Redeflüssigkeit und Dolmetschqualität. Sylvi Rennert
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СКАЧАТЬ Laver 1994: 536, Pompino-Marschall 1995: 174).

      Viele AutorInnen geben eine Mindestlänge für Pausen an, die allerdings stark variiert: Während Goldman-Eisler (1968: 12) 0,25 Sekunden als Minimalwert betrachtet um artikulationsbedingte Unterbrechungen (z.B. durch aufeinander treffende Verschlusslaute) auszuschließen, stellen Hieke et al. (1983) fest, dass viele Pausen im Bereich zwischen 0,13 und 0,25 Sekunden eine kognitive Funktion haben, weshalb sie eine Mindestlänge von knapp über 0,10 Sekunden vorschlagen. Eine eindeutige Untergrenze für Pausen ist auch deshalb schwer festzulegen, weil die Länge, ab der eine Pause wahrgenommen wird, stark von ihrer Position abhängig ist. Butcher (1981) stellt fest, dass Pausen an syntaktischen Positionen von den meisten ZuhörerInnen erst ab einer Länge von 220 ms wahrgenommen werden, an nichtsyntaktischen Positionen aber bereits ab rund einem Drittel dieses Wertes:

      … whereas breaks between tone groups are not heard by 75 % of listeners until they are approximately 220 ms long, breaks within tone groups are heard by the same proportion of listeners when only 80 ms long. (Butcher 1981: 205)

      Obwohl Unterbrechungen des Sprachsignals mit moderner Audiobearbeitungssoftware leichter identifiziert werden können, ist es nicht immer möglich, zwischen einer sehr kurzen Pause und einer kurzen physiologisch bedingten Unterbrechung des Sprachsignals zwischen zwei Lauten zu unterscheiden (Pradas Macías 2015: 166).

      Pausen können nach ihrer Funktion oder Position unterschieden werden, wobei diese beiden Faktoren häufig zusammenhängen. So trifft etwa Laver (1994: 537) die funktionelle Unterscheidung zwischen „hesitation pauses“ und „juncture pauses“ danach, ob sie innerhalb oder zwischen Intonationseinheiten liegen. Eine ähnliche, auf der Position basierende Einteilung sind die „tentative and final pauses“ (Pike 1967: 31), also Pausen innerhalb oder am Ende von grammatikalischen Einheiten. Ihrer Funktion nach können Pausen physiologisch, kognitiv oder semantisch bzw. grammatikalisch bedingt sein. So fallen etwa Atempausen und Artikulationspausen in die Kategorie der physiologischen Pausen, während kognitiv bedingte Pausen vornehmlich der Sprachplanung dienen (Goldman-Eisler (1968: 12) bezeichnet diese als „hesitation pauses“). Pausen semantischer bzw. grammatikalischer Natur treten beispielsweise auf, wenn sie der Abgrenzung einzelner Redeteile voneinander bzw. der Strukturierung der Rede dienen (vgl. Butcher 1981: 209f., Goldman-Eisler 1968). Sowohl in spontaner als auch in gelesener Sprache stehen Atempausen häufig in syntaktischen Positionen (vgl. Ahrens 2004: 186–187, Butcher 1981: 112, Chambers 1997: 539, Schmitz 2008: 19), da in der normalen Sprechplanung physiologische und kognitive Prozesse aufeinander abgestimmt werden können. Da beim Dolmetschen aufgrund der Abhängigkeit von der ProduzentIn des Ausgangstextes (AT) die Planung nicht immer autonom möglich ist, ist dies laut Ahrens (2004: 187) eine mögliche Erklärung für die manchmal nicht-syntaktische Positionierung von Pausen im ZT.

      Die Position entscheidet nicht nur darüber, ab welcher Länge eine Pause als solche wahrgenommen wird, sondern auch darüber, ob sie für die Verarbeitung durch die ZuhörerInnen hilfreich oder störend ist. Pausen können eine kommunikative Wirkung haben, etwa wenn sie die Aufmerksamkeit auf das nachfolgende Wort lenken (vgl. Lindner 1969: 211), und auch rhetorisch wirkungsvoll eingesetzt werden. Pausen zwischen Intonations- bzw. Informationseinheiten grenzen diese voneinander ab und erfüllen somit eine wichtige Funktion bei der Segmentierung des Sprechflusses (vgl. Ahrens 2004: 104f., Goldman-Eisler 1968: 13). Ahrens (2004) unterscheidet daher auch sinnunterstützende und störende Pausen nach ihrer Position:

      Sinnunterstützend sind Pausen, die zum Beispiel am Ende von Phrasen oder Sätzen auftreten. Pausen, die innerhalb einer grammatischen Struktur gemacht werden, in der üblicherweise keine Pausen vorkommen, können dagegen den Verstehensprozess der Zuhörer eher behindern. (Ahrens 2004: 159f.)

      Auch Chambers (1997) weist auf die Bedeutung der Pausenpositionierung hin und stellt fest, dass Pausen zwischen Satzteilen oder nach semantischen Einheiten als natürliche Atempausen akzeptiert werden, während Pausen an anderen Stellen als Zögern interpretiert werden:

      Although listeners accept pauses in their native language, not all pauses are acceptable, hence the differentiation between ‘natural’ and ‘unnatural pauses’. Natural pauses, allowing breathing space, usually occur at some clause junctures or after groups of words forming a semantic unit. Pauses appearing at places other than these are judged as hesitations, revealing either lexical or morphological uncertainty. (Chambers 1997: 539)

      Das Vorhandensein von Pausen allein verringert die Flüssigkeit also nicht; vielmehr ist es die Position, die darüber bestimmt, ob eine Pause als störend und die Flüssigkeit behindernd oder als unterstützend empfunden wird.

      2.2.2.2 Unflüssigkeiten

      Als Unflüssigkeiten können alle Arten von Phänomenen bezeichnet werden, die den Redefluss unterbrechen (vgl. Fox Tree 2003: 983). Während manche AutorInnen auch ungefüllte Pausen zur Kategorie der Unflüssigkeiten zählen, erscheint diese Einteilung für die Zwecke der vorliegenden Arbeit nicht konsequent, da ungefüllte Pausen, wie in Abschnitt 2.2.2.1 beschrieben, verschiedene Funktionen erfüllen können und daher nicht immer als Unflüssigkeit empfunden bzw. bisweilen überhaupt nicht wahrgenommen werden. Gefüllte Pausen hingegen fallen klar in die Kategorie der Unflüssigkeiten, da sie immer eine Unterbrechung des Redeflusses darstellen.

      Gefüllte Pausen sind meist mit Häsitationslauten („ääh“, „hmm“, „ähm“) oder in die Länge gezogenen Lauten gefüllt. Im Gegensatz zur im vorigen Abschnitt erwähnten präpausalen Längung, die als ungefüllte Pause wahrgenommen wird, sind diese Dehnungen als Unflüssigkeiten wahrnehmbar. Diese Phänomene sind typisch für spontane Rede und treten in vorgelesenen Texten kaum auf (vgl. Henderson et al. 1966), da sie ein Anzeichen für spontane Sprachplanungsprozesse sind und meist eingesetzt werden, um Zeit für die Planung der Rede zu gewinnen (vgl. Arnold & Tanenhaus 2011; Clark & Wasow 1998; Hieke 1981). Es gibt Hinweise darauf, dass ZuhörerInnen nach Unflüssigkeiten eher einen neuen oder schwierigen Begriff erwarten als einen bereits genannten, was darauf hindeuten würde, dass wir auch beim Zuhören diese Planungsfunktion zumindest unbewusst erkennen (Arnold & Tanenhaus 2011; Brennan & Schober 2001).

      Ebenfalls zu den Unflüssigkeiten gehören verschiedene Arten von Unterbrechungen. Dazu zählen Wiederholungen, Fehlstarts und Selbstkorrekturen. Zu den ersten gehört das Wiederholen von Wörtern, Silben oder Satzteilen, soweit dies keine rhetorische Funktion erfüllt (Tissi 2000: 114). Fehlstarts entstehen, wenn ein Satz abgebrochen und stattdessen ein neuer angefangen wird, ohne den vorherigen zu korrigieren. Zu den Selbstkorrekturen zählt sowohl die Korrektur von Versprechern als auch von grammatikalischen, strukturellen, inhaltlichen oder stilistischen Fehlern. Manche Planänderungen, bei denen innerhalb eines Satzes die Struktur geändert wird, können ebenfalls zu den Selbstkorrekturen gezählt werden (vgl. Pöchhacker 1994a: 135f., Tissi 2000: 114). Im Gegensatz zu Häsitationslauten und Lautdehnungen dienen diese Arten von Unflüssigkeiten meist nicht der Verzögerung und Sprachplanung, sondern der Korrektur von Fehlern (Selbstkorrekturen) bzw. sind das Ergebnis bewusster oder unbeabsichtigter Planänderungen oder Versprecher (Fehlstarts). Wortwiederholungen können zwei verschiedene Funktionen erfüllen: Sie können einerseits der Verzögerung und damit der Sprachplanung dienen, andererseits kann die Wiederholung des letzten vor einer Pause geäußerten Wortes der Anknüpfung an das zuvor Gesagte dienen. (vgl. Hieke 1981: 152ff.)

      2.2.2.3 Sprechgeschwindigkeit

      Auch bei der Sprechgeschwindigkeit herrscht keine Einigkeit darüber, wie sie zu messen sei. Sie wird häufig in Silben pro Zeiteinheit gemessen (vgl. Goldman-Eisler 1958: 61, Möhle 1984: 27), was gegenüber der Messung in Wörtern pro Zeiteinheit vor allem bei sprachübergreifenden Untersuchungen den Vorteil hat, dass es den Vergleich verschiedener Sprachen unter Berücksichtigung ihrer strukturellen und morphosyntaktischen Unterschiede ermöglicht und somit eine objektivere Messgröße darstellt (vgl. Ahrens 2004: 141, Pöchhacker 1994a: СКАЧАТЬ