eine große Wohltat erwiesen, indem du mir über vieles Reden hinweggeholfen hast, wenn es dir einleuchtet, daß Einiges die Seele selbst vermittelst ihrer selbst erforscht, Anderes aber vermittelst der verschiedenen Vermögen des Körpers. Denn eben dieses war es was ich selbst meinte, und wovon ich wünschte, du möchtest es auch meinen.
(186) Theaitetos: Gar sehr leuchtet es mir ein.
Sokrates: Zu welchem von beiden rechnest du nun das Sein? Denn dies ist es doch, was am meisten bei allem vorkommt?
Theaitetos: Zu dem, was die Seele selbst durch sich selbst aufsucht.
Sokrates: Wohl auch so die Ähnlichkeit und Unähnlichkeit, das Einerleisein und das Verschiedensein?
Theaitetos: Ja.
Sokrates: Und wie das Schöne und Schlechte, das Gute und Böse?
Theaitetos: Auch hievon besonders dünkt mich die Seele das Verhalten gegen einander zu erforschen, indem sie bei sich selbst das Geschehene und Gegenwärtige in Verhältnis setzt mit dem Künftigen.
Sokrates: Wohlan denn! wird sie nicht die Härte des Harten und die Weichheit des Weichen vermittelst des Getastes wahrnehmen?
Theaitetos: Ja.
Sokrates: Aber das Sein von beiden, und was sie sind, und ihre Gegensetzung gegen einander und das Wirklichsein dieser Entgegensetzung, dies versucht also unsere Seele selbst durch Betrachtung und Vergleichung zu beurteilen.
Theaitetos: In alle Wege.
Sokrates: Nicht wahr, Jenes wahrzunehmen, was irgend für Eindrücke durch den Körper zur Seele gelangen, das eignet schon Menschen und Tieren von Natur, sobald sie geboren sind. Allein zu den Schlüssen hieraus auf das Sein und den Nutzen gelangen nur schwer mit der Zeit und durch viele Mühe und Unterricht die, welche überall dazu gelangen?
Theaitetos: So ist es allerdings.
Sokrates: Kann nun wohl dasjenige das wahre Wesen von etwas erreichen, was nicht einmal sein Dasein erreicht?
Theaitetos: Unmöglich.
Sokrates: Wovon man aber das wahre Wesen nicht erreicht, kann man davon Erkenntnis haben?
Theaitetos: Wie könnte man doch, Sokrates.
Sokrates: In jenen Eindrücken also ist keine Erkenntnis, wohl aber in den Schlüssen daraus. Denn das Sein und das wahre Wesen zu erreichen ist, wie es scheint, nur durch diese möglich, durch jene aber unmöglich.
Theaitetos: Das leuchtet ein.
Sokrates: Willst du nun jenes und dieses dasselbe nennen, da beides so große Verschiedenheiten zeigt?
Theaitetos: Das scheint wohl nicht billig.
Sokrates: Welchen Namen nun legst du jenem bei, dem Sehen, Hören, Riechen, Frieren, Warmsein?
Theaitetos: Wahrnehmen nenne ich es. Denn wie anders?
Sokrates: Insgesamt also nennst du dies Wahrnehmung.
Theaitetos: Natürlich.
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