Название: PLATON - Gesammelte Werke
Автор: Platon
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 4066338120939
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Indessen gehört auch dieses zu der Ähnlichkeit unseres Gespräches mit dem »Sophisten,« daß die angeführten Beziehungen auf den unmittelbaren Gegenstand des Gespräches doch die Absicht jener hinein verwebten Stücke nicht erschöpfen, der wir also noch weiter nachgehn müssen, so gut sich die Spur in wenigen Schritten aufzeigen läßt. Gleich der Mythos, zu welchem eine ägyptische Überlieferung, deren Herodotos gedenkt, Veranlassung scheint gegeben zu haben – denn wenn etwa noch anderwärts Ähnliches vorkommt, wie denn Platon wenigstens das Einzelne was er hier nur in ein großes bedeutendes Bild zusammenfaßt als bekannte Tradition voraussetzt, so ist dies dem Übersetzer entgangen – hat offenbar eine weit mehr umfassende Abzweckung. Was darin von dem Verhältnis der Gottheit zur Welt gedichtet wird auseinander zu setzen, oder zu beurteilen in wiefern man auch hier einen Sitz suchen könnte der dem Platon zugeschriebenen Lehre, daß das Böse in der Materie seinen Ort und seine Ursache habe, dies würde nicht hieher gehören weil es ganz außerhalb der Grenzen unseres Gespräches liegt. Wohl aber ist dieses zu bemerken, daß Platon hier eine große Ansicht niederlegen wollte von den geschichtlichen Perioden der Welt und von den großen Umwälzungen der menschlichen Dinge, besonders aber auch von ihrem zu gewissen Zeiten bemerklichen Zurückschreiten, in welchem er auch sein Vaterland zumal in politischer Beziehung begriffen fand, und es gehört gewiß zu der Harmonie des Ganzen, daß auch dies aus dem Ermangeln der einwohnenden lebendigen Erkenntnis erklärt wird, und aus der bloßen Nachahmung in welcher die Ähnlichkeit mit dem Wahren je länger je mehr verschwindet. Wer aber dies mehr nach unserer Weise betrachten und verfolgen wollte, der dürfte darin nicht mit Unrecht den ersten gebildeten Ausdruck finden für die in unvollkommner Gestalt auch viel früher schon vorkommende Anschauung des Lebens der Welt als in entgegengesetzten Bewegungen wechselnd und sich wieder erzeugend. Merkwürdig ist es übrigens, und ein Rat der wohl hieher gehört, diesen Mythos mit dem im »Protagoras« zu vergleichen. Denn hoffentlich wird Jedem der dabei Achtung gibt auf die Art wie jener Mythos hier wieder mit aufgenommen wird, das dort über ihn gesagte sich aufs neue bestätigen. – Eben so hat die Idee des Maßes hier noch eine eigene wiewohl wenig angedeutete Beziehung auf die beiden Teile oder Gestalten der Tugend wie sie genannt werden, um jeden möglichen Mißverstand zu verhüten, daß sie nämlich nicht etwa nur im Vergleich mit einander groß und klein sind, so daß dieselbe Äußerung gegen die eine von zwei andern gehalten tapfer und gegen die andere gehalten ruhig wäre, oder gar im Vergleich mit der einen tapfer, im Vergleich mit der andern aber toll und wild, sondern daß sie nur eben dadurch Tugenden sind daß sie ihr Maß in sich selbst haben. Hiedurch schließt sich die hier aufgeregte Ansicht der Tugend der im »Sophisten« gegebenen unmittelbar an, indem so die beiden Arten der Schlechtigkeit, die Unverhältnismäßigkeit und die Krankheit, in ihrer Verbindung gezeigt werden, und das hier beständig vom Staatsmann gebrauchte Gleichnis seine rechte Bedeutung erhält, weil nun der Staatsmann der Arzt wird für die Krankheit der Seele im Großen, indem er ihre Mischung allmählig verbessert und mit den richtigen Vorstellungen des Guten und Gerechten zugleich allen natürlichen Anlagen, welche dieser wesentlichen Einheit ermangelnd in Aufruhr gegen einander stehen müßten, ihr eigentümliches und wahres Maß einpflanzt. So daß nun hier durch völlige Mitaufnahme der richtigen Vorstellung in die Idee der Erkenntnis, aus welcher jene doch immer hervorgehn muß, jene erste Ansicht in einem höheren Sinne und über alle Einwendungen hinausgehoben wiederkehrt, daß alle Tugend Erkenntnis und alle Untugend Unkenntnis sei. – Endlich hat auch die letzte, den Hauptfaden des Gesprächs unterbrechende Erörterung über die verschiedenen Formen der Staatsverfassung, wie sie von den Hellenen waren aufgefaßt und ausgebildet worden, sehr sichtlich den Endzweck, im Zusammenhange mit großen Ansichten ganz unverhohlen seine Meinung zu eröffnen über die hellenischen Staaten und namentlich über seinen vaterländischen, und die höchst verkehrte Art, wie dort von den bloß rednerischen Volksführern der Einfluß der Erkennenden auf den Staat geschätzt und möglichst abgehalten wurde, um so zugleich rechtfertigend im gehörigen Lichte darzustellen was er selbst anderwärts als Staatsbildner und Fürstenlehrer auszurichten vergeblich bemüht gewesen war, und allen spottenden Tadlern zum Trotz herauszusagen, wie er ohnerachtet er nicht dazu gekommen sei zu regieren, sich selbst und jeden Wissenden dennoch für den wahren Staatsmann und König halte.
Dies führt uns natürlich darauf, auch noch diese Ähnlichkeit unseres Gespräches mit dem vorhergehenden zu beachten, daß ersteres ebenfalls als der Gipfel einer Platonischen Polemik anzusehen ist nämlich der gegen Volksführer, Rhetoren und Staatsklügler, und daß gegen sie, nach der gründlichen Behandlung die ihnen hier widerfährt, nichts neues mehr aufzubringen war, sondern hiemit der Streit mußte abgeschlossen sein. Wenn einmal eine Verkehrtheit so vollständig dargelegt ist: so können freilich einzelne Ausfälle noch immer durch besondere Veranlassungen herbeigerufen werden, wenn jemand der Meinung ist er dürfe nie eine Antwort schuldig bleiben; aber sie werden immer, wie stechend sie auch sein mögen, weniger sagen als das was schon gesagt ist, und daher nach einer solchen Auseinandersetzung wie diese, von einem besonnenen Schriftsteller wie Platon, nicht leicht mit solcher Freiheit und nicht abgedrungener Fülle vorgetragen werden, wie wir dergleichen in anderen Gesprächen gefunden haben, die sich auch dadurch als früher geschriebene bewähren. Hierüber ins Einzelne hineingehn hieße ein noch genaueres Gegenstück zu unserer Einleitung in das vorhergehende Gespräch schreiben, wie der »Staatsmann« selbst eines zum »Sophisten« ist. Nur wollen wir die Leser auffordern, in allen Gesprächen, vom »Protagoras« anfangend, denn mehr oder minder findet sich der Gegenstand fast in allen, zu bemerken, wie außerdem daß die Ansicht in allen dieselbige ist, auch selbst die Stärke und Tüchtigkeit der Polemik von der immer mehr sich gestaltenden Entwickelung der wissenschaftlichen Ideen abhängt und mit ihr gleichen Schritt hält, und wie auch hier die mimische und ironische Meisterschaft sich desto weniger hervordrängt sondern mit ihren Ansprüchen mehr zurücktritt, je bestimmter eine wissenschaftliche Darstellung sich vorbereitet. Diese Bemerkung wird ohnfehlbar zugleich unserer ganzen bisherigen Anordnung, wenn man von hieraus auf sie zurücksieht, zur Rechtfertigung gereichen. Denn zuerst ist sichtbar, daß der »Staatsmann« eben so bestimmt die andere Seite des »Euthydemos« ergreift und sich daran festhält wie der »Sophist« die erste ergriff, und daß hier eben so wie dort dasjenige nur kurz in Erinnerung gebracht wird was in jenem schon ausführlich genug behandelt war. Ja wenn man sich erinnert, wie ratlos dort Sokrates und Kleinias auseinander gingen, weil sie die königliche Kunst nicht im Stande gewesen waren zu finden: so muß man zugleich bemerken, wie der »Staatsmann« dasjenige voraussetzt was aus jener Ratlosigkeit die Leser sollten gelernt haben. Eben so deutlich ist ferner, daß unser Gespräch auch auf der im »Kratylos« und »Sophistes« aufgestellten Idee der Nachahmung und auf der vom »Theaitetos« an sich immer weiter entwickelnden der richtigen Vorstellung ruht; wie das im »Gorgias« von dem verkehrten Treiben der gemeinen Staatsklügelei gesagte, als weniger positiv und unmittelbar in sich begründet, dem im »Staatsmann« gesagten notwendig muß vorangegangen sein; endlich auch, daß der »Staatsmann« den »Protagoras« ohngefähr in demselbigen Grade wieder in sich aufnimmt, wie der »Sophistes« den »Parmenides«, und daß was dort über die gesamte Tugend und alle einzelnen, und im »Laches« und »Charmides« über die Tapferkeit und Besonnenheit, die hier als scheinbare Gegensätze wieder vorkommen, besonders gesagt ist, eben so gewiß ein früheres muß gewesen sein als das im »Gorgias«; ja daß alles bisherige im engsten Sinne ethische hier auf eine eigne Weise, und unter dem höchsten Haltungspunkt, den es für Hellenen gab, dem politischen nämlich zusammengefaßt, und so den künftigen Behandlungen aufbewahrt wird. Daher denn auch in sofern der »Staatsmann« mit dem »Sophistes« zusammen den Mittelpunkt der zweiten Periode Platonischer Werkbildung ausmacht, als darin auf der einen Seite was die Form betrifft das Verknüpfen alles elementarischen, versuchartigen, СКАЧАТЬ